Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
System. Sie parkte exakt neben dem Kombi. Gary
begrüßte Francis mit einem Schlag auf die Schulter, der ihn zusammenzucken ließ.
Das Fahrrad wurde umgeladen. Pamela umarmte Francis, ganz kurz, es sollte kein großer
Abschied sein. Sie gab sich alle Mühe: »Ich bin froh, dass ich dich kenne. Du wirst
es schaffen.« Francis schaute sie bloß an. Sie murmelte: »Mach’s gut.« Jetzt schossen
ihr doch die Tränen in die Augen. Rasch wandte sie sich zu Gary, der ihr freundschaftlich
auf die Schulter klopfte: »Möglichst wenig Sentimentalitäten, ist für alle einfacher.
Wir müssen sowieso rasch hier heraus, sonst musst du für dein Parkticket bezahlen.
Es läuft alles bestens. Du hältst dich genau an den Plan, machst alles wie besprochen.
Die Autos werden dort sein. Sie haben Gewitter angesagt, hinter Wimmis könnte es
schwere Unwetter geben. Falls das Wasser bei der Brücke schon sehr hoch kommt, gehst
du nicht darüber, erledigst alles von dieser Seite. Vergiss nicht, einer begleitet
dich. Im Notfall hast du seine Nummer. Pass auf dich auf!« Francis war schon eingestiegen,
Gary fuhr los. Die letzte Erinnerung an Francis war sein Gesicht. Er versuchte,
sie anzulächeln, doch den Kopf drehte er nicht mehr.
Rasch stieg
auch sie in ihr Auto, fuhr aus dem Parkhaus, wobei sie Gary nicht mehr einzuholen
vermochte. Sie sah nur noch knapp die Schlusslichter und das Heck des grauen Autos.
Als sie die Ausfahrtschranke erreichte, waren sie schon weg.
Pamela fuhr
ins Bahnhofsparking, stellte das Auto ab und holte in der Bahnhofsapotheke eine
Schachtel Kopfwehtabletten. Sie fuhr nach Hause. Jetzt war sie allein. Francis war
unterwegs nach irgendwo. Sie würde ihren Teil dazu beitragen, dies zu vertuschen.
Lucius war noch nicht da. Nach der großen »Dislozierung« Maudes von heute Morgen
war er mit dem Zug nach Zürich gefahren, um Freunde zu treffen. Das wird sein Tun
vom Morgen halbwegs verschleiern. Vor allem könnte er nicht mit Francis’ Verschwinden
in Verbindung gebracht werden, von wem auch immer. Gegen Mitternacht würde er zurück
sein. Pamela setzte sich ans offene Fenster im Wohnzimmer. Dunkle Wolken türmten
sich am Himmel. Von fern war Donnergrollen zu hören. Es klang, als käme dieses von
Osten, aus dem Emmental vielleicht.
Sie mixte
sich eine Bananenmilch mit Zwieback und Zucker. Sie stärkte sich für den Abend.
Morgen,
wenn sie Francis zu suchen begänne, würde sie mit allem Drum und Dran den Abend
mit Francis’ Migräne beschreiben. Diese Fehlangabe war wichtig. Keiner käme auf
die Idee, dass er ein paar Stunden früher die Grenze passiert hätte. Ihre Geschichte
würde sie der Schule, den Freunden, der Polizei, den Verwandten gegenüber immer
auf dieselbe Weise erzählen, auch Maude gegenüber, falls diese je wieder zu sich
käme. Durch das ständige Wiederholen würde sie es schließlich selber glauben: Sie
habe Francis zum Training gebracht, doch er habe über Kopfschmerzen geklagt. Sie
habe im Auto auf ihn gewartet. Sie habe dazu ein Buch mitgenommen und darin gelesen,
italienische Gärten der Renaissance. Doch Francis habe kein Training gemacht und
sei nach einer Viertelstunde schon wieder zurückgekommen. Sie hätten in der Bahnhofsapotheke
noch Tabletten gekauft. Zuhause habe Francis eine Banane gegessen und Pfefferminztee
getrunken, er habe sich hingelegt. Ihre Meinung sei gewesen, nach dem Zusammenstoß
mit diesen Schlägern leide er an einer Migräne. Sie sei sehr besorgt gewesen wegen
dieses Vorfalls. Zur Sicherheit und Beruhigung habe sie ihm ihren Revolver gegeben.
Sie sei noch einmal nach oben gegangen, mit einem Joghurt und einem geriebenen Apfel,
habe ihm Tee hingestellt, Krankenkost. Dann hätten die Tabletten gewirkt, er sei
etwa um 19 Uhr eingeschlafen. Da hätte es schon heftig geregnet. Da sie nicht überbesorgt
sein wollte, sei sie ins Kino gegangen. Im Bubenbergkino habe sie sich den Film
mit Tom Hanks angesehen. Nach der Vorstellung sei sie durch das heftige Gewitter
wieder nach Hause gegangen. In der Zwischenzeit sei auch ihr Vater nach Hause gekommen.
Sie seien noch zusammengesessen. Sie hätten angenommen, Francis schlafe. Erst am
Samstagmorgen habe sie ihn vermisst. Da habe sie aber gleich auch seinen Brief gefunden.
Erst etwas später habe sie festgestellt, dass das Rad weg war.
*
Um 19 Uhr verließ sie das Haus,
um rechtzeitig ein Ticket für die Abendvorstellung zu kaufen. Es goss in Strömen,
sie trug ihre Pelerine und hatte zusätzlich einen von Emilys
Weitere Kostenlose Bücher