Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
Vom Netzwerk:
Gemüt. Der Schmerz im Rücken, die Sorge um Marek. Jetzt musste er also bezahlen. Der Regen schlug gegen die Bleiglasfenster. Sein Haus, sein Heim, von den Fluten hinfortgerissen. Gott sandte ihm seine persönliche Sintflut.
    »Keine Einnahmen, ergo keine Rückzahlung. Causa finita est. Die Sache ist entschieden.«
    Rungholt versuchte tief Luft zu holen, um den Schwindel zu vertreiben. Der stechende Schmerz, der ihm vom Rücken in den Arm fuhr, weckte ihn aus seiner Verzweiflung. Nein. Für ihn war noch nichts entschieden. Noch bestimmte er den Handelsabschluss! Das Geschäft war eine Beleidigung, d’ Alighieris Forderung viel zu hoch, hatte Rungholt sich einst doch das Recht erstritten, als Einziger für den Export und für die Stadt zu brauen. Sobald die Serovere aufs Rad gespannt wären, würde die Brauerei mehr als sprudeln.
    Würde … Sobald … Wenn …
    »Es kann noch Jahre dauern«, fuhr d’ Alighieri fort, der offenbar abermals Rungholts Gedanken gelesen hatte und ihn über sein hochgerafftes Kleid hinweg anblickte, »bis die Serovere vertrieben sind. Jahre.«
    Ich weiß, dachte Rungholt, ich kann die Brauerei nicht so lange am Leben erhalten. Du hast schon Recht …
    »Dieses Geschäft ist eine Beleidigung, d’ Alighieri. Und das wisst Ihr. Ihr erpresst mich mit Euren Zinsen und …«
    Die Tür wurde aufgerissen. Ein Büttel mit krausen schwarzen Haaren stürzte herein. Er hatte dreckige Beinlinge an und eine derbe Heuke aus Hanf. Seine Knie, die durch große Löcher lugten, waren zerschrammt und kotbeschmutzt wie seine Füße, die in groben Holzschuhen steckten.
    »Scheiße!«, fluchte d’ Alighieri. »Nicht jetzt!«
    Schnurstracks eilte der Junge auf d’ Alighieri zu. Er hatte einen Knüppel in der Rechten, doch bloß de Kraih stellte sich ihm in den Weg. Die Prokulanten verzogen sich jeder in eine andere Ecke.
    »Herr! D’ Alighieri, Herr!«, rief der Krauskopf ganz außer Atem.
    »De Kraih, lasst ihn durch. Lasst ihn …«
    Einen Moment wusste der Büttel offenbar nicht, wie er standesgemäß vor d’ Alighieri treten sollte. Der Junge zögerte und sah zunächst Wiesberg zu, der sich hingekniet hatte, d’ Alighieri in den Oberschenkel schnitt und das Blut in einer Schüssel auffing. Der Büttel entschied sich, seinem Herrn einfach ins Ohr zu flüstern, und trat zögernd neben den Medicus.
    Es waren keine guten Nachrichten, denn kaum hatte der Krauskopf ausgesprochen, schlug d’ Alighieri voller Wut um sich. Er traf Wiesbergs Schüssel, und etwas von seinem Blut spritzte auf den Boden.
    »Ihr seid zu dumm, ihr verkackten Nichtsnutze von bescheuerten Nordlichtern! Ein einzelner Mann! Ein Dieb! Und ihr könnt ihn nicht festhalten!? Wie konnte er entkommen?«
    »Er ist durch eine Mauer und … hat uns den Weg versperrt … Dazu der Regen … Wir haben ihn verloren.«
    D’ Alighieri schnappte nach Luft und trat schließlich Wiesberg in die Seite, der verzweifelt versuchte, den Blutfluss zu stoppen.
    »Steht hier nicht rum! Lauft los! Merda, was steht ihr hier rum?«, fuhr d’ Alighieri erst den Jungen an, dann seine Wachen und schließlich de Kraih. »Findet ihn! Geht ihn suchen! Und bezahlt die Wachtmeister, sie sollen die Tore schließen. Er darf nicht aus der Stadt gelangen.«
    Rungholt sah sich das Schauspiel an und hatte mit einem Mal eine Eingebung, die ihn für einen Lidschlag lächeln ließ. Das war es. Das war die Lösung. Die Planke inmitten des Mahlstroms, an die er sich klammern konnte.
    »Wie ich höre«, begann er vorsichtig, »sucht Ihr jemanden?«
    D’ Alighieri winkte ab, als sei sein Wutausbruch nicht der Rede wert.
    »Nun, ich könnte Euch behilflich sein.«
    »Ihr?«
    »Der Rat bittet mich ab und an um Hilfe.« Das war nur halb gelogen.
    »Der Rat … Richtig. Man sagt, Ihr würdet Leichen küssen und mit Eurer Nase Mörder finden … Scheiße, hattet Ihr nicht auch einen Spitznamen …« D’ Alighieri blickte Hilfe suchend zu den Deckenbalken hoch, dann zu den zahlreichen Öllampen. Rungholt fiel sofort auf, dass er bloß so tat, als müsse er sich an den Namen erinnern. »Ligawyi … Ist russisch, nicht?«
    Rungholt brummte lediglich. Er würde d’ Alighieri nicht den Gefallen tun, es zu übersetzen. »Ich finde ihn für Euch, d’ Alighieri. Wenn Ihr bestohlen wurdet, finde ich den Dieb.«
    »Ach.«
    »Und ich nehme an, er hat etwas von beträchtlichem Wert gestohlen.«
    D’ Alighieri sah Rungholt fragend an.
    »Wenn Ihr alle Tore schließt und Wachtmeister bezahlt, hat

Weitere Kostenlose Bücher