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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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riesiges weißes Pferd und drei Lamas, sichtlich irritiert von der Aufregung um sie herum kauen sie vor sich hin und tragen zum allgegenwärtigen Gestank nach Mist und Vierbeinern bei. Sie suchen sich einen Platz inmitten Hunderter weißer Plastikstühle, die im Halbkreis um die Manege stehen, dahinter hängt ein voluminöser lila Vorhang mit silbernen Verzierungen. Dália zieht ihre Jacke aus, unter der sie eine trägerlose Bluse anhat, und singt den Refrain eines Schlagers mit, der aus den Lautsprechern kommt. Die Familien erscheinen gemeinsam, erwachsene Paare schleppen Senioren mit, ganze Reihen von Kindern laufen Hand in Hand, junge Mütter tragen ihre Babys auf dem Arm. Als Gegenpol dazu sorgen Gangs aufgedrehter Jugendlicher bei jeder Gelegenheit für Unruhe. Jungs mit gelgestärkten Tollen, mit unzähligen Reißverschlüssen versehenen Jeans und von ihren Vätern geliehenen Armbanduhren posieren vor Mädchen mit nassen Haaren, gewagten Kleidchen und Holzschuhen mit Fünfzehn-Zentimeter-Absätzen. Eine Ansage vom Band heißt das Publikum willkommen. Die Eröffnungsmusik ist der Jingle eines amerikanischen Filmstudios. Der Vorhang geht auf. Die Show beginnt mit der internationalen Attraktion Los Bacaras. Drei Trapezkünstler in goldenen Paillettenanzügen klettern auf einen Mast und führen eine Choreographie vor, begleitet von einem Sprecher, dessen Rhetorik darin besteht, die Künstler als übermenschlich, um nicht zu sagen unmenschlich zu bezeichnen. Es grüßen sie unsere Trapezkünstler!, brüllt der Sprecher, während die drei Muskelmänner ihre Körper parallel zum Boden strecken, was rein technisch alles andere als einfach ist, das Publikum aber nicht sonderlich beeindruckt. Gleich darauf erscheinen drei Clowns in Hosenträgern und riesigen bunten Schuhen, viel zu großen Sakkos mit Knöpfen so groß wie CDs und Scream -Totenkopfmasken. Innerhalb von Sekunden erobern sie das Publikum mit stilisierten Gewaltszenen aus alten Zeichentrickfilmen und schlüpfrigen Witzen aus der Samstagabendunterhaltung. Die Kinder lachen durchgehend und prusten bei jedem Witz neu los. Einige haben Tränen in den Augen. Der Ansager kündigt die Jongleure an. Ein Mann kommt herein und wirft Kegel in die Luft, während eine Tänzerin um ihn herumhüpft und die Hüften kreisen lässt. Dazu läuft eine schnelle Eurodance-Nummer. Dália schließt die Augen, hebt die Arme und tanzt im Sitzen. Scheiße, was ist das denn?, schreit sie, und erst jetzt merkt er, dass sie auf Droge ist. Was hast du genommen? LSD, sagt sie mit einem seligen Lächeln. Dann guckt sie plötzlich ernst und reißt die Augen auf, als versuchte sie, sich zu konzentrieren. Er ist genervt, sagt aber erst mal nichts. Plötzlich ist er entschlossen, die Beziehung so schnell wie möglich zu beenden, am besten noch heute Abend. Ihm wird klar, dass er sich weder genug für ihr Leben interessiert, noch die nötige Geduld mit ihr hat. Er glaubt nicht, dass er sie wirklich lieben könnte, jedenfalls nicht für längere Zeit. Er bewundert ihre Zähigkeit und ihre Schönheit, aber sie haben sich nicht viel mehr zu bieten als das, was sie einander bereits gegeben haben. Er hat keine Lust, sich mit Partys und Drogen abzulenken. Wahrscheinlich würden sie sich schon bald hassen. Er greift Dália in die Haare und zieht sie an der Wurzel nach hinten, so wie an dem Abend, als sie sich kennenlernten. Sie mag das, sie hebt lächelnd den Kopf und schnurrt selbstvergessen. Fünf Kegel … Perfekt!, jubelt der Ansager genau in dem Moment, als der Jongleur einen fallen lässt. Er hebt ihn auf und fängt von vorn an. Er wirkt eher gelangweilt als konzentriert. Ein Künstler auf der Suche nach Perfektion!, erklärt der Sprecher. Das Publikum ist mucksmäuschenstill und bricht dann in Applaus aus, als die Nummer klappt. Pablito klatscht zögernd und sieht zu ihm rüber. Hältst du es wirklich für eine gute Idee, LSD zu nehmen, wenn du mit deinem Sohn ausgehst? Sie zuckt mit den Schultern. Wieso, sagt sie und sieht ihn an, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, als hätte jeder Mensch schon mal LSD genommen, wo ist das Problem. Der Jongleur lässt wieder etwas fallen, diesmal sind es Bälle. Oh, nein! Diese Nummer ist sehr schwierig, fast unmöglich! Doch er strebt nach Perfektion! Als Nächstes kommt Jardel, der Vogelmann, der zu New-Age-Musik an Gummibändern von der Decke hängt und sich kreisend auf und ab bewegt. Ein menschlicher Wirbelwind! Der Traum eines jeden Menschen ist

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