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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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werden, oder ob man glaubt, dass der Staat zerfallen wird. Damals habe ich alle diese Bücher und Broschüren in die hintersten Winkel meiner Wohnung verräumt und wollte keinen Gedanken mehr daran verschwenden, die Wurzeln des Elends auf dieser Welt zu ergründen. Ich habe endlich mein Studium abgeschlossen und in meiner freien Zeit habe ich zaubern gelernt. Und dann habe ich mich auf die Flusskrebse gestürzt. Aber in meinem Kopf ist die ganze Zeit einer gesessen, der Material für neue Theorien gesammelt hat.“
    „Und jetzt wirst du ganz neue, nie dagewesene Dogmen aufstellen“, sagte sie grinsend.
    Er seufzte und hob die Schultern. „Ja, die Gefahr besteht immer.“
    *
    Als Mautner Montag Nachmittag von der Arbeit kam, läutete es kurz darauf an seiner Wohnungstür. Frau Saberi stand da, vom Treppensteigen etwas außer Atem.
    „Entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe. Ich brauche nur eine Auskunft.“
    „Aber kommen Sie doch herein, Madame!“
    „Nein, nein, das kommt nicht in Frage. Ich wollte nur etwas wissen. Wo ist dieses Krankenhaus, wo man auch behandelt wird, wenn man kein Geld und keine Versicherung hat?“
    „Haben Sie ein Problem? Sind Sie krank?“
    „Nein, nein, nicht ich. Ich war eimal dort, als ich Zahnschmerzen hatte, unsere Instruktorin vom Deutschkurs hat mich hingebracht. Aber ich weiß den Namen nicht mehr. Ich glaube, es ist eine religiöse Stiftung?“
    „Ah, Sie meinen vermutlich das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Im 2. Bezirk?“
    „Das ist möglich, ja. Und können Sie mir sagen, wie man da hinkommt?“
    „Aber was ist los, wer ist denn krank?“
    „Nein, nein, sagen Sie mir nur, wie man da hinkommt!“
    „Unsinn, ich bringe Sie mit dem Auto hin!“
    „Es geht nicht um mich. Patrice wollte nicht, dass ich irgend etwas unternehme, er hat Angst vor der Polizei. Aber ich weiß doch, dass in diesem Krankenhaus keine Fragen gestellt werden.“
    „Was ist mit Patrice?“
    „Wie es scheint, ist er in eine Schlägerei geraten. Er hat eine große Wunde auf der Stirn und sein Auge ist geschwollen. Aber er will nicht darüber reden.“
    Mautner zog seine Jacke an, nahm die Autoschlüssel vom Schlüsselbrettchen und ging mit Frau Saberi hinunter in den zweiten Stock.
    „Was ist los mit Ihnen, Patrice? Nein, ich will nicht wissen, wie das passiert ist, ich will nur wissen, wie es Ihnen geht.“
    „Danke, es geht schon.“ Auf Patrices Stirne war eine große schwarze Blutkruste, aus der noch immer ein kleines rotes Rinnsal sickerte, und sein rechtes Auge war zugeschwollen. Er lag auf seinem Schlafsack, mit einem zusammengerollten Pullover unter dem Kopf.
    „Ich bringe Sie ins Krankenhaus. Das ist kein Spaß! Haben Sie sonst noch Schmerzen?“
    „Überall!“ Patrice richtete sich stöhnend ein wenig auf und griff sich an die Seite.
    „Hat man Sie zusammengeschlagen? Hat man Sie in die Rippen getreten oder in den Bauch oder in die Nieren? Kommen Sie, das muss angeschaut werden.“
    Patrice schüttelte den Kopf.
    Juvénal, der neben ihm hockte, stimmte Mautner zu. „Lass den Unsinn! Frau Saberi sagt doch, dass in dem Spital keine Fragen gestellt werden.“ Dann redete er eindringlich auf Patrice ein in einer Sprache, die Mautner nicht verstand. Wahrscheinlich war es KinyaRwanda.
    Schließlich schien Patrice zuzustimmen. Juvénal half ihm auf.
    Auf seinen Freund gestützt tappte Patrice langsam die Treppe hinunter.
    Mautner lief voraus und holte seinen kleinen Wagen, der zwei Blocks weiter geparkt war.
    „Ich überlege schon lange, auf Car-Sharing umzusteigen“, plauderte er, als sie unterwegs waren. „Aber dann hat man in solchen Fällen doch wieder kein Auto zur Verfügung, wenn man es schnell braucht. Na ja, man könnte ein Taxi nehmen. Angeblich steigt man finanziell immer noch besser aus als wenn man ein eigenes Auto hält. Mein Auto steht of zwei Wochen lang still, und wenn ich es brauche, weiß ich gar nicht mehr, wo ich es abgestellt habe.“
    Sein Geplapper schien die Stimmung nicht sonderlich zu lockern und Mautner verstummte. Er schaute in den Rückspiegel. Patrice hatte die Augen geschlossen und schien fiebrig zu zittern. Juvénal schaute bedrückt und verängstigt aus.
    In der Notaufnahme war nicht viel los. Patrice wurde gleich einmal auf eine Bahre gelegt und nach zehn Minuten wurde er zur Untersuchung geholt.
    „Waren Sie dabei, als das passiert ist?“ fragte Mautner Juvénal.
    Der schüttelte den Kopf. „Nein.Wir waren an zwei verschiedenen Stationen

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