Flut: Roman (German Edition)
war.
»Was ist da los?«, murmelte sie.
»Keine Ahnung«, antwortete Benedikt. Eine glatte Lüge. »Such einen anderen Sender. Wer weiß, wie lange der Empfang noch gut genug ist.«
Er liebte es wirklich, den Geheimnisvollen zu spielen. Rachel schenkte ihm einen weiteren ärgerlichen Blick, drehte aber trotzdem behutsam an der Sendereinstellung. Die Nachrichtensprecherin verschwand und machte statischem Knistern und weißem Rauschen Platz.
»Da vorne ist ein Parkplatz.« Benedikt machte eine entsprechende Kopfbewegung. »Ich halte an.«
Während er den verlassenen Parkplatz ansteuerte und den Vierzigtonner ausrollen ließ, drehte Rachel mit spitzen Fingern weiter an dem geriffelten Stellrad. In das weiße Flimmern auf dem postkartengroßen Monitor mischten sich geisterhafte Schemen und Umrisse, die ebenso schnell verschwanden, wie sie sich materialisiert hatten, aber immerhin konnte sie jetzt eine verzerrte Stimme hören. Sie verstand nicht genau, was sie sagte, aber die wenigen Wort- und Satzfetzen – zusammen mit dem, was ihre allmählich außer Kontrolle geratene Fantasie dazu erfand – reichten aus, aus ihrer Beunruhigung etwas zu machen, von dem sie lieber nicht genau wissen wollte, was es war. Irgendetwas ging vor. Etwas Schreckliches.
Der Wagen hielt an. Die Luftdruckkammern entluden sich mit einem Zischen, das an das Geräusch einer angreifenden Riesenschlange erinnerte, und das Bild auf dem Monitor wurde klarer; alles andere als brillant, mit flackernden doppelten Konturen und nur aus ineinander fließenden Grautönen unterschiedlicher, aber ausnahmslos düsterer Schattierung zusammengesetzt, aber trotzdem erkennbar. Gleichzeitig wurde die Stimme deutlicher.
»... bereits gesagt, erwarten wir jeden Moment die ersten Bilder aus Nevada. Die telefonische Verbindung mit unserem Korrespondenten vor Ort ist immer noch unterbrochen und wir befürchten beinahe, dass auch er Opfer der Katastrophe geworden ist, die den Westen der USA getroffen hat. Wie wir –«
Die Nachrichtensprecherin unterbrach sich. Auf ihrem Gesicht erschien ein Ausdruck angespannter Konzentration und sie hob die linke Hand und drückte mit dem Ringfinger auf ihr Ohr, in dem sie vermutlich einen winzigen Ohrhörer trug. Sie war ein wenig jünger als ihre belgische Kollegin, eindeutig modischer gekleidet und unvergleichlich besser frisiert, aber der Ausdruck auf ihrem Gesicht war mindestens ebenso besorgt; und es war etwas in ihren Augen, das Rachel fast mit Panik erfüllte.
»Was geht da vor? Benedikt!«
Sie hatte fast geschrien, aber Benedikt ignorierte sie weiter. Da sie spürte, dass er vermutlich nicht einmal dann antworten würde, wenn sie ihm mit einer glühenden Zange die Fingernägel herausreißen würde, konzentrierte sie sich wieder auf das unscharfe Bild und versuchte zu erkennen, was auf der Monitorwand hinter der Nachrichtensprecherin zu sehen war. Das Bild war so unscharf, dass sie die Umrisse der USA nur erriet – und sogar das wahrscheinlich nur, weil sie es aus den Worten der Nachrichtensprecherin geschlossen hatte.
»Ja, ich höre gerade, dass die Verbindung wieder steht«, sagte die Sprecherin erleichtert. »Und gerade jetzt kommen auch die ersten Satellitenbilder herein. Wir schalten jetzt direkt zu unserem Korrespondenten, der live aus einem Helikopter über dem berichtet, was vor einer Stunde noch die Millionenstadt Las Vegas war.«
Rachel fand nicht einmal Zeit, über diese Worte zu erschrecken. Das Bild wechselte und zeigte jetzt nicht mehr das Studio, sondern ein Durcheinander aus flackerndem Licht und Schatten, das sich im ersten Moment weigerte, irgendeinen Sinn zu ergeben. Der Empfang auf dem winzigen Portable war ohnehin miserabel und die schlechte Qualität der Live-Übertragung machte es auch nicht unbedingt besser. Die Stimme des Korrespondenten klang schrill und verzerrt, aber sie konnte nicht sagen, ob das an der schlechten Qualität der Übertragung lag oder ob das Entsetzen ihm die Kehle zuschnürte.
»Es ist eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes! Was Sie hier sehen, meine Damen und Herren, sind die ersten Bilder dessen, was noch vor einer Stunde eine Stadt mit Millionen ahnungsloser, glücklicher Menschen gewesen ist. Mir fehlen die Worte, um das Ausmaß der Vernichtung zu beschreiben, der Las Vegas anheim gefallen ist, und ich wage auch nicht, die Anzahl der Todesopfer zu schätzen, die das himmlische Geschoss gefordert hat. Noch vor …«
Das Bild flackerte und verschwand für einen
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