Flut: Roman (German Edition)
rechten Seite des Busses gelodert hatte, war verschwunden und fiel rasch hinter ihnen zurück. Der Wagen schleuderte so wild hin und her, dass sie Mühe hatte, sich halbwegs aufrecht zu halten, aber er fuhr noch immer und der Motor heulte laut und gequält, als der Fahrer mit aller Macht zu beschleunigen versuchte. Überall im Bus brannte es. Der Großteil der Scheiben war zerborsten und mindestens zwei von De Villes Männern lagen reglos am Boden. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie Uschi hustend in die Höhe kam, und nicht weit von ihr entfernt hatten sich gleich drei Soldaten schützend über Papst Johannes Petrus II. geworfen, aber sie beachtete nichts von dem wirklich, sondern versuchte verzweifelt auf die Füße zu kommen und sich zu Tanja hinzuarbeiten. Ihretwegen war sie schließlich hier.
Der Wagen schleuderte nach links, krachte so heftig mit den Rädern gegen den Bordstein, dass Rachel ernsthaft befürchtete, er würde umkippen, und wie nahezu alle anderen im Wagen von den Füßen geworfen wurde und unsanft auf einer leeren Sitzbank landete, er schlitterte auf protestierend kreischenden Reifen ein gutes Stück in die Gegenrichtung und kam endlich irgendwie in die Spur zurück. Weit hinter ihnen explodierte irgendetwas, dann hörte sie einen dumpfen, sonderbar trockenen Knall aus der Gegenrichtung, und als sie sich unsicher auf dem wild hin und her schwankenden Sitz aufrichtete, registrierte sie entsetzt, wie der schwarze Mercedes vor ihnen in einem lodernden Feuerball auseinander flog. Der Busfahrer versuchte dieser neuerlichen Bedrohung auszuweichen, schaffte es aber nicht mehr ganz. Der Bus kollidierte mit dem Heck des lichterloh brennenden Mercedes und rammte ihn einfach aus dem Weg, kam dadurch aber erneut ins Schlingern, und diesmal gelang es dem Fahrer nicht mehr, die Kontrolle über den Wagen zurückzuerlangen. Langsam, so schwerfällig und träge wie ein zu groß geratener Kreisel, aber auch so unaufhaltsam begann sich der Wagen um seine eigene Achse zu drehen, wobei er sich gleichzeitig immer weiter zur Seite neigte. Rachel konnte hören, wie sämtliche Reifen auf der vorhin der Explosion zugewandten Seite auf einmal platzten. Der Motor heulte noch einmal schrill auf wie ein riesiges eisernes Tier im Todeskampf und ging dann aus, aber der Lärm nahm trotzdem noch zu. Schreie und das immer noch anhaltende Splittern von Glas mischten sich mit einem unheimlichen, fast schmerzhaft tiefen Dröhnen und Rumpeln, dann schien der Bus erneut wie von einer unsichtbaren Faust getroffen und mitten in der Bewegung herumgewirbelt zu werden. Rachel verlor den Halt, wirbelte durch die Luft und prallte nur einen Sekundenbruchteil später mit solcher Wucht gegen ein Hindernis, dass sie fast das Bewusstsein verloren hätte. Irgendwo peitschte ein einzelner Schuss, der sich vielleicht nur aus Versehen gelöst hatte, offensichtlich aber ein Ziel traf, denn nur einen Sekundenbruchteil später hörte sie einen gellenden Schrei. Dann spürte sie, wie der gesamte Bus für eine endlose Sekunde wehrlos zu werden schien, ehe er sich langsam, widerwillig und mit dem dumpfen Knirschen gewaltsam verformten Metalls zur Seite neigte und auf die Straße krachte. Selbst durch die geschlossenen Lider hindurch konnte sie das grelle Licht einer neuerlichen Explosion wahrnehmen, das wie eine lautlose Flutwelle über dem Bus zusammenschlug. Irgendetwas prallte gegen sie und schleuderte sie meterweit davon, dann spürte sie plötzlich Nässe und eisige Luft, die über ihr Gesicht und ihre Hände strich, und ihre Rutschpartie ging noch ein Stück weiter, ehe sie endlich zur Ruhe kam.
Eine weitere Sekunde lang lag sie einfach mit geschlossenen Augen da, lauschte auf das Klopfen ihres Herzens und wartete darauf, dass der Schrecken seine Fortsetzung nahm und erneut irgendetwas Grässliches geschah. Für einen Moment schien es ihr unheimlich still. Sie horchte, aber es verging eine weitere Sekunde, ehe die Geräusch der Außenwelt wieder an ihr Bewusstsein drangen, und noch eine, bevor sie ihnen irgendeine Bedeutung abgewinnen konnte.
Mit einem Ruck setzte sie sich auf, hob die Lider und drehte gleichzeitig den Kopf nach links.
Und wurde mit dem Anblick eines Infernos belohnt.
Die Explosion und wahrscheinlich noch viel mehr der nachfolgende Aufprall hatten sie aus dem Bus und gut zehn Meter weit davongeschleudert und das war wahrscheinlich ihr Glück gewesen. Das gewaltige Fahrzeug war auf die Seite gestürzt. Zerbrochenes Glas,
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