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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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irgendeine komplizierte psychische Reaktion, die für einen Moment jeglichen anderen Laut außer dem Schlagen ihres eigenen Herzens herausfilterte. Aber sie hielt nur wenige Sekunden vor – ganz genau so lange, wie sie brauchte, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es nicht nur albern, sondern nachgerade dämlich wäre, nach allem, was sie überstanden hatte, am Ende vielleicht doch noch erschossen zu werden, nur weil sie ein paar Sekunden zu früh glaubte in Sicherheit zu sein.
    Sie zwang sich den Kopf zu heben und die Augen zu öffnen, und im gleichen Moment hörte sie auch wieder den Lärm, der sich für einen Augenblick hinter der traumatischen Stille in ihrem Kopf verborgen hatte: Schreie, Sirenengeheul, eine Folge dumpfer, fast rhythmischer Schläge (Schüsse?), Schritte und noch mehr Sirenengeheul, das sich aus verschiedenen Richtungen näherte. Durcheinander rufende Stimmen. Sie schien sich genau im Zentrum eines Orkans zu befinden, der aus purem Lärm bestand, nur dass in seinem Auge alles andere als Stille herrschte. Müde drehte sie den Kopf, um hinter sich zu blicken. Aber noch bevor sie die Bewegung halb zu Ende bringen konnte, regte sich die zusammengesunkene Gestalt auf dem Beifahrersitz neben ihr.
    Rachel beugte sich rasch über ihn und streckte die Hand aus, aber dann wagte sie es aus irgendeinem Grund doch nicht, ihn zu berühren. Er war voller Blut und zitterte und er sah so zerbrechlich aus. »Weg!«, murmelte Darkov. »Du musst … verschwinden! Schnell! Sie dürfen dich nicht … nicht kriegen!« Seine Stimme war noch immer schwach und sein Blick nach wie vor trüb, aber zumindest ein Teil seines Bewusstseins schien sich geklärt zu haben. Vielleicht. Vielleicht redete er aber auch nur wirres Zeug.
    »Es ist alles in Ordnung«, versicherte Rachel. »Es ist vorbei.« Wenigstens hoffte sie das. Sie sah eine hektische Bewegung aus dem Augenwinkel, die sich ihr näherte, aber sie gestattete sich nicht hinzusehen. Wenn sie sich irrte und es doch die Männer waren, dann war es sowieso zu spät.
    Darkov jedenfalls schien in seinem halb weggetretenen Zustand dieser Meinung zu sein, denn er schüttelte den Kopf und versuchte mit heftig zitternden Fingern seine Jacke aufzuknöpfen. »Du musst … weglaufen«, wiederholte er stockend. »Sie dürfen dich … nicht kriegen! Unter keinen Umständen! Hier – nimm sie. Nur für alle Fälle.« Irgendwie hatte er es geschafft, seine Jacke aufzumachen. Seine Hände verschwanden unter dem schwarzen Leder und kamen mit einem kurzläufigen Trommelrevolver wieder zum Vorschein. Rachel war so verblüfft, dass sie ganz automatisch zugriff und die Waffe mit beiden Händen packte. Sie war unerwartet schwer und fühlte sich vollkommen anders an, als sie geglaubt hätte, hätte sie jemals auch nur den Gedanken an sich herangelassen, eine Schusswaffe mitzunehmen: warm und auf eine unheimliche Weise … verlockend.
    »Ist bei Ihnen alles in Ordnung? Bleiben Sie sitzen, ich helfe Ihnen.«
    Rachel drehte verständnislos den Kopf und sah einen Polizeibeamten in grüner Uniform auf sich zurennen. Er hatte seine Mütze verloren und hielt irgendetwas in der rechten Hand, das sie nicht genau erkennen konnte. Hinter Rachels Stirn begann eine Alarmsirene zu schrillen. Sie hörte den Ton, aber es war unmöglich, seinen Grund zu erkennen. Der Polizist rannte mit weit ausgreifenden Schritten heran, stützte sich mit der linken Hand im offenen Seitenfenster ab und sprudelte los: »Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sie –«
    Er brach mitten im Wort ab und im gleichen Moment, in dem Rachel die Veränderung in seinem Gesicht sah, wurde ihr auch der Grund für das warnende Gefühl klar – unglücklicherweise mindestens eine Sekunde zu spät, was unter den gegebenen Umständen eine lange Zeit war. Für einen winzigen Moment war es, als könnte sie durch seine Augen sehen, und ihr wurde mit einer Art stillem Entsetzen klar, was er erblickte: einen Wagen, der nicht nur aussah, als wäre er mit Mühe und Not der Schrottpresse entkommen, sondern noch dazu von Einschusslöchern regelrecht durchsiebt war. Auf dem Beifahrersitz eine zusammengesunkene Gestalt, blutüberströmt und mehr tot als lebendig, und auf dem Sitz neben ihr eine junge Frau, der die nackte Panik ins Gesicht geschrieben stand und die eine bösartig aussehende Waffe in Händen hielt. Er konnte gar nicht anders, als zu reagieren, wie er reagierte: der Mann prallte mit einem erschrockenen Laut zurück. Das Schemen in

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