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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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berührten die Räder den Boden. Der Ruck war so hart, dass sie froh war, sich in einem modernen Luxusjet zu befinden, dessen Sitze über Dreipunktgurte wie die eines Automobils verfügten, nicht nur über einfache Beckengurte, und sich erneut und noch heftiger an die Armlehnen klammerte. Die Landung war insgesamt sehr viel härter, als sie es von den großen Passagiermaschinen gewohnt war, aber Rachel konnte nicht sagen, ob das normal war oder nicht. Das Flugzeug rumpelte über den rauen Asphalt der Landebahn, beschleunigte plötzlich wieder und bremste dann ebenso unerwartet und hart wieder ab. Das Dröhnen der beiden Düsentriebwerke wurde leiser, veränderte sich aber zugleich zu einem metallischen Singen auf einer Frequenz, die die Grenze zwischen unangenehm und schmerzhaft schon leicht überschritt.
    Rachel versuchte wieder aus dem Fenster zu sehen. Sie erkannte ein paar Lichter, die aber zu schnell vorbeihuschten, um sie zu identifizieren, dann schwenkte die Maschine plötzlich nach links und kam mit einem Ruck zum Stehen. Das »Bitte anschnallen«-Zeichen an der Decke über ihr erlosch, aber De Ville schüttelte rasch und fast erschrocken den Kopf, als sie nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes greifen wollte, und sie zog die Hand zurück. Er selbst blieb jedoch nicht sitzen, sondern löste seinen Gurt mit einem harten Ruck, stemmte sich auf den Armlehnen in die Höhe und kletterte mit einer geschickten Bewegung über sie hinweg, schnell und ohne sie dabei auch nur zu berühren. Er ging zur Tür, entriegelte sie und musste sich mit der Schulter dagegenstemmen, um sie nach außen und dann zur Seite zu drücken. Dunkelheit und ein schwer zu definierender, aber nicht sehr angenehmer Geruch quollen wie eine ölige Wolke herein und Rachel spannte sich ganz instinktiv. Drei Wochen, in denen das Öffnen einer Tür oder eines Fensters unweigerlich mit hereinfauchendem Wind, Kälte und Regen verbunden gewesen war, hatten schon gereicht, um ihre Reflexe nachhaltig zu verändern. Der Regen hatte jedoch nicht wieder eingesetzt und statt des Windes hörte sie nur ein fernes Rauschen, das zu künstlich klang, um einen natürlichen Ursprung zu haben, gedämpfte Stimmen und leise Motorengeräusche.
    De Ville hielt sich mit der linken Hand am Türrahmen fest und beugte sich vor. Sie konnte hören, wie er jemandem draußen etwas zurief. Vielleicht eine Minute verging, dann wich er von der Tür zurück, und irgendetwas stieß mit einem dumpfen Geräusch gegen den Flugzeugrumpf. De Ville drehte sich herum und nickte ihr auffordernd zu. Rachel öffnete ihren Sicherheitsgurt, stand auf und ging zur Tür. Beinahe hätte sie sich mit einem entsprechenden Blick davon überzeugt, dass De Ville nichts dagegen hatte, dann aber wurde ihr klar, dass ihre Körpersprache und ihr instinktives Benehmen bereits das einer Gefangenen waren, und sie ging schnell und mit trotzig erhobenem Haupt an ihm vorbei.
    Der dumpfe Laut war das Geräusch einer fahrbaren Treppe gewesen, die jemand an den Jet herangerollt hatte. Rachel trat hinaus, lief mit schnellen Schritten die schmalen Metallstufen hinab und bewegte sich noch zwei Schritte weit vom unteren Ende der Treppe fort, ehe sie stehen blieb – beinahe, als müsse sie sich selbst davon überzeugen, dass sie keine Gefangene war und sich bewegen konnte, wann und wohin auch immer sie wollte. Vermutlich war das nicht mehr als ein frommer Wunsch, aber selbst wenn es mehr gewesen wäre, hätte sie kaum gewusst, wohin sie gehen sollte. Sie hatte bisher angenommen, dass das Flugzeug auf dem Flughafen von Rom landen würde, aber wenn es tatsächlich so war, dann handelte es sich um einen Teil des Flughafens, den sie noch nie gesehen hatte. Das Flugfeld war klein und viel schmaler, als sie es in Erinnerung hatte. Sie sah keine der großen Passagiermaschinen, die normalerweise in einer niemals abreißenden Prozession zu den Startbahnen rollten, sondern nur einige kleinere, zum größten Teil alte Maschinen, und auch das Gebäude, vor dem sie angehalten hatten, ähnelte eher einer Baracke als einem modernen Passagierterminal. Weit jenseits der Landepiste schimmerten die Lichter der Großstadt durch die Nacht und erzeugten einen blassen Widerschein am Himmel. Rachel sah nach oben und entdeckte ein zweites, helleres Licht. Der Stern war deutlich größer geworden und hatte an Leuchtkraft gewonnen und er war jetzt kein greller Punkt mehr, sondern hatte sich in einen vage ovalen, verwaschenen Fleck verwandelt,

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