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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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zu allem Überfluss geschieht das nicht selten auch noch dadurch, dass sie sich Pestizide einflößen. Dass ein Saatgut, das man nicht selbst nachbauen darf, sondern teuer den Händlern von Monsanto und Co. abkaufen muss (einschließlich Patentgebühr, versteht sich), dieses System verstärkt, liegt auf der Hand!
    Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen, es liege ja in der Entscheidungsfreiheit der Bauern, ob sie das Gentechniksaatgut kaufen oder lieber konventionell gezüchtetes verwenden wollen. Allerdings geht es beim Kauf von Saatgut ebenso wie beim Erwerb von Dünge- und Spritzmitteln nicht immer so rational zu, wie diejenigen glauben machen wollen, die mit dem Verkauf ihr Geld verdienen. Wie anders sollte man sich erklären, dass die einschlägigen Fachzeitschriften voller Anzeigen sind, in denen fesche Mädchen mit Idealmaßen verführerisch Spritzmittelkanister an sich drücken oder kraftstrotzende Jungs versprechen, dass diese oder jene Maissorte besonders große Kolben trägt. Wie ihre Kollegen im bayerischen Oberland dürften auch die Bauern aus dem indischen Punjab nicht unempfänglich für solche Überredung sein.
    Es gibt aber eine Bedrohung für die Freiheit der Wahl, die weitaus ernster zu nehmen ist. Es ist die atemberaubende Konzentration, die in den letzten Jahren auf dem Saatgutmarkt stattgefunden hat. Hat es 1975 weltweit noch über 7000 Saatzuchtfirmen gegeben, von denen keine mehr als ein halbes Prozent des weltweiten Umsatzes mit Saatgut machte [92] , so befinden sich heute zwei Drittel dieses Marktes in den Händen von nur zehn weltweit operierenden Konzernen (siehe Tabelle).
    Zusammenstellung: J. Moewius (Quelle: ETC Group 2006, http://etcblog.org/2007/ 04/30/top-ten-seed-companies-2007/ )
    Die Top Ten der Saatgutunternehmen setzten 2006 zusammen 14 785 Millionen US -Dollar pro Jahr um – das sind 67 % des gesamten Weltmarktumsatzes für Saatgut.
    Die Top 3 kontrollieren zusammen fast die Hälfte des Marktes. Bei ihnen handelt es sich ausschließlich um Chemieriesen, die auch im Pestizid- und Düngegeschäft zu den größten Playern auf dem Weltmarkt gehören. Und dieser Monopolisierungsprozess ist keineswegs am Ende der Fahnenstange angelangt. So ist Monsanto nach wie vor dabei, unter anderem Firmen aufzukaufen, die Gemüsesaatgut herstellen. Auch werden immer mehr Baumwollsaatzüchter unter das Dach der Firma aus Missouri gebracht. Wenn nun jetzt schon 80 % allen Baumwollsaatgutes in den Händen dieser einen Firma ist – und Sie erinnern sich: BASF und Monsanto betreiben ihr Gentechnikgeschäft ja auch schon gemeinsam – und wenn diese den Bauern obendrein noch als Spritzmittellieferant und über Tochterfirmen dann auch noch als Aufkäufer der Ware gegenüberstehen, dann braucht man nicht viel Fantasie, um sich das Ganze als ein perfides neofeudales System auszumalen, dem kein armer Bauer auf der Erde so rasch entkommt. Eine solche Situation begrenzt selbst bei uns die Handlungsoptionen der Bauern. Aber noch viel mehr ist das in Weltgegenden der Fall, in denen Bauern nicht lesen oder schreiben können und über keine virtuelle (Internet-Bestellung) oder tatsächliche Mobilität verfügen, so dass sie zwischen verschiedenen Anbietern wählen könnten!
    Dies sei ein kartellrechtliches Problem, aber keines der Gentechnik, mag jemand einwenden. Das stimmt. Nur muss man die Realität zur Kenntnis nehmen. Und die zeigt, dass es einen Hebel gibt, mit dem die freien Kräfte des Marktes ausgehebelt werden – und das ist die Gentechnik mit ihren Patentansprüchen.
    Dieser Vorgang wirkt aber noch tiefer in die Ernährungssouveränität der Bauern und in ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krisensituationen, als es bisher beschrieben wurde. Burkina Faso, eines der ärmsten Länder der Welt, bezieht 50 % seiner Exporteinnahmen aus der Baumwolle. Das Baumwollsaatgut ist dort nicht verkäuflich, sondern wird von der örtlichen Baumwollfirma verteilt. Von dieser kommt auch der Dünger – und den bekommt man ausschließlich für den Baumwollanbau. Kein Wunder also, dass das »weiße Gold« auch in der bäuerlichen Ökonomie eine zentrale Rolle spielt. Das tut es umso mehr, als es praktisch die einzige »Cash Crop« ist, also die einzige Anbaukultur, mit der die Bauern Bargeld verdienen. Auf jeden Fall bringt sie mehr ein als Hirse, Mais und Reis, die vor allem für die Eigenversorgung angebaut werden. Diese Entwicklung hat es mit sich gebracht, dass dort, wie praktisch überall auf der

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