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Föhn mich nicht zu

Föhn mich nicht zu

Titel: Föhn mich nicht zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Serin
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ich mich mit Alexej, dem bisher zweitstärksten Schüler
     der Gruppe, genauso gut verstehen würde. Bis zu diesem Zeitpunkt war es zwischen uns beiden eher schlecht gelaufen. Vielleicht
     würde er sich nach Murats Weggang bei mir rächen wollen.
    Raum 020, Dienstag, 11.51   Uhr, 5.   Stunde, Geschichte 8b
    Burak: Könn wir heute Film gucken?
    Ich: Wieso sollten wir?
    Burak: Wegen Weihnachten.
    Ich: Bis dahin sind es noch zwei Wochen.

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Lieber nicht immer ehrlich sein
    Tage und Nächte schlägt man sich als Referendar mit dem Verfassen von Unterrichtsentwürfen um die Ohren, die zu jedem Besuch
     der Haupt- oder der Fachseminarleiter anzufertigen sind, im Schnitt vier- bis sechsmal pro Halbjahr.
    Unter einem Unterrichtsentwurf versteht man eine ausführliche schriftliche Ausarbeitung der Stundenplanung, die zehn bis zwanzig
     Seiten umfasst und in etwa folgende Punkte beinhalten muss: Worum geht es? Was kann die Klasse und was noch nicht? Welche
     Verhaltensauffälligkeiten wurden bisher bei den Jugendlichen diagnostiziert? Wie lieb haben sich Lehrer und Schüler und die
     Schüler untereinander? Was sollen die Schüler lernen? Wie wird dieser Lernzuwachs erreicht?
    Entscheidend ist natürlich nicht, ob die Schüler nach den fünfundvierzig Unterrichtsminuten tatsächlich klüger und kompetenter
     sind, sondern dass die Ausbilder dies annehmen, sei es auch nur deswegen, weil die Jungen und Mädchen zu Beginn der Stunde
     vom Referendar dümmer präsentiert werden, als es ihrem eigentlichen Lernstand entspricht. Und darum müsste man zu jedem Unterrichtsbesuch
     eigentlich zwei Entwürfe schreiben: einen für die Seminarleiter und einen ehrlichen für sich selbst. Beide Fassungen haben
     nur bedingt etwas gemein, wie folgendes Beispiel einer Vorführstunde im Fach Geschichte zu illustrieren vermag:
    |108| Unterrichtsentwurf für das Fach Geschichte (Klasse 9)
    Die «Serbische Frage» – unvermeidbare Kraftprobe der Bündnisse?
     
    Sachanalyse und didaktische Reduktion
     
    Die «Serbische Frage» bezeichnet die infolge des Attentats am habsburgischen Thronfolger durch den Serben Gavrilo Princip
     (am 28.   Juni 1914 in Sarajevo) sich zuspitzenden Spannungen zwischen Dreibund (Österreich-Ungarn, Deutschland, Italien) und Tripelentente
     (Russland, England, Frankreich), die einen Monat später zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führten. Als Gegenstand für diese
     Stunde soll der Konflikt exemplarisch an drei Quellen aus den Jahren 1913/​1914 herausgearbeitet werden.
    Unterrichtsvoraussetzungen
    Allgemeine Voraussetzungen
    Tatsächlicher Entwurf
     
    Die 9b besteht aus fünfundzwanzig Schülern (dreizehn Jungen und zwölf Mädchen). Ich unterrichte die Lerngruppe seit Schuljahresbeginn
     mit drei Stunden Geschichte in der Woche. Als ich die Schüler übernahm, begegneten sie mir mit offener Ablehnung, da sie mit
     Lehrern im Allgemeinen und dem letzten Geschichtskollegen im Besonderen sehr schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Hinzu kam
     das nahezu feindselige Klima zwischen Jungen auf der einen und Mädchen auf der anderen Seite, das sich selbst in der Stunde
     in offener Gewalt manifestierte. Doch die Schüler haben schnell gemerkt, dass ich sie als Individuen mit eigener Persönlichkeit
     ernst nehme |109| und ihnen zuhöre. Gemeinsam haben wir zunächst die Ursachen der Unterrichtsstörungen und intersozialen Spannungen ermittelt.
     Anschließend habe ich, wie von Ihnen, Herrn Schubert und Frau Stahl, in den Ausbildungsseminaren empfohlen, die Schüler Regeln
     für den Umgang im Klassenraum erarbeiten und nach einer Abstimmung schriftlich auf einem Plakat fixieren lassen. Während an
     geregelten Unterricht in der Anfangszeit nicht zu denken war, ist das Lernklima nun, zwei Wochen später, sehr produktiv.
     
    Ehrlicher Entwurf
     
    Ich unterrichte die 9b seit Schuljahresbeginn mit drei Stunden Geschichte in der Woche. Die Größe der Lerngruppe ist aus mehreren
     Gründen nicht definitiv zu bestimmen. Laut Klassenbuch handelt es sich um fünfundzwanzig Schüler. Allerdings habe ich auch
     nach einem Dreivierteljahr immer noch nicht alle kennengelernt. Zudem variiert die Zahl der Schüler im Verlauf einer Unterrichtsstunde
     erheblich. Ihren Zenit erreicht sie nach etwa zehn Minuten, wenn die letzten Zuspätkommer eingetroffen sind. Danach fällt
     sie wieder ab, aufgrund der Schüler, die von mir des Raumes verwiesen werden, beziehungsweise derjenigen, die gegen meinen
     Willen den Raum

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