Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
Vom Netzwerk:
steckte fest, und der Tölpel war ertrunken. Stell dir das mal vor.
    Er sieht seine Mutter an, die wie ein staunendes Kind den Tölpel nicht aus den Augen lässt, und muss lächeln. Er spürt einen Kloß im Hals.
    Ein Freund von mir würde sagen, dass das Leben der beiden miteinander verbunden war.
    Nach dem Mittagessen gehen sie ein Eis essen. Er schlägt vor, an einen anderen Strand zu fahren, aber die Mutter sagt, sie sei müde und würde lieber hierbleiben. Sie fahren mit dem Auto auf den Morro das Antenas, um den Blick auf die Stadt, die Strände, die Dünen und die Lagoa do Siriú zu genießen. Als es dämmert, kehren sie zur Wohnung zurück und essen ein einfaches Abendbrot mit Kaffee und Sandwiches. Die Mutter fragt, wie es geldmäßig bei ihm aussehe.
    Alles okay. Das Geld vom Auto war eine gute Basis, und mit dem Gehalt vom Schwimmbad komme ich gut zurecht. Mach dir keine Sorgen.
    Kannst du mir etwas leihen?
    Er versteht nicht, wozu sie das Geld braucht. Sie sagt, sie habe sich operieren lassen.
    Wo denn, Mama?
    Ich hab das Doppelkinn wegmachen lassen. Und die Tränensäcke. Du willst doch nicht, dass deine Mutter aussieht wie ein Frosch, oder? Dir fällt der Unterschied natürlich nicht auf, aber ich bin schöner als vorher.
    Aber wo ist denn dein ganzes Geld geblieben?
    Ich weiß es nicht. Alles ist so teuer geworden. Ich habe Dante ein bisschen was geliehen, und er wird es auch zurückzahlen, ich weiß aber nicht, wann. Er sagte, er werde erst wieder Geld haben, wenn er mit seinem Buch fertig ist. So lange kann er nicht arbeiten. Ich muss noch vier Raten für die Operation bezahlen.
    Jetzt verstehe ich auch, wie er letztes Jahr nach Vietnam reisen konnte.
    Er wird es mir zurückzahlen.
    Hat Ronaldo kein Geld?
    Ein bisschen. Aber ihn will ich nicht fragen. Er war gegen die Operation. Ich denke, er würde es mir geben, aber ich will ihn erst darum bitten, wenn ich keinen anderen Ausweg sehe. Wenn du nichts hast, kein Problem. Ich frage ja bloß.
    Ich habe fast nichts, Mama.
    Er verspricht, ihr seine wenigen Ersparnisse am nächsten Tag zu überweisen, und sie verspricht, es ihm bald zurückzuzahlen. Am Montag fährt sie zurück nach Porto Alegre. Sie stehen in der Morgendämmerung auf. Über ihren Köpfen flackert das Licht der Straßenlaterne, als er den Kofferraum schließt. Er umarmt seine Mutter und gibt ihr einen Kuss. Fahr nicht so schnell, sagt er. Bevor sie rückwärts ausparkt, lässt sie die Scheibe runter.
    Tut mir leid, wenn ich mich da einmische, aber ich glaube nicht, dass die kleine Schwarze dich wirklich mag.
    Jasmim geht den ganzen Tag nicht ans Telefon, ruft ihn aber am frühen Nachmittag bei der Arbeit an. Sie ist in Tränen aufgelöst und ganz atemlos vom vielen Weinen.
    Du musst sofort herkommen.
    Ich kann erst um fünf. Was ist los?
    Sie fängt wieder an zu schluchzen.
    Um Gottes willen, was ist denn passiert?
    Komm, sobald du kannst, ja?
    Um halb sechs fährt er keuchend die Zufahrt zu ihrem Haus runter, lehnt sein Fahrrad an den Zaun und stellt erst fest, dass die Treppe vor dem Haus weg ist, als er anklopfen will. Stattdessen klafft dort ein tiefes Loch, umgeben von feuchten Erdhaufen. Eine Hacke und eine Schaufel liegen auf dem Rasen. Er geht um das Loch herum und klopft an die Tür. Jasmim ruft, dass die Tür offen sei und er hereinkommen solle. Er setzt einen Fuß auf die Schwelle, greift mit beiden Händen in den Türrahmen und klettert wie ein Bergsteiger ins Haus.
    Sie liegt ausgestreckt auf dem Boden, ihre Jeans und Nylonjacke sind verschmiert. Erde klebt ihr an den Händen, in den zurückgebundenen Haaren und an der Nase. Ihr Blick ist trüb, ihre Wangen glänzen von Tränen. Sie lächelt gequält, als sie ihn sieht. Er schaltet das Licht an, kniet sich neben sie, nimmt sie in den Arm und fragt, was passiert sei. Sie seufzt erleichtert, aber ihre Küsse sind nur ein Reflex. Sie zeigt Richtung Küche und wendet den Blick ab, als warte dort etwas Schreckliches, das sie nie wieder sehen will. Er steht auf und geht in die Küche. Auf dem Tresen liegen zwei Dinge. Ein silberner Kerzenständer, in etwa so lang wie eine Blockflöte, und eine Art eiserner Pokal oder Kelch, dessen Innenseite aus Bronze oder irgendeinem anderen gelblichen Metall ist. An beiden klebt noch Erde.
    Der Kerzenhalter ist auf jeden Fall Silber, hört er Jasmim sagen. Sie klingt erschöpft
    Der Kelch scheint innen aus Bronze zu sein.
    Ich glaube, das ist Gold.
    Das kann nicht sein.
    Jasmim stößt einen

Weitere Kostenlose Bücher