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Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Titel: Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaïs Goutier
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erfreut.
    »Es muss ja nicht unbedingt dieses sein. Es ist nur so, dass mit Man Ray und Helmut Newton tendenziell misogyn geprägte SM-Bilder zu sehen sein werden. Zudem die klassischen Bondage-Fotografien von Gilles Berquet und Nobuyoshi Araki. Ich fände die Gegenüberstellung mit Mapplethorpes homosexuellen Protagonisten also ganz gut.«
    Ich blätterte weiter. »Was hältst du zum Beispiel hiervon?«
    Ian starrte auf die Fotografie, die ich ihm hinhielt. Das Schwarz-Weiß-Bild zeigte einen attraktiven jungen Mann in lasziver Pose, möglicherweise ein Selbstportrait des Künstlers. Er war bis zur Hüfte nackt, mit einer Art Schlafmaske über den Augen und mit einem Strick und Handschellen gefesselt. Mich erinnerte das Motiv stark an Darstellungen des Heiligen Sebastians, eine Parallele, die man auch in der Ausstellung gut hätte aufgreifen können.
    »Kommt nicht in Frage!« polterte Ian und ich hätte fast vor Schreck den wertvollen Bildband fallen lassen. »Dieses Bild wird in meinem Museum nicht gezeigt werden!« Seine Augen funkelten erbost und um seine Mundwinkel zuckte es verdächtig.
    »Okay, wie du meinst«, gab ich konsterniert zurück. »Wenn die passive Person eine Frau wäre, hättest du allerdings keine Probleme mit diesen Bildern, vermute ich.«
    »Es geht nicht darum, ob es ein Mann oder eine Frau ist, Ann-Sophie.« Ians Stimme klang schneidend.
    »Offenbar schon, denn gegen meine Auswahl von Newton- und Ray-Fotografien hattest du nichts einzuwenden. Aber ich lasse den Mapplethorpe selbstverständlich weg, wenn du solche Probleme mit seinen Arbeiten hast.« Das hatte schnippischer geklungen, als beabsichtigt.
    »Mapplethorpe war ein begnadeter Fotograf, ich habe kein Problem mit seiner Arbeit. Aber diese schwulen SM-Fotografien will ich in meinem Museum nicht sehen.« Da war er wieder, dieser strenge, keinen Widerspruch duldende Tonfall. Aber gleichzeitig sah ich die kleinen weißen Falten der Anspannung, die sich um Ians Mundwinkel gebildet hatten. Er war richtig aufgewühlt, seine schönen Hände bebten.
    »Was ist los, Ian?« fragte ich sanfter. »Wir diskutieren hier doch nicht nur über Mapplethorpe. Diese Aversion, ist die –.« Ich traute mich kaum, es auszusprechen. »Hat das auch etwas mit Argentinien zu tun?«
    Er schluckte hart. »Ich bin nicht homophob, Ann-Sophie. Aber diese Bilder, die kann ich kaum ertragen.«
    Er erhob sich in dieser dynamisch-eleganten Art, die ihm eigen war, und ich konnte förmlich dabei zusehen, wie sich die Maske der Unnahbarkeit wie eine gut einstudierte Theaterrolle über sein schönes aristokratisches Gesicht legte und jede Gefühlsregung aus seinen Zügen zu verbannen drohte, jede Emotion niederzukämpfen schien.
    Ich legte den Bildband weg. Mein Herz raste.
    »Sieh mich an, Ian. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Bitte sprich mit mir, Liebster.« Es hätte fest und zuversichtlich klingen sollen, aber es klang eher flehend.
    Der innere Kampf, den er ausfocht, war fast mit Händen zu greifen, als er an die Bar trat, um sich einen Whiskey einzuschenken. Erst sah es so aus, als würde er die Flasche an ihren Platz zurückstellen, doch dann überlegte er es sich offensichtlich anders und stellte sie auf den Couchtisch, ehe er am anderen Ende des großen Sofas Platz nahm.
    »Ich sagte ja bereits, Diego war ein wahrer Sadist – er quälte mich zum reinen Zeitvertreib und zu seinem ureigenen Amüsement. Dass er auch homosexuell war, merkte ich erst etwas später.«
    Wieder einmal hatte Ians Stimme äußerlich ruhig und gefasst geklungen und doch blieb mir seine immense innere Anspannung nicht verborgen.
    Oh Gott! Bisher hatte ich angenommen, die sexuelle Gewalt, der Ian während seiner Gefangenschaft ausgesetzt gewesen war, sei von Valentina ausgegangen. Dass man ihn zu schwulem Sex gezwungen haben könnte, war mir gar nicht in den Sinn gekommen.
    Meine Kehle war staubtrocken und mir wurde übel. Mein Bruder war schwul und er war ein sexuell sehr aktiver Mensch, der schwulen Sex seit seiner Jugend leidenschaftlich und äußerst lustvoll praktizierte. Aber die homosexuelle Vergewaltigung eines virilen, heterosexuellen Mannes, das war abscheulich und unfassbar erniedrigend.
    »Ian, es tut mir so leid«, flüsterte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen sollen.
    Doch er ignorierte mich und sprach bereits weiter.
    »Als ich ihm am ersten Abend meiner Geiselhaft die saure Bohnensuppe ins Gesicht spuckte, folterte mich Diego zum ersten

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