Folge dem weißen Kaninchen
kühl im Zimmer wurde, und dann das Fenster geschlossen. Und wir alle sind von Kindesbeinen an Naturwissenschaftler: Wir haben eine Art Theorie darüber, dass beispielsweise Dinge zu Boden fallen, Pflanzen Wasser brauchen oder Provokationen Wutanfälle verursachen können.
Auffassungen dieser Art bringt die Wissenschaft auf den Punkt. Wissenschaftler wollen die Vielfalt der Ereignisse in der Welt mit wenigen Annahmen möglichst allgemein beschreiben. Ihre Thesen müssen dabei immer
falsifizierbar
, also widerlegbar sein, denn sonst sind sie inhaltsleer. An die Stelle der Alltagsbeobachtung treten die systematischen Messungen mit Hilfe von Zahlen.
Die Wissenschaften wollen auf zwei große Fragen Antworten geben: Warum ist etwas passiert? Und: Welche Eigenschaften hatten die Dinge, mit denen etwas passiert ist? Die erste zielt auf Ursachen und Wirkungen, die zweite auf die kleinen und großen Bausteine der Welt, an denen Ursachen und Wirkungen vorkommen: Elemente, Moleküle, Lebewesen, Gruppen, Gesellschaften, Biosphären, Galaxien.
Einige Kultur- und Geschichtswissenschaftler glauben zwar, sie würden keine Kausalerklärungen formulieren, weil sie von «Moden», «Diskursen», «Mentalitäten» und «Kontexten» sprechen, aber tatsächlich reden sie von den Eigenschaften der Umwelt und vor allem von denen der Menschen, von ihren Neigungen, Interessen und Wünschen, die zusammen erklären, warum sie so handeln und nicht anders, also kausal in die Welt eingreifen.
In dieser Hinsicht sind alle Wissenschaften gleich. Sie gründen sich auf Experimente und andere systematische Beobachtungen. Je mehr Parameter im Spiel sind, desto schwieriger die Vorhersage und desto wahrscheinlicher die Uneinigkeit zwischen Experten. Daher ist es schon vorgekommen, dass der Nobelpreis für Ökonomie an Theorien vergeben wurde, die sich widersprechen.
Das Unwissen der Pseudowissenschaft
Glauben Sie an Hexen? Vermutlich nicht. Aber würden Sie sich von einer vermeintlichen Hexe verfluchen lassen? Hier sind viele schon zögerlicher. Diese beiden Fragen stellten Forscher jungen amerikanischen Studenten. Keiner von ihnen glaubte an Hexen, aber auch so gut wie niemand wollte sich verfluchen lassen. Aber wieso sollte man einen Fluch fürchten, an dessen Wirkung man nicht glaubt?
Einigen Wissenschaftlern zufolge belegt dieser Versuch, dass Menschen nur oberflächlich dem wissenschaftlichen Weltbild zustimmen und einen verdeckten Aberglauben hegen. Im Alltag scheint man viele Belege dafür zu finden: Wir klopfen auf Holz oder vermeiden, unter Leitern hindurchzulaufen. In Flugzeugen fehlt oft die Reihe 13 , in Hotels gleich der ganze 13 . Stock.
Aber sind wir wirklich davon überzeugt, dass schwarze Katzen Vorboten sind oder es Unglück bringt, wenn man sich beim Zuprosten nicht in die Augen schaut? Das scheinen eher Routinen zu sein, die emotional markiert sind, sodass sich Abweichungen eigenartig anfühlen. Tatsächlich messen wir ihnen keinen hohen Grad an Gewissheit bei. Auch für die Scheu vor dem «Hexenfluch» gibt es eine einfache Erklärung: Negative Worte bleiben lange im Gedächtnis. Wer will sich schon beschimpfen lassen? Erst wenn alle natürlichen Erklärungen versagen, suchen auch aufgeklärte Menschen manchmal nach übernatürlichen «Erklärungen». Nur hierin besteht ein echter Rest-Aberglaube: die Neigung, Kräfte und Einflüsse jenseits der Überprüfbarkeit zu akzeptieren.
Diese Neigung nutzen viele Spielarten der
Pseudowissenschaft
. «Pseudo», weil sie nur eine Attrappe der Wissenschaft ist: Sie imitiert deren Vokabular, akzeptiert allerdings nicht die kritische Methode der Kontrolle und Messung. Typische Beispiele stammen aus der Esoterik. Da gibt es viel, was nach Physik klingt: «Felder», die «Kräfte» der Steine, «Strahlen» aus dem Weltall und «Schwingungen», die man empfängt. Doch während man das Gravitationsfeld und die UV -Strahlung nachweisen kann, sind die esoterischen «Energien» nicht messbar. Als Begründung dient lediglich die angebliche Wirkung auf den Einzelnen.
Wie man allerdings aus der Medizin und Psychologie weiß, kann der Gedanke oder die Vorstellung, dass uns etwas hilft, dazu führen, dass es uns besser geht. Und wenn wir uns einbilden, etwas zu erspüren, fühlen wir dadurch auch manchmal etwas. Das beste Beispiel ist der Placebo-Effekt. Daher führen Mediziner
Doppelblindstudien
durch, in denen weder die Versuchsleiter noch die Probanden wissen, ob das Mittel nun wirkt oder nicht.
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