Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
nicht glauben, dass sie es in so kurzer Zeit geschafft hatte, alles Nötige zu erledigen. Auch das verstand sie als Zeichen. Alles hatte so kommen müssen, damit ihr die richtige Idee einfiel. Und jetzt, wo sie ihren Weg kannte, besaß sie auch die Kraft, den Plan durchzuziehen.
Daniela saß in ihrem Auto und wartete. Zweimal suchte sie die Toilette des kleinen Cafes gegenüber auf, und jedes Mal beeilte sie sich, voller Angst, sie könnte den Moment verpassen, in dem Kiran zu seinem Wagen ging.
Die Zeit verging elendig langsam und Danielas Aufmerksamkeit ließ nach. Manchmal versank sie in einem kurzen Tagtraum und einmal schrak sie auf, als jemand vor ihr plötzlich über die Straße lief.
Die Dämmerung setzte ein. Daniela richtete sich in ihrem Sitz auf. Es war soweit. Eine Gruppe von Komparsen ging über den Parkplatz. Sie blieben stehen, lachten und unterhielten sich noch kurz, bevor jeder zu seinem Auto ging, bis auf zwei junge Mädchen, die weiter tratschten. Verschiedene Menschen kamen aus den Gebäuden, gingen zu ihren Autos und fuhren los. Und mit jedem einzelnen davon stieg ihre Aufregung. Kiran konnte der nächste sein. Endlich sah sie Krissi, alias Verena und Daniela stieß einen leisen Schrei aus vor Erleichterung. Verena war allein, Kiran begleitete sie nicht. Also gab es berechtigte Hoffnung, dass er noch kein größeres persönliches Interesse an ihr entwickelt hatte. Danielas Aktion kam noch rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern und Kiran vor einem Fehler zu bewahren. Er durfte sich nicht mit ihr treffen. Die Gefahr war einfach zu hoch, dass etwas passierte. Sicher war er ein treuer Typ und Verena würde dafür sorgen, dass sie schnell von ihm schwanger wurde, wenn sie es schaffte, ihn ins Bett zu bekommen. Und dann ... Er konnte es sich gar nicht leisten, eine schwangere Freundin zu verlassen und das wusste diese rauchende Schlampe ganz genau. Sie würde Kirans Gutmütigkeit ausnutzen und er kam dann aus der Sache nicht mehr heraus, ohne das Gesicht und seinen Ruf zu verlieren. Was für ein schrecklicher Gedanke.
Krissi-Verena ging zu einem silbernen, langweiligen Mittelklassewagen und stieg ein. Sekunden später heulte der Motor auf und sie rauschte vom Parkplatz auf die Straße. Daniela hörte sie Gas geben.
Wer so Auto fährt, ist rücksichtslos, dachte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Parkplatz.
Kiran verließ das Studio etwa zwanzig Minuten nach Verena Gint. Er lief über den Parkplatz und Danielas Herz setzte für eine Sekunde aus, um dann wie ein Hammer in ihrer Brust zu schlagen. Ihre Ohren dröhnten. Es war soweit. Sie ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen.
Er hatte den halben Parkplatz überquert, als die beiden Mädchen, die immer noch miteinander redeten, auf ihn zugingen und ihn ansprachen. Daniela sah, wie er stehenblieb und ein wenig lächelte. Es sah etwas gezwungen aus, fand sie. Die Mädels gingen ihm auf den Keks, ganz bestimmt. Wie nicht anders zu erwarten, schrieb Kiran kurz darauf Autogramme auf die Poster, die sie ihm hinhielten. Dann machte er eine entschuldigende Geste und winkte ihnen, als er sich abwandte und dann zügig zu einem grünen Auto ging.
Grün, wie originell, dachte Daniela zärtlich. Nicht so ein langweiliges Standardsilber. Ihre Mutter fuhr ein silbernes Auto und fast alle Nachbarn. Bloß nicht auffallen, bloß nicht anders sein.
Kiran rollte langsam vom Parkplatz und Daniela startete den Motor ihres Fiats. Kirans Follower im Einsatz. Sie folgte ihm in sicherem Abstand und ließ auch mal einen Wagen zwischen sich und ihn, damit es nicht zu sehr auffiel. Kiran fuhr auf den Stadtring, da war es noch einfacher, ihm unauffällig zu folgen, denn es gab keine Ampeln. Ihn an einer Ampel zu verlieren, war ihre größte Sorge. Sie hatte keinen Schimmer, wo seine Wohnung lag. Vielleicht in Mitte oder Prenzlauer Berg. Aber Kiran bog schon in Schöneberg ab und fuhr Richtung Innenstadt. Daniela blieb dran. Sie verfolgte ihn bis zu einem Altbau nahe des S-Bahnhofs Schöneberg, der in einer ruhigen Seitenstraße lag. Die Wohnungen schienen hohe Decken zu haben und die Fenster sahen neu aus, doppelt verglast. Ganz so hatte sie sich sein Zuhause auch vorgestellt. Sanierter Altbau, ruhig gelegen. Unspießig, aber doch vorzeigbar. Kiran parkte routiniert vor der Nummer 12 und stieg dann aus. Mit wenigen Schritten ging er zur Haustür, die Jacke über dem Arm. Er schloss auf und dann war er verschwunden. Daniela beugte sich hinter dem
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