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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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unerwähnt: die Haltung von Haustieren.
    Schauen wir auch da den Realitäten ins Auge: In den Industrienationen summiert sich das Futter für Hunde und Katzen auf nicht unerhebliche Mengen. Für den Fleischverbrauch dieser Hausgenossen – fünf Millionen Hunde und fast acht Millionen Katzen – sind Zahlen nicht zu ermitteln. Das Statistische Bundesamt gibt eine Gesamtfuttermenge für diese beiden Haustierarten von 1,16 Millionen Tonnen an – da damit Fleischfresser gefüttert werden, ist das nicht wenig. Spätestens seit der BSE- Krise wissen wir, dass es keineswegs nur minderwertige, für den Menschen nicht brauchbare Fleischteile sind, die an diese Tiere verfüttert werden. Damals stellte sich heraus, dass die Tierfutterwerke das sogenannte »Risikomaterial«, bei dem am ehesten mit einer Infektion zu rechnen gewesen wäre, längst aus der Produktion genommen hatten, ehe die Industrie das tat, die Fleisch für den menschlichen Verzehr verarbeitet. Müssen wir die Waldis und Miezes tatsächlich als unsere Nahrungskonkurrenten betrachten?

Was uns krank macht,
macht andere hungrig
    Wenn wir mit den Kindern ins Kino gehen und genügend Zeit für ein ausgedehntes Abendessen einplanen können, dann landen wir nicht selten in einem Restaurant, in dem man zusehen kann, wie aus dem Fernen Osten stammende Köche mit Schweiß auf der Stirn auf einer riesigen heißen Platte das zubereiten, was sich die Gäste dafür ausgesucht haben. Das schmeckt nicht schlecht, und man isst mit dem guten Gefühl, dass man sein Essen erst in rohem Zustand besichtigt und dann erlebt hat, wie es frisch und zischend gegart wurde. Während man darauf wartet, kann man entweder dem Koch zusehen oder verstohlen die anderen Gäste mustern oder, was noch spannender ist, versuchen zu raten, welcher der Haufen auf der Grillplatte zu welcher Person in der Schlange gehört. Natürlich spekulieren wir nicht immer richtig, aber doch ganz oft: der Leibesumfang des Wartenden verhält sich proportional zur Größe des Grillguthaufens. Leider arbeitet das Lokal nach dem Prinzip »All you can eat«. Und »All I can eat« ist in aller Regel »More than I need«. Das wirkt sich kurzfristig in konzentrationsstörendem Völlegefühl im Kinosessel und bei ausreichender Wiederholung langfristig in ungünstiger Entwicklung des Body-Mass-Index aus.
    Der Mikrokosmos unseres mongolischen Restaurants entspricht ziemlich genau dem Makrokosmos unserer Industriegesellschaften. Ein immer im Überfluss vorhandenes Nahrungsangebot signalisiert uns: »Iss, was du kannst«, und wir tun es mit Hingabe. Fast jeder Mensch nimmt bei uns mehr Nahrungsenergie zu sich, als er durch Grund- und Leistungsumsatz verbraucht. Zusätzlich besteht diese Energie aus viel zu leicht verdaulichem Zucker und Kohlenhydraten, durch die der Körper Fettpolster für schlechte Zeiten anlegt.
    Die Folge dieser Fehl-Überernährung ist an der Theke unseres Restaurants ebenso sichtbar wie in den Fußgängerzonen. 70% Prozent der Männer und 50% Prozent der Frauen in Deutschland sind übergewichtig, jeder Fünfte gar fettsüchtig. Noch dramatischer ist diese Entwicklung in den USA , England oder den Golfstaaten; aber auch in Ländern wie China oder Indien grassiert die Fettleibigkeit in den Bevölkerungsgruppen, die die Not hinter sich gelassen und westliche Ernährungsstile übernommen haben. Die Auswirkung davon ist weit mehr als der unerfreuliche Anblick und die Einschränkung der Lebensqualität bei den Betroffenen. Längst wird zum Beispiel der dramatische Anstieg der Diabeteskranken zu einem volkswirtschaftlichen Problem. Schon heute leiden europaweit 100000 Kinder unter 15 Jahren an einer Diabetes-Form, die eigentlich nur alte Leute haben, und in weiteren zehn Jahren rechnen die Ärzte mit 160 000 Patienten in dieser Altersklasse.
    Es hat etwas Zynisches, dass die Anzahl der übergewichtigen Menschen auf der Erde annähernd gleich ist mit der Zahl der Hungernden. Darin sind noch nicht die 475 Millionen krankhaft fettleibigen Menschen enthalten.Die Welt ist komplizierter, als sich mit einer einfachen Subtraktion der Überkalorien bei den einen und der Addition auf die Unterkalorien der anderen ausdrücken lässt. Und doch wird deutlich, welch gewaltige Reserven hier schlummern. Auch hier kommt in erster Linie unserem Lebensstil und nicht der Produktivität unserer Anbausysteme die entscheidende Bedeutung zu.

Das Butterbrot im Mülleimer
    Ich gehöre unglücklicherweise nicht zu den Menschen,

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