Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
musste mit jemandem reden, mit jemand Vernünftigem. Kiran dachte nach, während er auf die Schnellstraße fuhr. Leider tummelten sich in seinem Bekanntenkreis fast nur Typen wie Attila, die ihm spontan zuraten würden und dann kein Argument mehr gelten ließen, weil sie selbst so waren. Aber das half ihm nicht. Kiran warf einen Blick in den Rückspiegel und scherte aus, um den Lastwagen vor sich zu überholen. Dann gab er ein wenig Gas und brachte Abstand zwischen sich und das Ungetüm. Ein kleiner Fiat schob sich Sekunden später in die Lücke und fuhr hinter ihm. Kiran schüttelte den Kopf. Dass die Leute ihr Leben riskieren mussten für ein paar Sekunden, die sie früher am Ziel waren, das war ihm unbegreiflich.
Kiran nahm die nächste Ausfahrt. In wenigen Minuten würde er das Studio erreichen und dann konnte er sich erst mal gedanklich nicht mehr auf sein Dilemma einlassen. Der waghalsige Fiatfahrer tauchte wieder hinter ihm auf. Kiran behielt ihn im Auge. Nicht, dass der Kerl ihm noch hinten drauf fuhr. Er lenkte das Auto routiniert durch die gewundenen Straßen der wenig bewohnten Gegend um die Studiobauten. Dann bog er in den Parkplatz ein und registrierte, dass der Fiatfahrer die Straße weiter fuhr.
Kiran parkte, stieg aus und warf die Tür ins Schloss. Und in dem Moment wusste er, mit wem er über die Sache reden konnte.
Daniela suchte sich eine Parklücke. Sie konnte sich jetzt erst mal entspannen und sich einen Kaffee zum Mitnehmen holen. Kiran blieb sicher bis abends hier. Und heute musste es klappen, es musste. Sie hatte bereits überlegt, wie sie ihn dazu bringen könnte, das Haus zu verlassen, aber es fiel ihr bisher nichts ein. Wahrscheinlich war sie wirklich darauf angewiesen, dass er von selbst etwas unternahm. Und es gab noch eine Schwierigkeit. Sie musste ihn allein erwischen. Wenn er verabredet war, konnte sie die Nummer nicht durchziehen. Zu riskant. In dem Fall musste sie im Schatten lauern, bis er sich von seinen Freunden oder wem auch immer verabschiedete.
Von Verena Gint womöglich …
Daniela holte Luft. Nein, nein. Dazu war es noch zu früh. Er nahm sie doch sicher nicht in der ersten Nacht mit zu sich nach Hause … oder waren sie am Ende schon vorher zusammen ausgegangen? Konnte man das ausschließen? Am Set hatte er sich nicht privat mit ihr beschäftigt. Zumindest hatte sie nichts beobachtet. Die einzige Frau in seiner Nähe war diese Patricia. Er schien sie zu mögen. Vielleicht war er aber auch nur höflich. Eines stand jedenfalls fest. Das Schicksal hatte Daniela in letzter Minute zu ihm geführt. Bevor es zu spät war.
„Hast du Stress?“, fragte Patricia, während ihre Hände über Kirans Gesicht glitten.
„Stress ist das falsche Wort“, antwortete er. Patricia war eine der wenigen Maskenbildnerinnen, die den Schauspielern noch eine kleine Gesichtsmassage vor dem Schminken gönnten. Das Make-up verband sich dann besser mit der Haut, behauptete sie.
„Ich kenn dich doch, du hast was“, sagte Patricia und massierte mit sanften Fingern seine Stirn. Kiran spürte, wie der leichte Kopfschmerz, den er seit heute morgen mit sich herum schleppte, ein wenig nachließ.
„Du hast recht. Da ist wirklich was“, sagte er.
„Und das wäre? Ich sag’s auch nicht weiter.“
„Ich wollte dich sowieso ansprechen deswegen. Ich wollte mit dir reden“, sagte Kiran.
„Mit mir? Jetzt krieg ich Angst.“
„Nein, nein … es ist halt so, ich brauche einen Rat. Und ich wollte deine weibliche Intuition ausnutzen.“
„Jetzt kommen wir der Sache schon näher“, sagte Patricia und nahm einen Pinsel zur Hand.
„Ich kann das nicht hier bei diesen ganzen Typen besprechen. Hast du heute Abend vielleicht Zeit?“, fragte er.
„Hm … nee, ich fürchte nicht. Aber morgen könnte ich.“
„Oh Gott, das ist ja noch ewig hin“, stöhnte Kiran. „Aber besser als nix. Also morgen nach dem Dreh im Babs.“
„Haut hin bei mir. So um acht?“, schlug sie vor.
„Okay. Dann setzen wir die Kohle aus den Setwetten um.“
„Welche Kohle? Bei mir war’s ganz schlecht gestern.“
„Sag ich ja, du bist kein Zocker. Dann lade ich dich ein. Das ist es mir wert“, sagte Kiran und lächelte.
„Ach doch so viel?“ Sie wuschelte ihm durch die Haare.
„Hey, du zerstörst meine mühsam gestylte Frisur!“
„Nee du, die war vorher zerstört, jetzt sieht es erst cool aus. Out of Bed-Look nennt man das.”
„Sieht auch Out of Bed aus”, sagte Kiran und war froh, dass
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