Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
Verführerisch, aber unaufdringlich. So sollte es sein. Und das war es am Ende auch.
Als sie am Abend erschöpft, aber hochzufrieden in ihr Zimmer kam, war es höchste Zeit, den kleinen Fernseher einzuschalten. Sie würde diese Folge genießen und sich die Kulisse nochmals ansehen, in der sie in wenigen Stunden selbst stehen und spielen sollte. Es war unglaublich, immer noch, und Daniela schwebte geradezu durch die Folge, in der Kristina, die tatsächlich alle „Krissi“ nannten, mal wieder das Opfer der intriganten Hausdame wurde.
In dieser Nacht schlief sie gut und zufrieden, träumte ein wenig verwirrende Dinge, die allesamt mit Alex zu tun hatten, aber sie kam im Traum zurecht, bis ihr Handy klingelte. Es war der Weckton. Daniela hatte vier Wecktermine im Zehn-Minuten-Takt eingestellt, damit sie auf keinen Fall verschlief. Sie drückte auf eine Taste und das Klingeln hörte auf. Dann sprang sie aus dem Bett. Adrenalin schoss in ihre Adern und sie brauchte nur Sekunden, um sich wach zu fühlen.
Daniela ging ins Bad, duschte, wusch sich die Haare, putzte ihre Zähne minutenlang und dann stand sie in einem ihrer neuen Outfits vor dem Spiegel und machte sich die Haare. Sie trug einen schwarzen, knielangen Rock mit einem deutlichen blauen Streifen am Saum und eine Bluse in demselben Blau. Das wirkte elegant und sportlich zugleich. Außerdem hielt sie noch ein Abendkleid parat, falls sie das auf dem Ball benötigte. Bestimmt würden die Kostümbildner von BIH ausflippen vor Begeisterung, wenn sie sahen, wie sehr Daniela mitgedacht und sich vorbereitet hatte.
Die Hochsteckfrisur, die sie heute tragen wollte, hatte sie sich mitsamt Anleitung aus einer Frauenzeitschrift abgeschaut und natürlich vorher geübt. Heute musste sie um acht Uhr am Set eintreffen und es war nicht möglich, vorher noch zum Friseur zu gehen. Aber Daniela bekam das auch allein hin. Sie trug Make-up in ihrem Hautton auf, betonte dezent die Augen mit braunem Lidschatten und die Wangen mit Rouge, tuschte die Wimpern und wählte einen frischen, dezenten Lippenstift.
Um sieben Uhr morgens verließ sie ihr Zimmer, eine elegante junge Dame, die einen verheißungsvollen Kleiderbeutel am Arm trug. Sie verzichtete auf ein Frühstück. Im Auto hatte sie eine Flasche Wasser, das genügte ihr.
Nach außen hin wirkte sie ruhig, als sie den Motor startete und losfuhr. Innerlich durchströmte sie die Vorfreude und Aufregung in wiederkehrenden Wellen, während sie unterwegs war, um den vielleicht schönsten Tag ihres Lebens zu beginnen.
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Das Gelände war riesig und Daniela wunderte sich, dass es keine Wache oder Ähnliches an der Einfahrt gab. Sie konnte ungehindert an dem leeren Häuschen vorbei und unter der geöffneten Schranke hindurch fahren. Sie parkte auf einem der leeren Parkplätze und stieg aus. Sie sah sich um. Vereinzelt fuhren und parkten PKW rechts und links von ihr. Menschen gingen geschäftig über den großen Platz und jeder sah aus, als ob er genau wüsste, wohin er sich zu wenden hatte. Die Gebäude ragten groß und grau vor ihr auf, wie eine Stadt, bei der man auf den zweiten Blick erst erkennt, dass es keine Wohnhäuser sein können. Die Betonbauten hatten den schmucklosen Charme zweckmäßiger Studiogebäude. Sie sahen nach Arbeit aus, nach Routine. Von Glamour keine Spur. Aber das hatte Daniela auch nicht erwartet. Sie war schließlich kein naiver Teenager. Sie nahm ihre Sachen an sich, den Kleiderbeutel, ihre Handtasche und eine Tüte mit Ersatzkleidung und Schuhen. Dann ging sie langsam, mit doch etwas weichen Knien, über den Parkplatz auf das Studiogelände zu.
Ihre Aufregung stieg und Daniela bemühte sich, gleichmäßig zu atmen. Während sie eine breite Straße entlanglief, sah sie sich immer wieder um. Es war möglich, dass sie Kiran begegnete, dass er plötzlich vor ihr stand. Sie war ihm so nahe wie noch niemals zuvor, und sie erlebte einen Zustand, der so surreal schien, dass sie sich ein paar Mal fragte, ob dies gerade wirklich geschah. Sie ging die Straße weiter und rechts und links zogen zwei Studioblöcke an ihr vorbei. Sie wusste nicht, wohin sie sich wenden sollte, als sie in einiger Entfernung eine Gruppe vor einem Gebäude ausmachte. Sie näherte sich ihnen und sah, dass einige Leute in typischer Raucherhaltung dort standen, den Arm angewinkelt, die Hand gelegentlich zum Mund führend. Eine Frau trug ein schickes Ballkleid und kam Daniela vage bekannt vor. Dann setzte ihr Herz für einen
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