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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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ich … Kiran … ich, ich will doch kein Lösegeld für dich! Ich würde dir doch nie so etwas antun! Das sagst du nur, weil du mich nicht kennst! Würdest du mich kennen, dann wüsstest du, dass ich das nicht machen würde. Sag das nie wieder!“
    Sie stand auf und sah auf ihn herab. Seine Augen
    seine schönen Augen
    blickten sie angstvoll an. Er fürchtete sich vor ihr. Erst diese Lösegeldsache und jetzt das. Daniela fühlte sich, als ob jemand ihrer Seele scharfe Peitschenhiebe versetzt hätte. Sie war den Tränen nahe.
    „Was willst du dann von mir? Warum tust du das?“ Seine Stimme klang erschöpft und etwas schwer. Die Tropfen wirkten noch nach.
    „Weil du sonst gegangen wärst. Du wolltest ja unbedingt zum Set“, sagte Daniela und es klang schärfer als sie eigentlich beabsichtigte.
    Kiran starrte sie an wie eine Geistesgestörte und Daniela fühlte, dass sie hier raus musste. Einfach mal kurz an die frische Luft, um ihre Fähigkeit zu aktivieren. Sich in den Griff bekommen. Neu durchstarten. Sie verließ das Schlafzimmer und ging durch den Flur in die Küche. Sie öffnete das Fenster und Sonnenlicht flutete herein. Daniela atmete tief durch. Es war seltsam, wie normal und freundlich die Küche aussah. Wenn man hier stand, kam man niemals auf die Idee, dass drüben im Schlafzimmer ein gefesselter junger Mann lag. Es kam ihr vor wie eine andere Welt. Sie konnte hierhin oder dorthin gehen, wie sie wollte. Sie drehte sich um und dachte nach, was jetzt zu tun war. Kiran war bestimmt hungrig. Seit gestern hatte er nichts mehr gegessen. Er brauchte eine Mahlzeit. Das Beste war, ihn zu fragen, was er gerne essen wollte. Ihm Essen anzubieten war eine friedliche Geste, und sie musste den Anfang machen. Von ihm konnte sie das nicht erwarten.
    Sie ging zurück ins Schlafzimmer. Kiran hatte sich aufgerichtet, wirkte aber noch etwas benommen. Er versuchte gerade, sein Handgelenk von der Kette zu befreien. Als er Daniela bemerkte, sah er erschrocken auf.
    „Das hat keinen Zweck“, sagte Daniela. „Das kriegst du nicht auf. Wir müssen uns jetzt einigen, wie wir die nächsten Tage weitermachen wollen. Die Kette ist lang genug. Sie reicht bis ins Bad. Dort findest du eine Zahnbürste, Handtücher und was du so brauchst. Es hat keinen Sinn zu schreien, denn es hört dich keiner. Hier ist weit und breit kein anderes Haus. Wenn du vernünftig bist, kann ich dir mit der Zeit mehr Freiheiten einräumen.“
    Kiran starrte sie wieder ungläubig an, während sie sprach und Daniela mahnte sich, geduldig zu sein.
    „Ich will dir nichts tun, Kiran, wirklich. Du musst auch keine Angst haben. Dir passiert überhaupt nichts. Ich wusste nur nicht, wie ich dich dazu bringen kann, bei mir zu bleiben, das ist alles. Ich hab das nicht von Anfang an so geplant, wirklich nicht. Es hat sich so ergeben.“
    Sie schaute ihn an und gab ihm die Gelegenheit, zu antworten.
    „Wie heißt du noch mal“, fragte er schließlich und Daniela fühlte einen Stich in der Brust, weil er ihren Namen nicht wusste.
    „Daniela“, sagte sie.
    „Daniela“, wiederholte er. „Das geht so nicht. Ich glaube dir, dass du mir nichts tun willst, aber das, was du hier machst … das ist falsch.“
    Er saß ganz ruhig da, mit den Ketten an seinen Handgelenken und erklärte ihr, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Dass sie falsch mit ihm umgegangen war. Er kannte ihren Namen nicht und er fand, dass sie Fehler machte. Danielas Luftröhre verengte sich. Das war fast schlimmer, als sein Desinteresse an ihr. Seine Kritik. Sie schluckte.
    „Ich wollte es richtig machen, aber es ging nur so. Du hast mir ja keine Wahl gelassen“, sagte sie.
    „Hol jetzt die Schlüssel und mach mich los“, sagte Kiran. „Du lässt mich gehen und ich werde dich nicht anzeigen. Das ist mein Angebot.“
    Tränen traten ihr in die Augen. Er wollte gehen, wollte fort von ihr. Sie schüttelte langsam den Kopf.
    „Ich kann nicht“, sagte sie. Dann drehte sie sich um und ging hinaus. Sie musste sich erst wieder sammeln. Seine Vorwürfe, die Kritik und die Ablehnung. Damit hatte sie rechnen müssen, aber jetzt spürte sie, dass sie damit nicht umgehen konnte. Ein Nein vom ihm, egal in welchem Zusammenhang, das ertrug sie nicht.
     
    Kiran sah seiner Entführerin nach. Kaum war Daniela weinend im Flur verschwunden, überprüfte er nochmals seine Ketten. Es sah schlecht aus. Die Schlösser waren stabil, die Kette massiv und dem Deckenbalken, der ihn an dieses Zimmer fesselte, konnte er

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