Flying Moon (German Edition)
Mädchen für alles und im Grunde unentbehrlich. Ihr könnt ihn immer ansprechen. Wir zeigen euch gleich eure Räume, dann könnt ihr auspacken. Habt ihr noch Fragen?«
Karl und ich schüttelten den Kopf. David nahm Karls Koffer und ging mit ihm nach oben, ich folgte Silvia.
»Mädchen und Jungs schlafen in unterschiedlichen Fluren«, erklärte sie, während wir die Treppe hochgingen. Ich sah mich um. Es war ein altes Gebäude und lange nicht mehr renoviert worden. Die schmuddeligen Wände, der graue Linoleumboden und die trübe Beleuchtung schlugen mir etwas auf die Stimmung. Wir gingen einen langen öden Gang hinunter, dann hielt Silvia vor einer grauen Tür.
»Voila, dein Zimmer!«
Es war klein und schmal. An den Wänden standen zwei Holzbetten mit weißem Bettzeug, zwei Nachttische, zwei Spinde. Neben der Tür war ein Waschbecken, darüber ein Spiegel mit Neonröhre. Die Einrichtung war mehr als bescheiden. Der Blick ging auf den Hof. Es begann zu dämmern, große Neonlampen schalteten sich zuckend ein, ein fahles Licht fiel ins Zimmer.
»Die bleiben leider die ganze Nacht an!«, sagte Silvia, als ich aus dem Fenster sah. »Du wohnst hier mit Krista. Sie kommt morgen mit dem Auto. Sie hat heute einen Sperrtag wegen einer Familienfeier.«
Sie musterte mich unschlüssig. »Willst du duschen? Ich zeige dir gerne noch die Waschräume.«
Sie führte mich den Gang hinunter zu einem hellblau gekachelten Raum mit Sammelduschen. Als wir zurückliefen, hielt sie vor einer weiteren Tür.
»Und hier, zwischen dem Jungen- und Mädchenflur ist der Aufenthaltsraum. Schau mal!«
In dem quadratischen Raum standen ein paar Stühle, ein Tisch und ein altes Sofa. Sie ging auf eine Balkontür zu und schob einen vergilbten Vorhang zur Seite.
»Wenn´s dir im Zimmer zu eng wird, kannst du hier die Aussicht genießen.«
Sie öffnete die Balkontür und winkte mich nach draußen. Felder und Wiesen erstreckten sich bis zum Horizont. In der Dämmerung verschwamm alles zu weichen Farbfeldern. Ich atmete tief ein und sah über die Felder. Es roch nach Natur und Land. Der Anblick war eine Entschädigung für die Trostlosigkeit des übrigen Gebäudes. An Silvias Gürtel begann es zu knacken und zu knistern, dann schnarrte eine Stimme über ein Sprechfunkgerät.
»Silvia für Uli.«
»Ich muss wieder runter. Kommst du klar?«
Ich nickte.
Wieder auf dem Zimmer rief ich zu Hause an, sagte, dass ich gut angekommen sei und schickte eine SMS an Sophia und Johann. Ich warf ich mich aufs Bett und sah an die Decke. Keine Musik für eine Woche. Von meiner Gage würde ich mir als erstes einen iPod kaufen.
Etwas später klopfte Silvia noch mal an und brachte mir einen Teller mit Obst, Broten und Keksen und eine Flasche Mineralwasser.
»Dein Abendbrot!«
»Wow, danke, Silvia!«
Sie deutete aus dem Fenster. »Wenn du noch mehr willst - Der Cateringwagen von Benno steht hier gleich neben dem Haus.«
»Ist schon okay!«
Ich hatte nicht die allergeringste Lust im Dunkeln noch einmal raus zu gehen. Ich musste mir eingestehen, dass ich es schon gruselig genug fand, hier allein im Zimmer zu liegen.
»Kommen die anderen Mädchen auch später?«
»Babsie und Saskia kommen übermorgen.«
Silvia zog ein paar zusammengefaltete Blätter aus der Gesäßtasche ihrer Jeans, faltete sie auf und strich sie glatt. »Hier, hätte ich fast vergessen. Deine Dispo.«
»Dispo?«
Sie ließ sich neben mich auf das Bett fallen.
»Ach ja, ist ja dein erster Dreh. Also, hier steht das Datum von morgen und darunter sind die Szenen, die drankommen. Du spielst mit der Heimleiterin, den Jungs und 30 Komparsen im Speiseraum des Heims im Hauptgebäude. Dann hast du die Szene auf dem Zimmer mit Krista. Drehbeginn ist um 8 Uhr. Um 7.15 bring ich dich in das Kostüm, um 7.30 in die Maske. Ich kann dich ja um halb 7 wecken, wenn du magst, dann kannst du noch frühstücken.«
»Okay.« Sieben war mörderisch.
Silvia stand auf. »Wenn du was brauchst, ruf mich an, meine Nummer findest du in der Dispo.«
Sie stand auf und stapfte zur Tür; dann drehte sie sich noch einmal kurz um und lächelte.
»Bis morgen.«
Ich übte meinen Text und versuchte zu schlafen, aber ich war viel zu aufgeregt. Schließlich knipste ich das Licht wieder an und zog mein Handy heraus. Zuhause ging niemand mehr ans Telefon, und auch bei Sophia meldete sich nur die Mailbox. Für einen Moment überlegte ich, es auch bei Johann zu versuchen, doch dann entschied ich mich dagegen. Das Zimmer kam
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