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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Scharfsinn ist bewundernswert«, sagte Uschi höhnisch.
    »Warum machen Sie es sich dann nicht leichter und erschießen uns gleich alle?«, fragte De Ville.
    »Sie sind nicht auf dem Laufenden, mein Lieber«, antwortete Uschi. »Die Firma, für die ich arbeite, ist nicht unbedingt dafür bekannt, besonders gnädig zu sein.«
    »Du kannst kein Kind töten«, sagte Rachel. »So grausam kannst du nicht sein. Du kannst nicht abwarten, bis es geboren ist, nur um es dann umzubringen?«
    »Nein?«, fragte Uschi. »Kann ich nicht?« Sie machte eine abgehackte Kopfbewegung zu Torben, der noch immer mit vor der Brust gefalteten Händen am Boden kniete. »Frag ihn, was es für ein Gefühl ist. Frag ihn, warum er damals in das Krankenhaus gekommen ist, zusammen mit einem halben Dutzend bewaffneter Männer.«
    »Ich kenne die Geschichte«, sagte Rachel. »Da gibt es nur einen Unterschied. Er hat es nicht getan. Es spielt keine Rolle, was er wollte oder vorhatte.«
    »Papperlapapp«, sagte Uschi. »Er hätte es getan, wenn er nur sicher gewesen wäre, welches von den beiden Kindern das richtige ist.«
    »Du kannst uns Menschen nicht nach dem beurteilen, was wir vielleicht getan hätten«, sagte Rachel verzweifelt.
    »Vielleicht sollte ich euch lieber nach dem beurteilen, was ihr nicht getan habt.« Uschi machte eine ärgerliche Bewegung. »Ihr habt Recht. Es ist wirklich Zeitverschwendung, hier herumzustehen.« Sie stieß sich von der Wand ab und nahm das Gewehr in beide Arme. Wo sie gestanden hatte, war ein verschmierter roter Abdruck ihres Körpers zurückgeblieben, aber es war nicht exakt der Abdruck ihres Körpers. Es war nicht ein Mensch, dessen Schatten mit Blut an die Wand gemalt war, sondern ein verzerrtes, groteskes Ding mit Flügeln und Hörnern, von dem eine Welle unendlich tiefer Bosheit ausging. »Bringen wir es zu Ende.«
    Sie trat ganz an das Bett heran, richtete das Gewehr auf Tanjas Stirn und schwenkte den Lauf dann langsam herum, sodass seine Mündung über ihr Gesicht strich, den Hals und die Brust hinab und schließlich auf ihren Leib deutete.
    »Das kannst du nicht tun!«, sagte Torben. »Im Namen Gottes und der Barmherzigkeit, ich flehe dich an, du kannst kein ungeborenes Kind ermorden!«
    »Das war jetzt so ziemlich das Falscheste, was Sie überhaupt sagen konnten, Hochwürden«, sagte Uschi. Ihr Finger krümmte sich langsam um den Abzug der schweren Waffe und Frank stieß einen brüllenden Schrei aus und sprang sie mit weit ausgebreiteten Armen über das Bett hinweg an.
    Er war nicht annähernd so stark wie Benedikt und er verfügte noch nicht einmal über einen Bruchteil von dessen Geschick und Geschmeidigkeit. Sein Sprung war zu kurz berechnet, sodass er mit dem Fuß an der Bettkante hängen blieb und halbwegs über Tanja fiel, die einen gequälten Schrei ausstieß, aber er war vermutlich der Letzte hier im Raum gewesen, mit dessen Angriff Uschi gerechnet hatte, und ihre instinktive Abwehrbewegung kam einen Sekundenbruchteil zu spät. Der Schuss löste sich mit einem Knall, der in dem kleinen Raum von geradezu ohrenbetäubender Lautstärke war, aber die Kugel verfehlte ihr Ziel und riss nur ein faustgroßes Loch in die Matratze neben Tanjas Beinen. Praktisch im gleichen Sekundenbruchteil schmetterte sie Frank die andere Hand mit solcher Wucht ins Gesicht, dass er in die Höhe gerissen wurde und wie Benedikt gerade gegen die Wand prallte, aber so gering die Ablenkung auch gewesen war, sie reichte. Benedikt schnellte wie eine gespannte Stahlfeder in die Höhe, rammte der Kreatur die Schulter in den Leib und riss sie mit sich, als er in einem ungeschickten Salto über das Bett hinwegflog. Uschi ließ das Gewehr los und kreischte vor Wut und noch bevor sie beide aneinander geklammert zu Boden stürzten, begann sie mit den Fäusten auf ihn einzuschlagen. Frank brach wimmernd zusammen und rührte sich nicht mehr und De Ville stieß Rachel zur Seite und stürzte vor, um Benedikt zu helfen.
    Sein Stoß hatte Rachel fast zu Boden geschleudert. Mühsam fand sie ihr Gleichgewicht wieder, blickte eine halbe Sekunde unschlüssig auf die miteinander kämpfenden Gestalten hinab, und begriff, wie sinnlos es wäre, sich in den Kampf einzumischen. Trotz ihrer grässlichen Verletzung bereitete es der Kreatur keine besondere Mühe, Benedikt abzuschütteln und in die Höhe zu springen. Als De Ville heranstürmte, empfing sie ihn mit einem Hieb, der ihn zurückschleuderte und gegen den knienden Johannes Petrus stolpern ließ,

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