Flut: Roman (German Edition)
Kommen Sie jetzt. Wir haben wirklich nicht mehr viel Zeit.«
»Sie haben sogar noch weniger Zeit, als Sie ahnen«, sagte Darkov spöttisch. »Sie Dummkopf! Glauben Sie wirklich, Sie könnten die Zukunft aufhalten?«
De Ville machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten, sondern warf Rachel einen auffordernden Blick zu und machte zugleich eine leicht ungeduldige Handbewegung. Er hatte sich gut in der Gewalt, aber Rachel spürte, dass er sehr viel nervöser war, als er zugab.
»Also los!« Die Worte galten den Soldaten im Raum. »Die beiden fliegen mit uns im Hubschrauber. Die anderen bleiben hier, aber sorgt dafür, dass sie nicht weglaufen. Es wird eine Weile dauern, bis die Carabinieri hier sind.«
Während Benedikt und sein Vater von jeweils zwei Männern in die Mitte genommen und von einem Dritten mit vorgehaltener Waffe in Schach gehalten wurden, verließen Rachel und De Ville das Zimmer. Draußen waren mittlerweile weitere Männer in Kampfanzügen und mit Gewehren aufgetaucht, von denen einer in einen lautstarken und zumindest von der Gegenseite von heftigem Gestikulieren begleiteten Streit mit Uschi verwickelt war. Mehrere andere waren damit beschäftigt, Darkovs Piloten und den Farbigen mittels Klebeband und Handschellen auf zwei der schweren Bauernstühle zu fixieren. Die Tür stand offen, eisiger Wind und Regen fauchten herein, und sie sah ein flackerndes orangerotes Licht, das in regelmäßigem Takt draußen aufblitzte und wieder erlosch.
»Was ist los?« Rachel versuchte sich zwischen Uschi und den ärgerlich auf Italienisch mit ihr debattierenden Mann zu drängen, wich aber hastig wieder ein Stück zurück, als Uschis heftig gestikulierende Hände um ein Haar ihr Gesicht getroffen hätten.
»Frag das diesen Idioten!«, schnappte Uschi. »Ich weiß nicht, was sich diese Kerle einbilden, aber ich denke ja nicht daran!«
»Woran?«, fragte Rachel verständnislos.
»Von hier wegzugehen!« Uschi schrie fast und für eine halbe Sekunde war Rachel nahezu davon überzeugt, dass sich ihr Zorn nun auf sie entladen würde, ganz einfach weil sie den Fehler begangen hatte, sie im falschen Moment anzusprechen.
»Was bilden sich diese Kerle ein? Dass ich ihre Gefangene bin oder so etwas?«
»Aber du hast doch selbst gesagt, dass –«
»Ich weiß, was ich gesagt habe«, unterbrach sie Uschi. »Aber du hast mir anscheinend nicht richtig zugehört! Was glaubst du, warum ich hier draußen lebe, verdammt noch mal? Ich denke nicht daran, irgendwohin zu gehen!«
Sie unterbrach sich, als De Ville hereinkam und mit schnellen Schritten zur Tür ging. Benedikt und sein Vater folgten ihm dichtauf und De Ville gab ihren Bewachern Anweisungen auf Italienisch. Er wartete, bis sie das Haus verlassen hatten und von der Dunkelheit draußen verschluckt worden waren, ehe er sich wieder herumdrehte und mit fragendem Gesichtsausdruck auf sie zutrat.
»Gibt es ein Problem?«
»Nicht, wenn Sie Ihre Vatikan-Rambos nehmen und von hier verschwinden«, sagte Uschi feindselig.
De Ville blinzelte. »Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht«, sagte er. »Sie können nicht hier bleiben, das muss ich Ihnen doch wohl nicht erklären?«
»Wieso nicht?« Uschi machte eine zornige Handbewegung, der aber das allerletzte Quäntchen Nachdruck fehlte, um sie wirklich überzeugend werden zu lassen. Als sie weitersprach, hatte ihre Stimme bereits einen Unterton von Resignation.
»Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Signore De Ville. Wahrscheinlich haben Sie uns allen das Leben gerettet. Aber das gibt Ihnen nicht das Recht, über mich zu bestimmen. Ich bleibe hier.«
»Ich fürchte, ich muss darauf bestehen, dass Sie uns begleiten«, antwortete De Ville.
»Sie können …«
»Bitte zwingen Sie mich nicht, Gewalt anzuwenden«, fuhr De Ville unbeeindruckt fort. »Ich würde es sehr bedauern, aber ich werde auch nicht zögern, es zu tun, wenn es sein muss.«
Seine Worte waren bitterernst gemeint und Rachel sah Uschi an, dass ihr das ebenso klar war wie ihr selbst. Sie funkelte De Ville weiter wütend an, aber der Ausdruck in ihren Augen war jetzt nur noch Trotz. Sie musste von Anfang an gewusst haben, dass sie keine Chance hatte, hier zu bleiben (ganz davon abgesehen, dass diese Idee irgendwo zwischen Selbstmord und Wahnsinn angesiedelt war), aber natürlich war sie es sich selbst schuldig gewesen, es wenigstens zu versuchen.
»Seien Sie vernünftig«, bat De Ville. »Uns läuft wirklich die Zeit davon. Ich kann Sie nicht hier lassen, nicht
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