Flut: Roman (German Edition)
tut mir Leid.«
»Dann müssen wir eine andere Transportmöglichkeit finden«, sagte Benedikt. »Aber erst nachdem ich mich von etwas überzeugt habe.«
Vermutlich begriff Uschi sogar im allerletzten Moment noch, was er vorhatte, denn sie versuchte sich zur Seite und herumzuwerfen, aber ihre Reaktion kam viel zu spät. Benedikt, der direkt hinter ihr stand, packte sie mit beiden Händen an den Schultern und riss ihre Jacke mit einem einzigen, kräftigen Ruck nach unten. Uschi schrie überrascht auf, das Geräusch von zerreißendem Stoff erklang – und Benedikt ließ sie mit einem entsetzten Keuchen los und taumelte zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand prallte. Uschi stolperte und fand im letzten Moment mit einem stolpernden Schritt ihr Gleichgewicht wieder, bevor sie stürzen konnte, und drehte sich mit heftig rudernden Armen herum – und Rachel schrie entsetzt auf und schlug die Hand vor den Mund.
Uschis Jacke und auch der schwarze Pullover, den sie darunter trug, waren zerrissen, so dass sie ihren nackten Rücken sehen konnte. Er war eine einzige, grauenhafte Brandwunde. Das Fleisch war an vielen Stellen schwarz und wie zu poröser Kohle zusammengebacken und überall sonst roh und blutig und von großen, nässenden Brandblasen übersät. Ein Teil ihres Rückgrats und zwei oder drei Rippen stachen bleich und unheimlich aus der verheerten Masse, und man konnte tatsächlich sehen, wie die verletzten Organe unter dieser zerstörten Hülle pochten und sich abmühten, das Leben trotz allem irgendwie noch aufrechtzuerhalten. Aber das war unmöglich, dachte Rachel. Das war vollkommen ausgeschlossen. Was sie sah, konnte nicht sein. Niemand konnte mit einer solchen Verwundung leben, geschweige denn herumlaufen und reden, als wäre nichts geschehen!
Hinter ihr keuchte De Ville entsetzt und auf der anderen Seite des Bettes schrie Frank auf und übergab sich gleich darauf würgend, und auch Rachel taumelte zurück, bis sie gegen den Tisch prallte, auf dem Benedikt die Wasserschüssel abgesetzt hatte. Sie fiel herunter und zerbrach.
»Das war jetzt nicht besonders clever von dir«, sagte Uschi. Mit einer zornigen Bewegung streifte sie die zerrissene Jacke vollends ab, warf sie in Benedikts Richtung und drehte sich dann herum. Auf ihrer Brust und dem Bauch waren die Brandverletzungen nicht ganz so schlimm, aber immer noch schwer genug, um sie eigentlich auf der Stelle umzubringen. Aber sie sah irgendwie kein bisschen tot aus. Ganz im Gegenteil. Ihre Augen flammten vor Wut, während ihr Blick durch den Raum irrte und einen nach dem anderen taxierte, ehe er schließlich auf Rachels Gesicht hängen blieb.
»Ich habe dir gesagt, dass der Kerl nichts für dich ist«, sagte sie. »Aber du hörst ja nie auf mich.«
»Aber … aber das ist doch –«
»– nicht möglich?« Uschi lachte. »Hast du gedacht, ihr hättet ein Monopol auf Wunder?« Sie schüttelte den Kopf. »Da muss ich dich enttäuschen.«
Hinter dem Chaos aus Entsetzen, Hysterie und Panik, das in Rachels Kopf herrschte, begann ein Gedanke Gestalt anzunehmen. Aber er war trotz allem zu bizarr, zu abwegig und vor allem zu grässlich, um wahr zu sein. »Wie meinst du das?«
»Ich glaube, das hast du längst begriffen«, sagte Uschi. »Aber so warst du ja schon immer: Was du nicht verstehen willst, das verstehst du eben nicht.«
Hinter ihr bewegte sich Benedikt. Er hatte sein Entsetzen offenbar überwunden und schob sich langsam an der Wand entlang, zweifellos um in Reichweite des Gewehrs zu gelangen, das er abgestellt hatte. Rachel war sicher, dass er nicht den mindesten Laut verursachte, aber die Bewegung blieb Uschi dennoch nicht verborgen. Sie sah weiter in ihre Richtung und lächelte auf diese schreckliche Art, aber gerade als Benedikt den Arm nach dem Gewehr ausstreckte, wirbelte sie mit unglaublicher Schnelligkeit herum, packte ihn mit beiden Händen und warf ihn so mühelos quer durch das Zimmer und über das Bett, als wäre er nicht mehr als eine Stoffpuppe, die sie achtlos beiseite schleuderte. Benedikt prallte mit entsetzlicher Wucht unmittelbar neben Frank gegen die Wand und sank halb benommen daran zu Boden, und Uschi hob fast gelassen das Gewehr auf, nahm es in beide Hände und drehte sich wieder herum.
»Luzifer!«, murmelte Petrus. Er sank vom Stuhl auf die Knie und faltete die Hände vor der Brust und sein Gesicht war nun grau und hatte auch noch das letzte bisschen Farbe verloren.
»Nicht … unbedingt«, sagte Uschi (Uschi?), »es
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