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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Handschelle.

Kapitel 3
    Der Kaffee schmeckte abscheulich. Er war schwarz und stark und weder von Zucker noch von Milch verunreinigt, und wenn es irgendetwas auf der Welt gab, das sie verabscheute (abgesehen von nervösen jungen Polizeibeamten vielleicht, die mit Pistolen auf sie zielten, und slawischen Mordbuben, die dasselbe mit sehr viel größeren Waffen taten), dann war es schwarzer Kaffee ohne Zucker und Milch. Sie hasste schwarzen Kaffee. Einer ihrer beliebtesten Sprüche war, dass sie Kaffee als solchen nicht mochte, aber heißes Wasser mit Zucker und Milch eben auch nicht schmeckte, und das kam der Wahrheit deutlich näher, als die meisten von denen, die mit einem gequälten Lächeln auf diesen vermeintlichen Scherz antworteten, auch nur ahnten. Trotzdem nippte sie mit kleinen, regelmäßigen Schlucken an der Tasse, würgte das bittere Gebräu tapfer herunter und schmiegte sogar die Hände um den heißen Keramikbecher, als wäre sie gerade von einem Spaziergang aus einem sibirischen Schneesturm zurückgekehrt und bräuchte das bisschen Wärme, um nicht innerlich zu Eis zu erstarren.
    Das genaue Gegenteil war der Fall. Das Krankenzimmer war hoffnungslos überheizt; wenn es jemals eine Klimaanlage besessen hatte (was sie ernsthaft bezweifelte), dann musste diese schon vor langer Zeit ihren Dienst quittiert haben, und das Porzellan zwischen ihren Fingern war unangenehm heiß. Darüber hinaus pochten ihre Handgelenke noch immer vor Schmerz. Die Röntgenaufnahmen hatten ergeben, dass sie nicht gebrochen, sondern nur verstaucht waren, und die festen Verbände, die man ihr angelegt hatte, machten es einigermaßen erträglich, schotteten den Schmerz aber keineswegs vollkommen ab. Sie trank diesen abscheulichen Kaffee wohl allein deshalb, weil sie irgendwie das Gefühl hatte, dass es in einer Situation wie dieser richtig war. Sie fragte sich immer mehr, wie viele Dinge sie vielleicht noch tat und getan hatte, weil sie glaubte, man müsse sie eben in einer bestimmten Situation ganz genau so tun. Aber dieser Irrsinn ließ sich durchaus noch steigern. Als die Krankenschwester, die ihr den Kaffee gebracht hatte, fragte, ob er schmecke, nickte sie eifrig und beeilte sich sogar, zum Beweis einen besonders großen Schluck herunterzuwürgen. Offenbar ging sie dabei ein wenig zu hastig vor, denn ihre Handgelenke begannen so wild zu pochen, dass sie die Tasse mit einem Ruck wieder absetzen musste. Rachel verzog das Gesicht. Bisher hatte sie es immer heimlich bezweifelt, wenn man ihr erzählt hatte, dass eine Verstauchung deutlich schmerzhafter sei als ein Bruch, aber es schien wohl zu stimmen.
    »Das mit Ihren Händen tut mir Leid«, sagte Naubach. Er hatte ihre Bewegung richtig gedeutet, aber in seiner Stimme lag keine wirkliche Anteilnahme. »Aber Sie müssen den Beamten verstehen. Auch Polizisten hängen an ihrem Leben.«
    »Es war nicht seine Schuld. Das ist schon vorher passiert.« Rachel machte eine Kopfbewegung zu ihren bandagierten Gelenken hin und zwang sich, ihre Lippen zu einer Grimasse zu verziehen, die er deuten konnte, wie er es wollte. Im Stillen dachte sie an die blauen Flecken an ihren Fußknöcheln und an denen trug der Beamte eindeutig die Schuld, aber sie zog es vor, nichts dazu zu sagen. Es hätte ihr ohnehin nichts anderes eingebracht als eine weitere, unehrlich gemeinte Mitleidsbezeigung. Was sie vor Wochenfrist das erste Mal über Naubach gedacht hatte, das galt heute noch ganz genauso: Er mochte ein guter Polizist sein, aber er war kein besonders netter Mensch. Möglicherweise schloss das eine ja das andere aus.
    Eine geraume Weile verstrich, in der Naubach offensichtlich darauf wartete, dass sie irgendetwas sagte, dann räusperte er sich unbehaglich und bewegte sich auf dem Stuhl hin und her. Das billige Plastikmöbel ächzte unter seinem Gewicht und der Kommissar hielt erschrocken inne, als befürchte er allen Ernstes, dass es unter ihm zusammenbrach. Naubach war kein überdurchschnittlich großer, wohl aber ein sehr massig gebauter Mann. Rachel schätzte sein Gewicht auf mindestens neunzig Kilo, wenn nicht mehr, ohne dass er dadurch im Geringsten fett wirkte. »Ich habe gerade mit dem Arzt gesprochen«, begann er. »Wie es aussieht, haben Sie ziemliches Glück gehabt. Jede Menge blauer Flecken und Prellungen, aber nichts Ernstes.«
    Rachel blickte ihn finster an. Seit sie hier hereingebracht worden war, waren gute anderthalb Stunden vergangen. Neunzig Minuten, in denen man sie geröntgt,

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