Flurfunk (German Edition)
Erklärung.
Mimi schüttelte den Kopf.
»Nee, glaub mir, der ist an ’nem Punkt, wo es nach seiner Nase geht – und wenn er den Song nicht spielen wollte, würde keiner was sagen.«
»Auf der anderen Seite ist es einer seiner größten Erfolge, glaubst du, es wäre nicht komisch, wenn es fehlte?«
Es war komplett absurd, mit Mimi über Will Taite wie über einen gemeinsamen Freund zu sprechen. Absurd deshalb, weil ich, obwohl ich ihn nicht kannte, doch so vieles wusste und Mimi nichts erklären musste.
Für sie war mein Boulevardwissen Realität.
»Willst du lieber gehen?«
Mimi nickte.
»Ich glaub, ist besser. Außerdem seh ich total verheult aus!«
»Glaub mir, du siehst selbst verheult so aus, dass jedes Model sofort ihren Job an den Nagel hängen würde!«
Wir gingen Richtung Ausgang. Tim würde unseren Part Verzückung bestens übernehmen, da machte ich mir keine Sorgen. Ich schickte ihm eine sms, damit er, wenn er aus dem Konzert kam, nicht beunruhigt war.
Lena war erstaunt, uns zu sehen.
»Ist das Konzert ins Wasser gefallen, oder warum seid ihr schon hier?«
»Das ist eine längere Geschichte. Ich mach uns ’nen Tee.«
Mimi und Lena gingen ins Wohnzimmer und machten es sich auf der Couch vor dem prasselnden Kamin bequem.
Mit halbem Ohr hörte ich, wie Mimi Lena einweihte.
Lenas Reaktion war nicht zu überhören.
Mit den dampfenden Tassen setzte ich mich dazu, Mimi hatte immer noch verheulte Augen und eine rote Nase, machte insgesamt aber einen viel gefassteren Eindruck, sie konnte sogar über Lenas und meine aufheiternden Kommentare lachen.
»Sag mal, was mich wundert, ist, dass niemand etwas mitbekommen hat. Kein Foto, nicht mal von einem Paparazzo, kein Gerücht. Als treue Yellow-Press-Leserin habe ich das für unmöglich gehalten.« Denn wenn schon Justus überall erkannt und aufgelauert wurde, wie musste das erst bei Will Taite sein!
Mimi nickte.
»Das ist auch nicht einfach, aber ich kann dir sagen, wenn man diskret sein will, geht das, zumal ich ja für ihn gearbeitet habe und es somit nicht groß auffiel, wenn ich mit auf Tour war. Sein engstes Umfeld, also Manager, Bodyguard, das Label wissen Bescheid, werden sich aber hüten, auch nur ein Wort oder einen blöden Kommentar abzulassen, Will ist ja ihr Geldgeber. Die organisieren sogar die Treffen und achten darauf, dass seine Frau nichts mitbekommt. Wenn ihr wüsstet, wie viele Stars, die Betroffenheitsmusik machen und als super verliebte Familienmänner gelten, Techtelmechtel mit ihren Promoterinnen haben oder Mädels auf Tour abschleppen, wobei junge Frauen aus dem Business bevorzugt werden, die wissen, was gespielt wird. Die Gefahr ist geringer, dass sich mal eine an die Presse verirrt.«
»Apropos Frau. Ist es dir egal, dass er verheiratet ist?« Lena sprach aus, was ich dachte. Mimi war garantiert nicht der Typ Geliebte, aber wer war das schon?
»Machst du Witze? Natürlich nicht! Das ist doch das Schlimmste daran! Wenn du wüsstest, wie ich mich am Anfang dagegen gewehrt habe. Aber mich hatte es total erwischt, ihn angeblich auch, zumindest ging alles von ihm aus. Eines Abends auf Tour hatte sich die Spannung zwischen uns so aufgeladen, dass ich nicht mehr anders konnte.«
»Und seither seid ihr zusammen?« Lena hatte die Inquisition übernommen.
Mimi schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich versuchte mir einzureden, diese Nacht sei nötig gewesen, um die Spannung rauszunehmen, und hoffte, damit sei seine Neugierde befriedigt und wir könnten wieder back to normal . Leider machte es aber alles schlimmer, denn ich bekam ihn nicht aus dem Kopf, und er mich schon gar nicht. Er fing regelrecht an, mich zu belagern. Natürlich stellte ich alle unbequemen Fragen – ›Was ist mit deiner Frau und mit den Kindern, was ist mit dem Altersunterschied?‹ Aber geholfen hat es nicht.«
»Aber was hat er dazu gesagt?« Lena war in ihrem Element.
»Alles, was ich hören wollte. Er würde seine Familie verlassen, der Altersunterschied spiele keine Rolle, mit seinem Lebenswandel fühle er sich eher auf einem Level mit der Jugend denn mit Gleichaltrigen.«
Spätestens bei diesem Bonmot wären bei mir sämtliche Alarmglocken angegangen. Hatte was von antiautoritären »Ich-bin-euer-Kumpel«-Lehrern, die, wenn’s ans Eingemachte ging, spießiger und härter waren als jeder Hardliner.
»Und warum ist er dann heute noch mit seiner Frau zusammen?«, wagte ich einzuwerfen.
Mimi seufzte.
»Weil ich gar nicht wollte, dass er sich trennt. Ich
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