noch nicht zu einhundert Prozent von unserem zukünftigen Eigenheim überzeugt haben sollte, hoffe ich, dass der nächste Raum dafür sorgen wird, dass du bleibst.«
Mit diesen Worten öffnete er eine weitere Tür und diesmal kamen mir die Tränen, denen ich schon wegen des Max Ernsts nah gewesen war.
»Das sind ja meine Bücher. Und deine aus London«, brachte ich stockend hervor und trat an eines der deckenhohen dunklen und teils verglasten Bibliotheksregale im Stil des Art Déco, um den Buchrücken meiner alten Dorian-Gray-Ausgabe zu berühren. Ich musste es einfach anfassen, um zu begreifen, dass es tatsächlich hier war und ich nicht träumte.
»Wann hast du die hierher geschafft?«
»Meine schon vor ein paar Tagen, deine heute während der Vernissage«, erklärte Ian schmunzelnd.
»Ich komme mir vor wie im Märchen«, gestand ich gerührt.
Dann erst folgte ich Ians Blick zur Decke. Die Bibliothek war als Oberlichtsaal gestaltet mit Glaselementen im graphischen Stil der 1920er Jahre.
»Das ist die schönste Bibliothek, die ich je gesehen habe.«
»Ich bin froh, dass sie dir gefällt. Ich war nicht sicher, ob ich nicht zu viel wagen würde, als ich deine Bücher herbringen ließ. Ich wollte dich keinesfalls bevormunden.«
Ich trat zu ihm und versiegelte seine sinnlichen Lippen mit einem sanften Kuss.
»Das hast du nicht, Ian, und doch adelt es dich, dass du darüber nachgedacht hast. Du weißt, wie ungern ich mich vor vollendete Tatsachen stellen lasse, aber in diesem Fall liegen die Dinge doch ganz anders. Du bist es doch, der hiermit einen riesigen Schritt vollzieht, der gegen seine ureigenen Prinzipien verstößt, eine große Hürde nimmt und dieses Wagnis eingeht, seinen Lebensentwurf von Grund auf zu ändern. Ich bewundere dich für diesen Mut und ich bin unendlich glücklich, dass du mir, dass du uns so sehr vertraust.«
»Das habe ich von dir gelernt, Ann-Sophie. Du hast mir immer wieder dein unerschütterliches Vertrauen entgegengebracht, obwohl ich dir so oft Anlass zum Gegenteil gegeben habe. Du hast mich nie aufgegeben, obwohl ich dir die dunkelsten Bereiche meiner Seele offenbart habe. Du hast sie mit mir erkundet, ohne Scheu, ohne zu wissen, worauf du dich einlässt und du hast sie mit deinem Licht erhellt, meine Dämonen gebändigt.«
»Ich habe nichts weiter getan, als mich in dich zu verlieben, Ian. Und das habe ich nicht einen einzigen Augenblick bereut.«
Von dem gigantischen Ankleidezimmer und dem spektakulären Marmorbad des Penthouses sah ich an diesem Abend nichts mehr, denn Ian führte mich direkten Weges ins Schlafzimmer.
»Das war ja klar«, sagte ich lachend, als ich das opulente Kingsize-Bett inmitten des sonst leeren Raumes mit der spektakulären Fensterfront zum Mainufer sah.
»Das Bett dient nur Illustrationszwecken zur möglichen Nutzung des Zimmers«, entgegnete Ian mit einem jungenhaften Grinsen, während er an den Nachttisch trat, auf dem ein Sektkühler mit zwei Gläsern bereitstand.
»Illustrationszwecken sagst du? Wie ich dich kenne, dient es eher Demonstrationszwecken, Ian Reed.«
Routiniert entkorkte er den Dom Pérignon und schenkte uns beiden ein.
»Auf dein Wohl, Ann-Sophie, rose of my heart, mistress of my soul, love of my life .«
Und ich sah in seinen wundervollen silberblauen Augen, dass er dafür sorgen würde, dass ich die erste Nacht in unserer gemeinsamen Wohnung niemals vergessen würde.
ENDE
Impressum
Texte: © Copyright by Anaïs Goutier,
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Alle Rechte vorbehalten.
Tag der Veröffentlichung: 21.09.2013
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