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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ville und Naubach behauptet hatten, und wenn Benedikts »Freunde« wirklich so gefährlich waren, wie es den Anschein hatte, dann hatten sie vermutlich Recht und Uschi war in Gefahr. Aber möglicherweise war der beste Schutz, den sie ihr bieten konnte, der, gar nichts zu tun. Wenn Uschi nicht gefunden werden wollte, dann wurde sie auch nicht gefunden.
    Verdammt, sie wusste einfach nicht, wie sie sich entscheiden sollte. Sie sagte nichts mehr, sondern drehte sich stattdessen herum und ging ein paar Schritte weiter in den Korridor zurück.
    Sie fand das Bett, von dem Benedikt gesprochen hatte, schon hinter der ersten Tür, die sie öffnete. Die Kammer war winzig, hatte kein Fenster und war ansonsten vollkommen leer, aber die Neonröhre unter der Decke nahm gehorsam ihren Betrieb auf, nachdem sie den Schalter gefunden hatte. Benedikt hatte keineswegs übertrieben. Die schmale Pritsche sah ungefähr so bequem aus wie das Nagelbett eines Fakirs und starrte vor Schmutz. Nachdem sie sich ungefähr fünf Minuten lang die Seele aus dem Leib gehustet hatte, kapitulierte sie und entfernte zuerst den schmuddeligen Schlafsack und dann auch noch die kaum daumendicke Schaumstoffmatratze, um sich auf der bloßen Unterlage aus grobem Segeltuch auszustrecken – und schlief wie durch ein Wunder auf der Stelle ein.

Kapitel 8
    Es war kein besonders erholsamer Schlaf gewesen. Sie erwachte mit leichten Kopfschmerzen – nicht schlimm, aber von der Art, die penetrant irgendwie immer da ist und einem fast mehr zu schaffen machen kann als wirklicher Schmerz – und mit der verschwommenen Erinnerung an einen kruden Albtraum (von dem sie eigentlich ganz froh war, sich nicht genauer daran zu erinnern) und einem Geschmack im Mund, als hätte sie auf der vermoderten Matratze herumgekaut, die jetzt auf dem Boden neben der Pritsche lag. Ein gedämpftes, nicht ganz regelmäßiges Hämmern drang durch die dünne Sperrholzwand und sie hatte nicht nur einen schlechten Geschmack im Mund, sondern auch entsetzlichen Durst. Dennoch fühlte sie sich auf eine seltsame, nicht körperliche Art erfrischt. Es war wohl tatsächlich so, wie Benedikt behauptet hatte: Eine Stunde Schlaf wirkte manchmal Wunder.
    Sie setzte sich hoch, blinzelte müde auf die Armbanduhr und hatte im ersten Moment arge Probleme, die Stellung der winzigen Zeiger richtig zu interpretieren. Als es ihr gelungen war, runzelte sie die Stirn. Ihre innere Uhr schien gehörig durcheinander gekommen zu sein. Normalerweise konnte sie sich darauf verlassen, exakt nach einer Stunde aufzuwachen, wenn sie es sich vor dem Einschlafen nur fest genug vornahm; eine Fähigkeit, um die sie viele ihrer Freundinnen heimlich oder auch ganz offen beneidet hatten. Heute hatte es nicht funktioniert. Ihre Armbanduhr behauptete, dass mehr als anderthalb Stunden vergangen waren, und sie hatte keinen Grund, an dieser Behauptung zu zweifeln. Aber wahrscheinlich war es schon ein kleines Wunder, dass sie überhaupt von selbst aufgewacht und nicht gleich in einen todesähnlichen Schlaf versunken war, der bis zum nächsten Frühjahr dauerte.
    Das Hämmern, das sie vermutlich auch geweckt hatte, hörte für einen Moment auf und setzte dann, schneller und mit etwas größerer Lautstärke, wieder ein, und sie glaubte eine Stimme zu hören, die gedämpft und in einer fremden Sprache vor sich hin fluchte. Benedikt schien mit seiner Reparatur wohl doch nicht so gut voranzukommen, wie er geglaubt hatte.
    Rachel lächelte zwar flüchtig über diesen Gedanken, machte sich aber auch gleichzeitig wieder Sorgen. Wenn sie jetzt seit insgesamt anderthalb Stunden hier waren, bedeutete das nichts weniger, als dass die Frist, die sie selbst bei optimistischer Betrachtung der Fakten hatten, nahezu abgelaufen war. Sie stand auf, fuhr sich noch einmal mit dem Handrücken über die Augen, blinzelte den letzten Rest von Müdigkeit weg und versuchte dann den schlechten Geschmack herunterzuschlucken, der sich in ihrer Kehle eingenistet hatte. Damit machte sie es allerdings eher schlimmer. Rachel verzog angeekelt das Gesicht, verließ den winzigen Raum und wandte sich nach rechts. Der blaue Ford stand immer noch mit hochgeklappter Motorhaube da; ein dickes Kabel ringelte sich von der Batterie zu einer wuchtigen, sehr altmodisch aussehenden Apparatur an der Wand, bei der es sich vermutlich um ein antiquiertes Ladegerät handelte. Benedikt selbst war nur von den Hüften abwärts zu sehen; sein Unterleib und seine Beine schauten unter dem Heck des

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