Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
Standardspruch nach dem anderen auf. Gegen Abend lief sie erleichtert zu ihrem Wagen. Sie wollte schnell nach Hause zu Kiran, dem sie ihren Zweitschlüssel zur Wohnung hinterlassen hatte. Sie hoffte, dass er eine weitere Nacht bei ihr verbringen würde und außerdem wollte sie hören, was bei der Besprechung herausgekommen war.
Als sie endlich zu Hause ankam, rannte sie die Treppen hoch. Fast fürchtete sie, dass er schon fort war, aber dann stieg ihr ein würziger Duft in die Nase. Sie schloss die Tür auf und trat in den Flur. Kiran schaute aus der Küche und lächelte, als er sie sah.
„Ich hab was gekocht, mit Curry. Ich hoffe, du magst es“, sagte er.
„Oh Mann, wenn du wüsstest, was ich für einen Hunger hab“, sagte sie und warf ihre Jacke auf den Haken. Noch vor einer Woche hätte sie die Vorstellung, dass Kiran für sie kochen würde, und das in ihrer Wohnung, als surrealen Quatsch abgetan. Sie ging in die Küche und Kiran kam auf sie zu. Er schlang seine Arme um sie und drückte sie an sich. Patricia schloss die Augen und fühlte seinen Körper an ihrem. Wunderbar. Es fühlte sich so gut an. Sie wollte sich nach vorn sinken lassen, in seine Umarmung, ihr Gesicht an seinem Hals vergraben, aber das ging nicht.
„Es hat geklappt. Ich bin raus aus dem Vertrag. Und das will ich mit dir feiern“, sagte er.
Patricia schluckte. Warum musste er immer von seinem neuen Job sprechen?
„Was haben sie gesagt?“, fragte sie.
„Dass ich verrückt bin und ob ich das seelisch durchhalte und so weiter. Und dass sie mich nicht gerne gehen lassen, aber du kannst dir vorstellen, wie die bei dem Wort Quote gleich große Ohren bekommen haben. Sie finden, es ist ein Risiko, aber sie wissen auch, dass alle einschalten werden bei diesen beiden Folgen. Und für Alex brauchen sie dann natürlich einen Ersatz, aber den kriegen sie. Jeder ist ersetzbar.“ Er nahm Teller aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch.
Du nicht. Wärst du tot … ich käme nicht mehr klar, dachte Patricia.
„Und wirst du es durchhalten?“, fragte sie. Kiran sah sie an und dieser traurige Ausdruck stahl sich wieder in seine Augen.
„Ich muss. Du kannst mir beistehen. Dann schaffe ich es. Sie wollen es schon in den nächsten Tagen drehen, denn in zwei Wochen fliege ich. Es wird ein Vortraining geben und Proben. Ich muss deshalb morgen in meine Wohnung. Hoffentlich sind die Pressefritzen schon weg.“
Patricia nahm Platz und Kiran stellte einen Teller vor ihr ab. In zwei Wochen würde er fort sein.
Jeder ist ersetzbar.
Patricia fragte sich, wer sich diesen bescheuerten Spruch wohl ausgedacht hatte.
„Ich bin’s, Mama.“ Daniela presste sich den Hörer ans Ohr.
„Daniela. Ich hab keine Worte. Wo bist du?“
„Das kann ich dir nicht sagen, wie du dir denken kannst.“
„Der ganze Ort redet über dich. Wir können nicht mehr vor die Tür“, sagte ihre Mutter.
„Tut mir leid.“ Daniela schluchzte.
„Im Fernsehen sagen sie, du hättest diesen Mann fast umgebracht. Warum, Daniela, warum? Warum zerstörst du unser Leben und deins und das Leben von diesem Schauspieler?“
Daniela zitterte und ihre Hand krampfte schon wieder.
„So war das nicht. Ich hab mich ganz gut mit ihm verstanden. Er hatte sich schon an mich gewöhnt. Es hätte klappen können.“
Ihre Mutter stöhnte leise.
„Was wirst du jetzt tun?“
„Ich gehe weg. Wenn ich kann, melde ich mich mal. Machs gut.“ Daniela legte auf. Dann verließ sie die kleine Telefonzelle. Sie strich ihre langen, hellblonden Haare zurück und setzte die Sonnenbrille wieder auf. Sie hatte nicht mehr viel Geld. Einiges war für die Haarverlängerung samt neuer Farbe draufgegangen, aber die Verwandlung war verblüffend. Noch teurer kamen sie ihre neuen falschen Papiere.
In zehn Minuten ging ihr Zug und sie musste sich beeilen.
Ihre ersten Tage nach der Flucht waren verwirrend gewesen, aber sie war zurechtgekommen. Besser, als sie vorher gedacht hatte. Dass Patricia ihr Kiran weggenommen hatte, das war ein herber Rückschlag. Er hatte einen Konflikt mit Daniela gehabt und ausgerechnet in diesem schwachen Moment musste die Schlampe aufkreuzen. Inzwischen glaubte sie auch, dass Patricia gelogen hatte. Sie war gar nicht mit Kiran zusammen. Sie hatte nicht mit ihm geschlafen. Das hatte sie nur gesagt, um Daniela zu kränken und weil sie eifersüchtig war. Das Bild, das sie heraufbeschworen hatte, quälte Daniela noch viele Nächte. Kiran, der Patricia küsste und sich von ihr
Weitere Kostenlose Bücher