Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
Dämmerstunde gesagt, der Stunde vor dem Abend, in der der Schnaps
zu trinken war. Jetzt verstand sie den Kult, der darum herum gemacht wurde, was
damit gemeint war. Ganz glücklich saß sie da, nicht reden, nur sein.
In ihrem
Hochgefühl, das sie mit anderen teilte, bemerkte sie die Veränderung im Raum erst
durch die Stille, die um sie herum entstanden war. Es war anders, sie musste sich
konzentrieren, wo sie war. Die Menschen waren noch alle da, doch Gary war nicht
mehr neben ihr, er stand mitten im Raum, von ihm zum Eingang war eine leere Gasse,
in der Tür stand ein uniformierter Polizist, Stadtpolizei. Neben ihm stand ein Mann
in hüftlanger, dunkelbrauner Lederjacke, Pamela wurde stocknüchtern, Nils Rebmann.
Draußen waren Helme der Bereitschaftspolizei zu erkennen. Von ihrem Sitz aus beobachtete
Pamela die fließende Bewegung zwischen den Menschen vor ihr, sie mochte von der
Tür aus kaum auszumachen sein. Die Frauen standen wie durch Zauberei alle vor der
Theke, reichten Dinge weiter, die von vorn zu ihnen kamen und hinter der Theke in
einem Korb landeten, Schlagringe, Messer, Fünfsterne, Revolver. Ein paar der Männer
bewegten sich fast unmerklich hinter diese Wand der Frauen und schlüpften gleich
neben Pamela durch die schmale Tür nach hinten in den Korridor, mit ihnen der Korb.
Die Leute im Raum bewegten sich in die eine oder andere Richtung, scheinbar ziellos
– und doch schienen alle an dieser Bewegung mitzuwirken.
Gary stand
breit da. »Ich bin der Wirt hier, bei mir ist’s sauber. Was soll das, wozu habt
ihr eure Truppen aufgezogen?«
»Personen
und Drogenkontrolle.« Es war der Uniformierte. »Ihr seid wieder einmal dran, reine
Routine.«
Gary erwiderte
scharf: »Und die draußen, wollt ihr uns provozieren oder was? Hier ist keine Schlägerei,
hier werden keine Drogen konsumiert und nicht gehandelt. Ihr seid nicht unsere Feinde,
wir haben keine Scherereien mit der Polizei!«
Nils Rebmann
trat in den Raum, seine Halbschuhe glänzten, seine Lederjacke wirkte hier drinnen
über dem offenen weißen Hemd und der grauen Flanellhose provozierend. Herrisch sah
er sich um. Pamela dachte, er genießt es.
Nils redete
befehlsmäßig, betont emotionslos: »Dann habt ihr auch nichts gegen eine Kontrolle.
Sagen wir einmal, wir haben eine Anzeige erhalten, hier werde gedealt. Dem müssen
wir nachgehen, man hätte kein Verständnis, wir ließen ausgerechnet bei euch etwas
durchgehen. Schließlich habt ihr offiziellen Dienst beim kommenden Spiel im Stadion,
da können wir alle nur hoffen, dass es eine Fehlanzeige ist, sonst geht euer Auftrag
den Auspuff raus. Die Begleitung ist da, weil wir euch kennen. Also macht uns keine
Schwierigkeiten.«
Gary war
empört, »Das gibt’s doch nicht! Das hast du dir ausgedacht, Wichser, du weißt genau,
das wissen alle, wer bei uns kokst oder dealt ist raus.«
Es war offensichtlich,
Nils genoss es: »Dann hast du ja nichts gegen eine Kontrolle, die Anzeige ist da.
Und wenn wir etwas finden, kriegst du obendrein eine Anzeige wegen Beleidigung.«
Gary regte
sich auf, redete kontrolliert gefährlich: »Mein Wort gilt also plötzlich nichts!
Wenn ihr etwas findet, werfe ich den, der es war, eigenhändig ins Wehr, ihr könnt
ihn dort dann abholen. Findet ihr nichts, dann nimmt es mich Wunder, wer uns das
angehängt hat! Ich werde es herausfinden.«
Das Letzte
hing als Drohung in der Luft.
Die Kontrolle
verlief ohne weitere Zwischenfälle. Alle hatten irgendeinen Ausweis bei sich, Pamela
war von der Kontrolle überrascht, noch nie hatte sie dies erlebt. Fast verwirrt
suchte sie in ihrer Tasche, fand im Portemonnaie die Identitätskarte und ihren Krankenkassenausweis.
Den Führerschein, an den sie zuerst gedacht hatte, verwahrte sie zur Sicherheit
im Handschuhfach des Volvos auf, den Pass in der Schublade des Kleiderschranks.
Als der Polizist sie überprüfte, bemerkte auch Nils Rebmann, dass sie da war. Pamela
fragte sich spontan, ob seine Überraschung geheuchelt sei.
»Pamela,
was tust denn du hier!«
Sie konnte
nicht anders: »Genau das frage ich mich bei dir auch.« Jetzt lachte sie und wusste,
das konnte Nils in diesem Moment überhaupt nicht. Doch jetzt fragte sie sich wirklich,
was taten er und seine Leute hier wirklich? Dass es seine Leute waren, war ersichtlich,
also war er kein einfacher Fahnder, ein Einsatzleiter. »Aber im Ernst, sehe ich
oder sieht irgendjemand hier nach Drogen aus?« Endlich ging ihr ein Licht auf, wo
war Darko. Darko, der Drogenhund. Er
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