Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
Anschluss wie auch sein Büro abhörsicher waren. Sie hielt sich kurz: Francis
war heute Morgen brutal verprügelt worden. Sie musste Tizian so rasch als möglich
sprechen. Eine Bank auf der Münsterplattform wäre ideal für ein Treffen; damit würde
es privat wirken und seine Frau Luisa lasse sie grüßen.
Tizian war
schon vor ihr da. Er kam ihr entgegen, zog sie an sich, drückte ihr einen langen
Kuss auf die Wange und meinte: »Reicht das für das Private?« Er zog sie auf die
Bank und setzte sich eng neben sie. Doch jetzt redete er leise und verärgert: »Verdammt,
Pamela, das hat mir gerade noch gefehlt! Ich bin dabei, die höchste Sicherheitsstufe
hochzuziehen, damit wir schon nur die Möglichkeit eines Großanschlags ausschließen
können.« Pamela schwieg. Er redete präzis: »Dieser Junge, Francis, treibt sich in
Gebäudeteilen des Stadions herum, von denen ich überhaupt nichts wusste. Wir hatten
ihn wieder auf den Kameras, dann war er verschwunden. Du sagst mir jetzt, was dort
geschehen ist und was du sonst noch weißt, dann kannst du sagen, was du von mir
willst. Du willst doch etwas.« Tizian rückte auf der Bank etwas weg, schaute sie
abschätzend und relativ hart an.
Pamela fasste
nach Tizians Hand, es sollte für wen auch immer nach Vertrautheit aussehen. Dann
erzählte sie von Francis, von Josy, von Kalla und den Plänen des Stadions, von Josys
erweiterten Nachforschungen, von der Skatrunde im Schweizerhof, von den belauschten
Gesprächen und von Maudes Gefährdung. Was sie von Tizian wollte? Es ging doch darum,
dass sie es nicht wagen konnten, mit dieser schmalen Faktenlage zur Polizei zu gehen,
denn natürlich hatte Francis die Prügelnden nicht erkannt und alle anderen Angaben
stammten von einer Minderjährigen. Was hielt Tizian von einem Zeugenschutzprogramm?
Er könnte dies doch veranlassen, für Francis wie für Maude. Jetzt lehnte sie sogar
den Kopf an seine Schulter. Tizian rückte etwas zur Seite, fast hätte sie gelacht,
doch so meinte sie nur trocken: »Pass auf, dass du nicht von der Bank fällst.«
Nein, die
Namen der Mitglieder der Skatrunde gefielen Tizian überhaupt nicht. »Man darf nicht
voreilig Dinge zusammenhängen, die möglicherweise nicht zusammengehören. Da muss
man vorsichtig sein. Es zeigt nur, wie gut verankert dieser Kalla ist. Wenn es denn
wahr wäre, was dieses Mädchen sagt, könnte Francis Berry in einer Privatfehde unterwegs
sein, die aus dem Ruder gelaufen ist.« Pamela schaute erwartungsvoll in sein Gesicht,
»Also doch Polizei?«
Tizian schüttelte
den Kopf, wirkte angespannt, suchte auch mit Gesten zu fassen, was er meinte: »Der
Zeitpunkt ist völlig daneben: Dass Kalla dermaßen die Nerven verliert, gefällt mir
nicht; dass er einen nicht offiziellen Teil des Stadions gebaut haben soll, liegt
jenseits des Zulässigen und wenn er ausgerechnet mit diesen Personen zusammentrifft,
ist das doch das allerletzte.« Er zählte auf: »Der eine verfügt über großen Einfluss
im Militärdepartement und im Generalstab, der andere ist eine graue Eminenz im Bundeshaus
und die Frau Professor führt ihre Klinik und ist eng mit dem Labor in Spiez verbunden,
dazu hat sie beste Medienkontakte!« Tizian schwieg, überlegte. Endlich wiederholte
Pamela: »Also doch Polizei?« Wie Tizian noch immer schwieg, ergänzte sie: »Nur dank
Garys Dazukommen haben sie Francis nicht totgeprügelt.« Fast verzweifelt hob Tizian
die Hände. »Und dann noch dieser Küfer! Dass du ausgerechnet dem vertraust, er ist
Chef eines Sicherheitsdienstes, der sich aus Rockern rekrutiert, er selber ist ein
Rocker! Du weißt, was Rocker sind? Schläger und Dealer!« Pamela wehrte sich energisch:
»Gary Küfer erlebe ich als korrekt. Es sind zwei seiner Leute, die Francis zusammengeschlagen
haben. Damit hat er nichts zu tun. Er weiß noch nicht, ob sie außerhalb der Regel
in Kallas Dienst stehen. Das hat er mir gesagt. Es wäre ein Regelverstoß. Er war
es auch, der meinte, ich solle dich um das Zeugenschutzprogramm bitten.«
»Pamela!«
Tizian war beleidigt. »Du bist nicht so naiv und Küfer hat dich nicht zu mir geschickt,
weil er in diesem Fall an ein Zeugenschutzprogramm glaubt. Dafür geben deine Fakten
zu wenig her. Doch er kennt Kalla. Wer Kalla kennt, weiß, dass deine Fakten stimmen.
Er hat dich geschickt, weil seine Möglichkeiten irgendwo an rechtliche Grenzen stoßen
und weil er sich denkt, ich könne da irgendetwas tun. Kannst du dir das vorstellen?«
Pamela schluckte, hob fragend die
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