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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch viel zu spät. Der Wagen rumpelte über das aufgeweichte Gras (Rachel erschien es fast wie ein Wunder, dass die Räder unter seinem Gewicht nicht einfach im Boden einsanken), erreichte die Böschung und kippte jäh nach hinten. Der Boden des Fiat setzte mit einem dumpfen Knall auf, und wäre das Erdreich auch nur einen Deut fester gewesen, so hätte sich der Wagen vermutlich auf der Stelle festgefressen und wäre von keiner Macht der Welt mehr bewegt worden. So aber schnitten die rostigen Stahlträger durch Gras und Lehm, als wäre es nicht mehr als halb in der Sonne aufgeweichte Butter, der Wagen schlitterte weiter und kippte schließlich ganz nach hinten. Für einen Moment erhob sich sein Vorderteil in einem so grotesken Winkel in die Luft, dass Rachel felsenfest davon überzeugt war, er müsse immer weiter kippen und schließlich einen Salto rückwärts den Hang hinab machen, dann aber wurde aus dem begonnenen Looping ein rasches und immer schneller werdendes Abrutschen. Mit einem Geräusch, das zugleich dumpf und schwammig wie auch auf einer fast körperlich schmerzenden Frequenz metallisch und reißend war, schlug der Wagen auf dem schwammigen Boden am Waldrand auf, zitterte einen Augenblick in einer fast unmöglich erscheinenden Schräglage und kippte dann endgültig um, um wie ein übergroßer Käfer, der von einer bizarren Laune der Natur mit runden Gummifüßen ausgestattet worden war, auf dem Rücken liegen zu bleiben.
    »Besser, niemand findet den Wagen so schnell«, sagte Benedikt, vollkommen überflüssigerweise.
    Rachel musste widerwillig einräumen, dass er damit vermutlich sogar Recht hatte; der aufgegebene Wagen würde Aufsehen erregen, wenn es da wirklich jemanden gab, der nach ihnen Ausschau hielt, und die Böschung stellte gar kein so schlechtes Versteck dar. Das Wrack hatte das ohnehin spärliche Unterholz zwischen der Böschung und dem Waldrand vollkommen niedergewalzt und war auf den ersten Blick zu sehen – aber nur, wenn man wie sie unmittelbar über der Böschung stand und hinunterblickte. Für jemanden, der in einem Wagen die Straße entlang fuhr, musste er vollkommen unsichtbar bleiben.
    »Es war nicht nötig, ihn zu zerstören«, sagte sie – was zwar unsinnig war, ihr aber auch das (ebenso unsinnige) Gefühl gab, ihr schlechtes Gewissen ein wenig beruhigt zu haben.
    »Zerstören?« Benedikt schürzte auf eine Art abfällig die Lippen, die ihr nicht gefiel. »Ich habe eher das Gefühl, ich habe ihn entsorgt. Das Ding war doch nur noch ein Schrotthaufen.«
    »Für seine früheren Besitzer –«
    »Die brauchen ihn nicht mehr«, fiel ihr Benedikt ins Wort.
    »Wieso?«
    Benedikt zögerte nicht einmal einen Sekundenbruchteil zu antworten und er tat es auf eine so selbstverständliche und ruhige Art, dass es im Grunde nur die Wahrheit sein konnte: »Weil ich sie entschädigt habe«, sagte er. »Und zwar äußerst großzügig.«
    Rachel fragte ihn nicht, womit. Sie wusste, dass ihre ohnehin gestohlene Barschaft bedenklich zusammengeschrumpft war, aber selbst ein noch so kleiner verbleibender Rest hätte allemal gereicht, um den Wert dieses Wagens zu ersetzen. Benedikt hatte vollkommen Recht: Er hatte den ehemaligen Besitzern die Entsorgungskosten erspart und mit ein wenig Geschick würden sie sogar noch eine kleine Summe bei ihrer Versicherung herausschlagen. So oder so ein gutes Geschäft. Doch das war nicht der Grund, weshalb sie ihre Frage nicht stellte. Vielleicht hatte sie Angst, überhaupt eine Antwort zu bekommen, die glaubhaft klang. Es war, als gäbe es da etwas in ihr, das fast eifersüchtig darauf bedacht war, nichts zuzulassen, was irgendwie zu seinen Gunsten sprach. Ein Teil von ihr wollte Benedikt misstrauen.
    Sie drehte sich mit einem Ruck herum und zwang sich Benedikt ins Gesicht zu sehen. Er hielt ihrem Blick nicht nur ruhig und ohne die geringste Falschheit in den Augen stand (was hatte sie erwartet?), sondern sah sie darüber hinaus auf eine Art an, die ihr das unangenehme Gefühl gab, dass sein Blick ohne Mühe ihre allergeheimsten Gedanken erriet. Er wusste, dass sie ihm nicht hundertprozentig traute.
    »Was meinst du?«, fragte Benedikt. »Schaffen wir es bis zum Dunkelwerden bis Castellino?«
    Falls es überhaupt jemals wieder dunkel wird, dachte Rachel schaudernd, während sie den Kopf in den Nacken legte und in den wolkenverhangenen grauen Himmel hinaufsah. Der Regen klatschte ihr ins Gesicht wie eine nasse Hand, als hätte das Firmament ihr eine Ohrfeige

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