Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gewesen. Darüber kam ein samtblauer, noch nicht vollkommen von der Nacht eroberter Himmel zum Vorschein, an dem Hunderttausende winziger heller Sterne glitzerten.
    »Was bedeutet das?«, murmelte Rachel. »De Ville!«
    De Ville antwortete immer noch nicht, aber plötzlich weiteten sich seine Augen, und aus dem Ausdruck von Entsetzen auf seinem Gesicht wurde etwas anderes, Schlimmeres. Rachel hatte noch niemals einen Ausdruck so vollkommener Angst in den Augen eines Menschen gesehen.
    Sie blickte wieder nach oben. Zwischen den unzähligen winzigen Sternen war ein neuer, hellerer Lichtpunkt erschienen, der rasch anschwoll und dabei heller und heller wurde.
    »Großer Gott!«, flüsterte De Ville. »Es hat begonnen!«

Kapitel 15
    Obwohl sie innerhalb weniger Stunden zum zweiten Mal auf dem römischen Flughafen landete, hatte Rachel das Gefühl, nicht nur auf einem anderen Kontinent, sondern in einer vollkommen anderen Welt zu sein. Der Helikopter hatte sie nicht auf dem direkten Weg nach Rom gebracht, sondern war nach weniger als einer halben Stunde auf einem kleinen Militärflughafen unweit von Norcia wieder gelandet, wo sie in einen bereit stehenden Lear-Jet umgestiegen waren, der die Strecke bis Rom in weniger als fünfundvierzig Minuten zurückgelegt hatte.
    Rachel hatte noch ein paar Mal versucht, mit De Ville zu reden, aber er hatte weder auf ihre immer bohrender werdenden Fragen reagiert noch von sich aus irgendeine Erklärung abgegeben, was die unheimliche Erscheinung am Himmel bedeutete. Vielleicht war es das Schlimmste, was er tun konnte, denn sein beharrliches Schweigen und der Ausdruck dumpfer Verzweiflung in seinem Gesicht ließen ihrer Fantasie mehr Spielraum, als ihr lieb war. Sie wusste nicht, was dieses neue Licht am Himmel bedeutete, aber es musste etwas durch und durch Furchteinflößendes sein.
    Zu ihrer Enttäuschung war sie sowohl von Uschi als auch von den anderen getrennt worden. Der Lear-Jet war nicht besonders groß, aber De Villes Männer hatten Darkov und Benedikt auf den beiden hinteren Sitzen angekettet und sowohl Uschi als auch Frank gerade weit genug von ihr entfernt, dass sie nicht miteinander reden konnten, während De Ville selbst und sie auf den beiden vorderen Sitzen Platz nahmen, unmittelbar hinter der Pilotenkanzel. Der Lear-Jet war vielleicht eines der bequemsten und luxuriösesten Privatflugzeuge, die es gab, aber er war auch klein und vor allem laut. Sie hätte aufstehen und nach hinten gehen müssen, um mit Uschi oder Frank zu reden, und sie spürte, dass De Ville das nicht zulassen würde.
    Ihre Armbanduhr war irgendwann im Laufe des Nachmittags stehen geblieben, aber bis sie Fiumicino erreichten, hatte sich der Himmel endgültig verdunkelt, und in Anbetracht der Jahreszeit schätzte Rachel, dass es mittlerweile auf zehn Uhr zuging. Großer Gott, wie lange war sie jetzt nahezu ununterbrochen auf den Beinen, abgesehen von der kurzen, wenig erholsamen Rast auf dem Schrottplatz? Sechsunddreißig Stunden? Sie wusste es selbst nicht mehr genau, aber ihr kam es vor, als wären es sechsunddreißig Tage gewesen. Es erschien ihr beinahe selbst absurd – um sie herum ging die Welt unter, und das ihm wahrsten Sinne des Wortes, aber alles, was sie sich im Moment wünschte, waren ein Bett und ein paar Stunden Schlaf.
    De Ville war nicht höflich genug gewesen, ihr einen Fensterplatz anzubieten, sodass sie nicht wirklich nach draußen sehen konnte, aber sie bemerkte dennoch, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien. Sie waren wieder in den Landeanflug übergegangen, kaum dass der kleine, schnelle Jet seine Reisehöhe erreicht hatte, kreisten aber nun schon seit einer geraumen Weile, ohne zur Landung anzusetzen. Manchmal, wenn sich der Jet halb auf die Seite legte, um eine neue, lang gezogene Kurve in seiner Warteschleife zu beginnen, konnte sie doch einen Blick auf die unter ihnen liegende Stadt erhaschen. Sie waren sehr tief – sicherlich kaum höher als fünfhundert Meter –, so dass sie eine Menge Einzelheiten erkennen konnte. Rachel wusste nicht wirklich, wie Rom um zehn Uhr abends und aus einem halben Kilometer Höhe aussehen sollte, aber sie glaubte nicht, dass dieser Anblick normal war: Rom funkelte wie ein riesiger, leicht gelbstichiger Edelstein; Sternenstaub, der vom Himmel gefallen war und sich auf den sieben legendären Hügeln der Stadt ausgebreitet hatte. Buchstäblich jedes einzelne Licht in der Stadt schien zu brennen und selbst auf dem Tiber, der das Lichtermeer

Weitere Kostenlose Bücher