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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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nichts anhaben. Kiran versuchte, ruhig zu bleiben und nachzudenken. Dieses Mädchen war geistig gestört, verrückt, unberechenbar. Er musste vorsichtig sein, durfte sie nicht provozieren. Wenn er es schaffte, sie zu überzeugen, ihn freizulassen … das war eine Möglichkeit. Mit etwas Glück konnte er Spaziergänger auf sich aufmerksam machen. Das Haus lag im Wald, ein ganzes Stück von der Straße entfernt. Er konnte um Hilfe rufen, wenn er allein war. Wenn sie ihn jemals alleine ließ. Es fiel ihm schwer, logisch zu denken. Er war noch benommen von dem Mist, den sie ihm eingeflößt hatte. Warum hatte er nur vorher nichts bemerkt? Er hätte fliehen können, als es noch die Gelegenheit gab.
    Jetzt war es zu spät. Am Set würden sie sein Fehlen sofort bemerken. Und was geschah dann? Wie lange brauchten sie, um herauszufinden, dass etwas nicht stimmte?
    Curly! Sie hatte ihn nicht in der Bar vorgefunden. Reichte ihr das, um Verdacht zu schöpfen und aktiv zu werden?
    Bestimmt gingen Tage ins Land, ohne dass sie ihn fanden. Das Wochenende begann und da gingen alle ihren eigenen Interessen nach. Und er war kein verschollenes Kind, sondern ein Erwachsener. Da fuhr die Polizei keine Hundertschaften über Nacht auf.
    Seine größte Chance war, diesem Mädchen etwas vorzumachen und sie zu beeinflussen. Dazu gehört auch, dass er nichts tat, was sie auf die Idee brachte, dass er fliehen wollte. Sicher, er konnte aufstehen und diese lächerlichen Schaumstoffmatten abreißen und schreien, aber damit machte er sich unter Umständen eine Chance zunichte. Wenn er herausfand, was sie von ihm wollte, dann konnte er sie dazu bringen, sich ihm verbunden zu fühlen. Das war der erste Schritt. Sobald sie das Haus verließ, um etwas einzukaufen oder was auch immer, würde er den ersten Ausbruchsversuch wagen.
    Eine Übelkeitswelle ließ ihn aufstöhnen. Er sank in die Kissen zurück und atmete kontrolliert ein und aus. Was für ein Teufelszeug hatte sie ihm da verabreicht? Er konnte sich kaum noch an etwas erinnern. Das letzte Bild in seinem Kopf war, dass er stürzte und auf dem Boden liegenblieb. Ab diesem Moment hatte er einen Filmriss, aber es lag auf der Hand, dass Daniela ihn zurück in die Hütte geschafft hatte. Dann war er längere Zeit bewusstlos gewesen. Und sie hatte sich diese Fessel ausgedacht und sie so konzipiert, dass sie nie gezwungen war, ihn freizugeben.
    „Möchtest du was essen?“
    Kiran hob den Kopf und sah Daniela im Türrahmen stehen. Ihre Stimme klang schüchtern, fast anbiedernd, als ob sie ein schlechtes Gewissen hätte. Interessant.
    Er ließ den Kopf wieder sinken und sagte nichts. Jetzt kam es darauf an, ihre Reaktion auf sein Verhalten richtig zu deuten und dann zu entscheiden, wo er den Hebel ansetzen musste. Sie kam etwas näher und betrachtete ihn.
    „Ich könnte dir was kochen. Und du musst etwas trinken“, sagte sie.
    „Wozu?“, sagte er leise. „Du bringst mich doch sowieso um. Also was soll’s.“
    Er hörte, wie sie geräuschvoll einatmete.
    „Nein! Ich hab gesagt, du sollst so was nicht mehr sagen! Ich würde dir nie etwas antun können. Niemals! Warum verstehst du nicht, was ich machen wollte? Das ging doch nicht gegen dich! Ich wusste einfach nicht mehr, was ich tun soll!“
    Kiran dachte über ihre Worte nach, während er sich nach außen teilnahmslos gab.
    „Ich glaube dir nicht“, sagte er dann leise. „Und jetzt lass mich in Ruhe. Mir ist schlecht.“ Er drehte den Kopf zur Seite, weg von ihr und schloss die Augen.
    Daniela stieß ein wimmerndes Geräusch aus. Dann hörte er ihre schnellen Schritte, als sie aus dem Zimmer lief. Er blinzelte. Das Zimmer war leer. Dann schloss er wieder die Augen, falls sie heimlich nach ihm sah. Sie sollte denken, dass er erschöpft auf dem Bett lag. In Wirklichkeit analysierte er ihr Verhalten und schmiedete seinen Plan. Sein Gehirn funktionierte langsam wieder und Kiran empfand Dankbarkeit. Das Beste war, von ihr kein Getränk anzunehmen und nur Leitungswasser zu trinken, damit er bei Sinnen blieb. Ohne Nahrung konnte er ein paar Tage durchhalten.
    Tatsache war, dass sie es nicht gut vertrug, wenn er sie zurückwies. Unterstellte er ihr, dass sie ihm schaden wollte, ging sie auf die Barrikaden. Daraus ließ sich bestimmt etwas machen.
     
    „Und wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“, fragte der Polizeibeamte.
    „Das war gestern“, sagte Patricia. „Gestern waren wir verabredet und er ist nicht erschienen. Dabei ist er sonst absolut

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