Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
können wir das vielleicht zu unseren Gunsten nutzen. Warum binden wir es nicht an einen Stock und lassen es den Fluss hinuntertreiben?«
    »Oder schmuggeln es irgendeinem ahnungslosen Fahrgast in die Tasche, damit er an unserer Stelle erschossen wird?« Benedikt schüttelte den Kopf. »So etwas funktioniert nur im Film.«
    Damit ließ er den Messergriff wuchtig auf den Peilsender herabsausen. Das winzige Gerät zerbarst in noch winzigere Splitter und Benedikt ließ die Messerklinge mit einem grimmigen Lächeln wieder im Griff verschwinden und steckte die Waffe ein.
    »Jetzt wird es allmählich Zeit, dass du mir verrätst, wohin wir eigentlich unterwegs sind«, sagte er. »Ich meine es ernst, Rachel. Es könnte lebenswichtig sein. Ich bin der bessere Pfadfinder, glaube mir.«
    Rachel resignierte. Sie hatte immer noch das Gefühl, einen Fehler zu machen – aber er hatte Recht, ganz egal, von welcher Seite man es betrachtete.
    »Sie wohnt nicht in einer Stadt«, sagte sie schweren Herzens. »Es ist eine kleine Berghütte, zwei Stunden zu Fuß von Norcia entfernt.«
    »Und mit dem Wagen?«
    »Kein Wagen«, antwortete Rachel. »Es gibt keine Straße. Das heißt: Es gibt eine, aber die ist schon bei normalem Wetter miserabel. Im Moment ist sie garantiert unpassierbar. Als ich das letzte Mal hier war, war sie es jedenfalls.«
    »Vor zwei Tagen.« Benedikt angelte nach seiner Jacke und schlüpfte äußerst behutsam hinein. Trotzdem verzog er schmerzhaft das Gesicht, als der linke Arm an der Reihe war. »Das ist gut. Es bedeutet, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit noch da sein wird, wenn wir ankommen.«
    »Es bedeutet, dass sie mir mit größter Wahrscheinlichkeit den Kopf abreißen wird, wenn ich zusammen mit dir dort aufkreuze«, antwortete Rachel. »Vor allem, wenn sie erfährt, dass sie verschwinden muss. Sie hat drei Jahre gebraucht, um dieses Versteck zu finden.«
    »Zwei Stunden von Norcia entfernt«, wiederholte Benedikt nachdenklich. »Wahrscheinlich eher drei, bei dieser Witterung. Das wird knapp.«
    »Knapp – bis wann?«
    »Wir brauchen einen Wagen«, sagte Benedikt, scheinbar ohne ihre Frage auch nur zur Kenntnis zu nehmen. »Oder irgendein anderes Beförderungsmittel.«
    »Ein Hubschrauber wäre nicht schlecht«, sagte Rachel. »Aber unseren letzten hast du ja kaputt gemacht.«
    Benedikt grinste. »Wäre sowieso viel zu auffällig. Wenn deine Freundin wirklich so menschenscheu ist, wie du immer behauptest, würde sie wahrscheinlich sofort verschwinden, wenn sie uns kommen sieht.«
    »Sie ist nicht menschenscheu«, widersprach Rachel, heftiger, als es der Situation angemessen schien. Vielleicht war es ihr schlechtes Gewissen, das ihr das Gefühl vermittelte, Uschi so übermäßig verteidigen zu müssen.
    Benedikt war jedenfalls klug genug, die Warnzeichen zu erkennen und nicht weiter auf das Thema einzugehen. Er zog den Reißverschluss der schwarzen Lederjacke zu und drehte sich ein wenig zur Seite, damit er auf den liegen gebliebenen Zug hinuntersehen konnte.
    »Ich schätze, uns bleibt ungefähr eine Stunde«, begann er. »Bis dahin müssen wir einen Wagen aufgetrieben haben.«
    »Wieso eine Stunde?«
    »Wahrscheinlich eher weniger«, antwortete Benedikt. »Darkovs Männer werden es kaum riskieren, hier zuzuschlagen. Aber hier wird bald ein ganzer Konvoi von Bussen eintreffen. Irgendwie müssen sie die Leute jetzt weitertransportieren. In dem Durcheinander kann schon einmal jemand abhanden kommen. Oder zwei.«
    »Dann sollten wir bis dahin möglichst weit weg sein«, sagte Rachel.
    Benedikt stand mit einer kraftvollen Bewegung auf. »Stimmt.«

Kapitel 12
    Es war nicht so schlimm gewesen, wie Rachel erwartet hatte, aber immer noch schlimm genug. Sie hatten die Stelle, an der der Zug liegen geblieben war, in großem Bogen und im Schutz des Waldes umgangen und gute zwanzig Minuten später eine schmale Straße erreicht, bis auf die Haut durchnässt und vollkommen verdreckt – aber das war ein Zustand, an den sich Rachel mittlerweile schon so sehr gewöhnt hatte, dass sie ihn beinahe als normal empfand. Niemand war ihnen begegnet. Am Himmel waren keine Kampfhubschrauber aufgetaucht, um mit klingonischen Disruptoren das Feuer auf sie zu eröffnen, niemand hatte aus dem Gebüsch heraus auf sie geschossen, nicht einmal ein Teil des Mondes war ihnen auf den Kopf gefallen.
    Dafür verschlechterte sich Benedikts Zustand zusehends. Benedikt wäre nicht Benedikt gewesen, hätte er sich nicht alle Mühe gegeben,

Weitere Kostenlose Bücher