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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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in jedem Fall. Dann ist die Begegnung jetzt nicht
so wichtig.
    Vielleicht
ist es auch so, wie Pamela meint. Dass meine erste große Liebe besser eine Schwärmerei
bleibt. In meinem Herzen verschlossen. Den Idealen meines Alters entsprechend. Will
ich überhaupt erwachsen werden, wenn diese Ideale dann nicht mehr wichtig sein sollen?
Das ist das eine. Das andere: Dass ich nie und nimmer akzeptieren werde, dass Menschen
wie mein Vater mit ihrem Machtspiel in der materiell existierenden Welt die Realität
nach ihrer Vorstellung formen. Doch was folgt daraus? Dass ich auf eine einsame
Alp ziehe und Sennerin werde, bei einer Herde von Hörner tragenden Kühen? In Verbindung
mit den unverfälschten Realitätsebenen einer abgeschiedenen Alp. Im Wissen, dass
im Winter die Heli-Skifahrer einfallen wie außerirdische Zerstörer, die Gämsen und
Steinböcke aus ihren Ruheplätzen aufschrecken, in den Tod jagen.

8
Countdown
     
    Freitag
    Ich sehe
mich handeln und bewundere mich. Das ist es, was den idealen Menschen ausmacht:
Sein Ich verschmilzt mit seiner Aufgabe und dadurch mit der Größe seiner Organisation.
Er hat sich total unter Kontrolle, hat den absoluten Überblick über alles, was mit
seinem Auftrag zusammenhängt. Er bewegt sich unauffällig in seinem Umfeld als ein
Unterchef einer Drogenabteilung, in jeder seiner Bewegungen seiner Umgebung angepasst.
Er ist sich der Vernetzungen bewusst, die um ihn herum existieren. Ich bin Panther.
Ich habe mich informiert, unauffällig und doch schon als Mitwissender erkennbar.
Mein Marsch durch legale und parallele Institutionen ist erfolgreich. Man ist dabei,
mich allmählich offiziell einzubinden. Auf jeden Fall ging mein Denken in die richtige
Richtung, meine Vermutung hat sich bestätigt: Bei jenem Fußballspiel wurde gezielt
ein geschlossener Abschnitt des Stadions einer kleinen Menge von Psychodrogen ausgesetzt,
die bei vorhandener Disposition aggressionsfördernd wirkten. Dies war nicht bloß
ein Feldversuch. Ich erkenne die Koordination mit dem morgen stattfindenden Großereignis,
»meinem« Anschlag. Ich bewundere den großen Plan und bin stolz, dazu beizutragen.
Heute ist nicht der Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen. Heute hat er sein
Ziel im Auge. Was damit in Berührung kommt. Die Frage ist, wenn dieses Weichei Berry
vermisst wird, kann er sich irgendwo herumtreiben, zum Beispiel auch wieder im Stadion.
Er kennt die geheimen Gänge, die auch ich zuvor nicht kannte. Dank diesem verdammten
jungen Narren kennt sie allmählich jeder Trottel, zum Beispiel Füssli.
     
    Josys Notebook
    Lucius sah
mich von der Seite an, zog ein schiefes Gesicht. Es konnte nicht sein, dass seine
Augen lachten. Und er hat ja so was von Recht. Wenn es dir am allerdreckigsten geht,
wenn du meinst, du bist zerbrochen, entzwei, irreparabel wie eine Puppe, die jemand
zersägte. Zerstört. Wenn du meinst, tot zu sein. Dann bist du es nicht. Wenn du
verzweifelst, weil der Verlust zu groß ist, wenn du das alles aufgezählt hast und
tief unten bist, dann hast du noch einen Funken Verstand. Der sagt dir nämlich,
dass du beginnst, dieses Gefühl zu zelebrieren, dich darin wälzt, es genießt. Dann
weißt du, dass du lebst und etwas ganz Dummes tust. Selbstmitleid. Das bringt dich
nirgendwo hin, und je länger es andauert, desto tiefer versinkst du. Wenn dir sowieso
alles gleichgültig ist und du nichts mehr tust, kannst du geradeso gut etwas für
jemand anderes tun. Du hast ja Zeit. Also, Mädchen, streng dich an. Wir sind gestartet.
Wir brauchen den Zugang zum Sicherheitssystem der Klinik. Du bist mit im Boot.
     
    Pamela wusste es von Tizian: Jedes
Spital verfügte für den Fall einer Strompanne über eine Notstromversorgung. Diese
schaltete sich automatisch selbst ein, damit kein medizinisches Gerät auch nur den
Hauch eines Wackelns abkriegte. Tizian hatte mit Stolz darauf hingewiesen, dass
heute noch immer von der Supervorsorge des Kalten Krieges profitiert werde. Um für
alle Fälle gerüstet zu sein, gehe man von einem sehr langdauernden Ausfall aus.
Also werde jeder nicht lebensnotwendige Stromverbrauch abgehängt. Das hieß, bei
Stromausfall wurde auch das Sicherungssystem der Klinik zunächst automatisch mit
Notstrom versorgt, doch dann schaltete es sich ab, wenn man es nicht von Hand bediente.
Nach Vorschrift öffneten sich die automatischen Tore und Schranken von selbst und
blieben dann offen oder sie mussten von Hand bedient werden, das nächtliche Falttor
zum Parkhaus musste

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