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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass wir uns zumindest in dieser Hinsicht keine übermäßigen Sorgen machen sollten.«
    »Norad?«, murmelte Rachel. »DEFCON2? Das bedeutet …«
    »Alarmstufe eins«, sagte Benedikt düster. »Der rote Knopf ist bereits entsichert.«
    »Ein … ein Atomkrieg? Aber das … das kann doch nicht sein.«
    »Armageddon«, sagte Benedikt leise. »Der Tag vor dem Jüngsten Gericht. Wer weiß?«
    »Aber das kann nicht sein«, wiederholte Rachel stur, fast als glaube sie selbst daran, dass sie ihre Worte nur oft genug herunterbeten musste wie ein Mantra, um sie zur Wahrheit zu machen.
    »Und das wird es auch nicht«, sagte Benedikt. »Wenn es uns gelingt, deine Freundin zu finden und in Sicherheit zu bringen, bevor Darkovs Männer sie schnappen. Und uns.«
    Rachel schaltete den Fernseher ab. Sie hatte genug gesehen. Mehr als genug. Ihre Hände zitterten und in ihrem Mund war ein bitterer, kalter Geschmack.«
    »Also?«, fragte Benedikt.
    »Rom«, sagte Rachel leise. »Wir müssen nach Rom.«

Kapitel 10
    Es war ihr hinterher unmöglich zu sagen, wie lange sie noch gebraucht hatten, um den Flughafen zu erreichen, was sich in dieser Zeit zugetragen hatte, ob und, wenn überhaupt, worüber sie in dieser Zeit geredet hatten; sie wusste nicht einmal mehr, was sie gedacht hatte. Als der Truck schließlich am Rand des am weitesten vom Terminal entfernten Parkplatzes anhielt und Benedikt mit einer demonstrativen Bewegung den Zündschlüssel abzog, da war es, als erwache sie aus einem Traum, an den sie sich zwar nicht erinnern konnte, von dem sie aber dennoch wusste, dass er von der schlimmsten aller nur vorstellbaren Arten gewesen war. In ihrem Kopf war nicht die Erinnerung an Gedanken, nicht einmal an Bilder oder Gefühle, sondern an etwas Anderes, Düsteres, wofür sie keine Worte fand; vielleicht ein Vorgeschmack auf das, was nach dem vermeintlichen Ende kam – falls man vorher unartig gewesen war und nun die Rolltreppe in die falsche Richtung nehmen musste.
    Aber möglicherweise war der Unterschied ja gar nicht so groß. Mit dem monotonen Brummen des schweren Dieselmotors war auch die Hintergrundmusik zu dem internen Drama verstummt, das sich zwischen ihren Schläfen abspielte, und so glitt sie langsam zurück in die Wirklichkeit; eine Realität, deren Bildersprache wenig mit Dantes »Inferno« gemein hatte, sich ihm aber trotzdem immer mehr anzunähern schien. Es war heller geworden und der Regen hatte weiter abgenommen und war jetzt kein Wolkenbruch mehr, sondern nur noch ein ganz normales, nicht einmal besonders heftiges Nieseln, aber die alten Bilder stimmten nicht mehr. Licht bedeutete nicht mehr Hoffnung und Dunkelheit nicht zwangsläufig Gefahr. Hinter der allmählich auseinander treibenden Wolkendecke kam kein blauer Himmel zum Vorschein, sondern etwas, das wie eine zerschrammte Eisenplatte aussah, deren ungeheuerliches Gewicht sich langsam, aber mit schrecklicher Unaufhaltsamkeit auf die Erde herabsenkte, bis schließlich alles Leben unter ihr zerquetscht werden musste. Immer wieder blitzte es inmitten dieser rotbraunen Einöde auf, manchmal Stecknadelköpfe aus gleißend hellem Licht, manchmal aber auch gewaltige Explosionen aus orangefarbenen und grünblauen Flammen, die sich brodelnd über einen großen Bereich des Firmamentes ausbreiteten und gierige Feuerarme nach der Erde ausstreckten, ehe sie sich widerwillig zurückzogen und noch widerwilliger erloschen. Die Lichter am Himmel hatten begonnen, als das Wetterphänomen anfing, und am Anfang waren sie nicht mehr als ein kosmisches Feuerwerk gewesen, bunte Lichter, die niemandem Angst machten, sondern die Menschen eher über den drei Wochen andauernden Regentag hinwegtrösteten, indem sie den Himmel illuminierten. Jetzt aber machten sie Rachel Angst, und das zu Recht: aus dem himmlischen Feuerwerk war ein kosmisches Bombardement geworden. Die Aliens waren keine putzigen kleinen Kerlchen mehr, die Wunderkerzen anzündeten, sondern langzahnige Monster, die mit Nuklearwaffen kamen, und der Schutzschirm der Erde begann unter dem Trommelfeuer zu wanken.
    Wahrscheinlich würde es so sein, dachte sie, falls das Armageddon wirklich kam und alles zu Ende ging. Dante hatte sich geirrt. Die Hölle war kein Jammertal aus Feuer und Schwefelgestank, in dem die Schreie gepeinigter Seelen widerhallten, sondern eine endlose graue Ödnis, in der nicht einmal mehr Raum für Dunkelheit war. Nach der ersten Million Jahre unter diesem grauen Himmel würden die Seelen der Verdammten

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