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Föhn mich nicht zu

Föhn mich nicht zu

Titel: Föhn mich nicht zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Serin
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Referendariat bin, fasse ich dich aber noch recht oft
     an. Du solltest mal Gustav sehen.» Gustav war ein fiktiver Referendar aus meinem Hauptseminar, den ich immer ins Feld führte,
     wenn ich jemanden brauchte, dessen Beziehung noch schlechter lief als meine. Allerdings hätte ich auch André, Lutz und Thomas
     ins Spiel bringen können, die mit ihrer Freundin überhaupt nicht mehr zusammen waren. Aber von Trennung fing ich besser nicht
     an, um Melanie nicht auf dumme Gedanken zu bringen.
    «Mach du mal Referendariat!»
    «Weißte, ich kann es nicht mehr hören! Referendariat hier, Referendariat dort. Am Anfang hast du mir versichert, dass es mit
     der Zeit besser wird. Und was hat sich geändert? Du sitzt noch genauso lange am Unterricht wie zu Beginn.»
    «Kann ick was dafür, dass ick jetzt bis auf die Elfte in Französisch nur neue Klassen habe, dass ich zehn Stunden habe, obwohl
     eigentlich nur acht zulässig sind? Oder für die Vertretungsstunden. Kann ick was dafür, dass die Geschichtslehrbücher so schlecht
     sind? Und dass sich Geschichte so schwer vorbereitet. Ruf doch mal die anderen aus meinem Seminar an! Frag die mal, ob |218| die schneller sind. Ob die vor mir im Bett sind. Frag mal André. Und der hat nicht Geschichte.»
    «Ich bin mit dir zusammen und nicht mit den andern. Du hast auch eine Verpflichtung mir gegenüber, nicht nur gegenüber Herrn
     Schubert, Frau Stahl und deinen Schülern.
Ich
bin deine Freundin.»
    Am meisten regte es mich auf, dass sie ihren Vorwurf und ihre Enttäuschung so ruhig vortrug. Als solle mir ihr zurückgenommener
     Ton die Überlegenheit ihrer Argumente signalisieren.
    «Ja, aber du wusstest vorher, dass das eine harte Zeit wird. Das hatten wir diskutiert. Und du hattest mir versprochen, mich
     zu unterstützen. Ich werde dich schließlich auch unterstützen, wenn du deinen Facharzt machst.»
    «Was mach ich denn bitte seit über einem Jahr? Ich koch dir regelmäßig dein Essen, besorge deine Einkäufe, putze, obwohl ich
     nicht hier wohne. Ich wasche deine Wäsche. Ich pflege dich, wenn du krank bist. Ich tröste dich, wenn deine Lehrprobe schlecht
     gelaufen ist. Wenn du betrübt bist, weil die Schüler scheiße sind.»
    «Ja, aber das nützt mir nichts, wenn du mir deswegen dauernd Vorwürfe machst und mich nicht schlafen lässt. Dann brauchste
     mich auch nicht zu unterstützen.»
    Eigentlich war dieses Argument so gut, dass Melanie darauf keine Erwiderung finden konnte. Sie fand, nach einer kurzen Pause,
     dennoch eine:
    «Trotzdem! Auch wenn das Referendariat eine extreme Zeit ist. Du musst lernen, dir Grenzen zu setzen. Dass auch mal Schluss
     ist mit Schule. Wie soll dir das später gelingen, wenn du sechsundzwanzig Unterrichtsstunden hast? Denkste, da ist das einfacher?
     Das ist bestimmt nicht weniger Arbeit. Außerdem kannste noch so viel tun, eine gute Note garantiert dir das auch nicht. Herr
     Schubert hält doch sowieso nicht viel von dir. Was machste, wenn du trotz all der Arbeit nur ’ne Drei bekommst? Was is’n dann?»
    |219| «Drei wäre okay. Hauptsache bestehen!»
    «Haha. Dit möchte ick sehen. Heul’n wirste!»
    «Gar nicht!»
    «Is mir auch egal, ob Drei, Eins oder Durchgefallen. Ich will einfach, dass du mir auch in schwierigen Phasen hin und wieder
     zeigst, dass unsere Beziehung, dass ich dir wichtig bin.»
    Wir schauten jetzt beide zur dunklen Decke.
    «Seitdem du im Referendariat bist, haben wir nichts mehr unternommen.»
    «Wieso? Wir haben doch
Little Miss Sunshine
gesehen.»
    «Das ist ein Jahr her.»
    «André war gar nicht im Kino.»
    «Jetzt hör endlich mit André auf! Oder mit Gustav oder wie die alle heißen!» Melanie klang das erste Mal gereizt. Vielleicht,
     so überlegte ich, sollte ich jetzt besser einlenken, ihr irgendetwas versprechen, damit unser Streit nicht eskalierte und
     ich gar nicht mehr zum Schlafen kam.
    «Gut, dann gehen wir halt   …»
    «Und Sex hatten wir genauso lange nicht mehr.»
    Typisch. Wenn man ihr die Hand reichen wollte, wechselte sie einfach das Thema. So, als sei sie gar nicht an einer Versöhnung
     interessiert.
    «Du weißt doch, dass das auch hier sehr hellhörig ist!»
    «Wenn wir bei mir sind, ist das auch nicht anders.»
    «Und du weißt auch, dass ich oft krank war. Aber ich verspreche dir, dass wir mal wieder Sex haben. Am Wochenende. Ist das
     für dich okay?»
    «Du hast sowieso nicht den Kopf frei. Dann kannste doch wieder nicht.»
    «Doch! Ich kann! Versprochen!»
    Ich wusste

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