Folge dem weißen Kaninchen
fällt auch die Untersuchungsmethode unterschiedlich aus. Doch zuvor muss man sich erst einmal klarmachen, was nachts in unserem Körper geschieht.
Die Biologie des Schlafens
Wir träumen, wenn wir schlafen. Schlaf scheint eine klare biologische Funktion zu haben. Vielleicht kann der Schlaf uns ein besseres Verständnis unserer Träume geben. Nicht nur wir Menschen, sondern auch nahezu alle anderen Tiere schlafen. Und da viele Tiere ihren Nachwuchs vor Räubern schützen müssen, verwenden sie viel Energie darauf, ihre Schlafplätze zu sichern und zu verstecken. Während Schildkröten ihre gepanzerten Ruheräume mit sich herumtragen, bauen andere Tiere Nester oder graben Erdlöcher. Die Jungen von Mäusen beispielsweise schlafen versteckt in Erdkuhlen, alle übereinander und dicht zusammengekuschelt. Tiere ohne natürliche Feinde brauchen keinen Schutz. Elefanten schlafen im Stehen, weithin sichtbar, und Löwen legen sich einfach auf den Rücken und strecken in der prallen Sonne alle Viere von sich. Fleischfresser schlafen ohnehin besonders lange. Als Faustregel gilt fürs Tierreich: Je weniger Feinde, desto länger der Schlaf. Es ist umstritten, ob man bei Fischen oder Reptilien von «Schlaf» sprechen kann, aber die Funktion einer Ruhephase, die man auch bei diesen Wirbeltieren findet, ist offenkundig: Sie schont die Kräfte und fördert die Regeneration.
Die Frage ist nun: Wie hängt Schlafen mit Träumen zusammen? Epochal für die Schlaf- und Traumforschung war die Entdeckung des
REM
-Schlafes
. « REM » steht für
Rapid Eye Movement
, also die schnelle Augenbewegung, die man unter den Lidern von Schlafenden beobachten kann. Schon Aristoteles war dieses Augenzucken bei Hunden aufgefallen, doch erst im Jahr 1953 entdeckte Eugene Aserinsky, ein junger Forscher an der Universität Chicago, dass das REM ein Anzeichen für Träume ist. Dabei kam ihm der Zufall zu Hilfe. Als er eine Versuchsperson wecken wollte, die offenbar einen Albtraum durchlebte, fiel ihm das hektische Augenflackern auf. Mit Messgeräten konnte er später die Körperveränderungen dieser Schlafphase nachweisen. Atmung und Herzschlag gehen etwa alle 90 Minuten hoch, und das Augenzucken setzt ein. Die Muskelspannung des restlichen Körpers lässt dabei fast vollkommen nach.
Da die REM -Phase von einer guten Durchblutung der Genitalien begleitet ist, war das für Psychoanalytiker der sichtbare Beweis: Freud hatte recht, Träume und Sex gehören zusammen. Der Vergleich mit unseren biologischen Verwandten hätte allerdings schon damals Zweifel an dieser These aufkommen lassen müssen. Die meisten Säugetiere durchleben REM -Phasen. Eher unwahrscheinlich, dass sie in ihren Träumen unterdrückte Begierden verarbeiten, wie es die Psychoanalyse beim Menschen annimmt.
Wenn der Zusammenhang zwischen REM , Träumen und Schlafen im ganzen Tierreich eindeutig wäre, läge eine biologische Erklärung von Träumen nahe. Leider herrscht schon in einem mittelgroßen Zoo ein heilloses Durcheinander. Der REM -Schlaf hat sich zwar bei Säugetieren und Vögeln vor ungefähr 150 Millionen Jahren unabhängig voneinander entwickelt. Doch man findet ihn nur bei frischgeschlüpften Vögeln. Und nicht alle Säugetiere durchlaufen eine REM -Phase: Delphine und Seehunde haben wohl gar keine. Kaninchen schon, aber kurioserweise nur die männlichen Exemplare. Zudem ist natürlich schwer zu beurteilen, ob REM -lose Tiere träumen, denn man kann sie ja nicht nach ihren Erlebnissen fragen. Bei Tieren mit REM -Schlaf kann man sich zwar ebenfalls nicht ganz sicher sein, allerdings hat man wenigstens den Vergleich zum Menschen. Doch auch hier ist nicht alles so klar, wie man es gerne hätte: Etwa 95 Prozent aller Menschen berichten, dass sie träumen. Dabei erinnern wir uns fast ausschließlich an die Trauminhalte kurz vor dem Aufwachen, vor allem, wenn sie mit negativen Gefühlen verbunden waren. Die nächste Frage ist also: Was passiert hinter den verschlossenen Türen, wenn wir schlafen?
Der Schlaf der Vernunft gebiert ungeheuren Unsinn
Waren Sie schon einmal ganzkörpergelähmt? Oder haben Sie schon einmal unter psychotischen Halluzinationen gelitten? Bereits die Vorstellung ist für viele von uns so schrecklich, dass wir diese Fragen spontan verneinen. Dabei passiert es jede Nacht, und zwar gleich mehrmals.
Im Schlaf gehen wir in rhythmischer Wiederkehr durch verschiedene Stadien, die man in drei Gruppen einteilen kann. In der
Einschlafphase
wiederholt man die
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