FOOD CRASH
Welt, die Anzahl und Vielfalt der angebauten Nutzpflanzen gewaltig abgenommen hat. In Jahren guter Baumwollernten lässt sich durch das erzielte Bareinkommen die Schule der Kinder bezahlen und niemand in der Familie muss hungern. Fällt die Ernte schlecht aus, dann geht es den Burkinabè ebenso wie den Indern: Nur noch die Suppenküchen der Hilfsorganisationen ermöglichen das Überleben der Familie. Dazu vermindert die Einschränkung der Vielfalt nicht nur die Existenzsicherung, sondern auch die Ausgewogenheit der Ernährung. Die Folge sind Mangelkrankheiten und verminderte Leistungsfähigkeit.
Wäre es nicht zynisch, dann könnte man jetzt mit einem fröhlichen Scherz kommentieren, dass sich hier der Kreis schließt: Denn hier wird ein weiteres Betätigungsfeld für Gentechniker und ihre Heilsversprechen eröffnet: Ich vermute, auch Ihnen ist schon einmal die Glücksbotschaft von BASF , Monsanto und Co. begegnet, bald Pflanzen zur Verfügung stellen zu wollen, in die all das an Vitaminen, Phenolen und Antioxidantien hineingezaubert ist, was uns die niederträchtige Natur vorenthält …!
Nach all diesen Argumenten möchte ich Ihnen noch eine letzte Begründung liefern, weshalb die Gentechnik für die Ernährungssicherung eher ein Problem als eine Lösung bietet: Alle Gentechnik-Traits, die bislang eingesetzt werden, fördern den Anbau von Monokulturen.
Sie tun es im Fall der Roundup-Technologie, weil deren Einsatz sich nicht durch Einsparung der Fungizidmengen rechnet, sondern durch einen »Convenience-Effekt«. Bei der Unkrautbekämpfung muss man normalerweise darauf achten, welche Kräuter tatsächlich vorkommen und in welchem Wuchsstadium sie sich jeweils befinden. Dem muss man die Wahl des Spritzmittels und des Bekämpfungszeitpunktes anpassen. Roundup als Total-Herbizid aber wirkt immer, egal, wie groß die Unkräuter sind, und egal, zu welcher Art sie gehören. Das ist ein Vorteil, der erst auf großen Flächen so richtig zur Geltung kommt – auch ein Grund, weshalb sich in den südamerikanischen Anbaugebieten von
Roundup Ready Soja
Kleinbauern gegen den Druck der Riesenfarmen nicht halten können.
Die Bt-Technologie bewirkt Monokulturen auf eine andere Weise. Sie ermöglicht es, Schädlinge wie den Zünsler, den Wurzelbohrer im Mais oder den Bollwurm in der Baumwolle zu bekämpfen. Diese unliebsamen Insekten werden immer dann zum Problem, wenn Fruchtfolgen nicht eingehalten werden. Wenn also in einer Landschaft zu viele Nutzpflanzen derselben Art und noch dazu Jahr für Jahr auf denselben Flächen angebaut werden. Das in die Pflanzen eingebaute Genkonstrukt des Bacillus thuringiensis hebt diese Restriktion auf. Eine Abwechslung scheint nicht mehr nötig zu sein, und so kann der Anbau auf die Kultur konzentriert werden, die den besten finanziellen Erlös verspricht.
Auf diese Weise werden jedoch über längere Zeit Superunkräuter selektiert, die gegen Roundup und etliche andere Wirkstoffe resistent werden. Weitere Effekte: Die Bodenfruchtbarkeit nimmt ab, die Erosion nimmt zu, und die Biodiversität geht verloren. All das sind Kollateralschäden, deren Wirkung sich erst später zeigt. Aber bis dahin hat Monsanto seinen Schnitt schon gemacht. Und wenn alles gutgeht, steht das Unternehmen dann tatsächlich mit der nächsten Lösung parat: mit Pflanzen, die auch auf degradierten Böden noch eine Weile lang Ertrag bringen. Zumindest so viel, dass man die Lizenzen für das Patent daraus berappen kann.
Ein Wort an die Berufskollegen
Mit diesem Kapitel wollte ich begründen, weshalb ich das konventionelle System für ungeeignet halte, das sich zuspitzende Ernährungsproblem der Weltbevölkerung zu lösen, ja, dass es sogar dazu beiträgt, das Problem zu verschärfen. Ehe ich mich nun daranmache zu skizzieren, wie eine Landwirtschaft aussehen kann, die auf Dauer funktioniert, muss ich ein Wort an meine konventionell wirtschaftenden Berufskollegen richten. Ich tue dies in der vagen Hoffnung, dass der ein oder andere von ihnen dieses Buch in die Hand genommen und bis hierher noch nicht weggelegt hat. Alle, die sich nicht diesem Personenkreis zurechnen, können jetzt gerne direkt ins nächste Kapitel springen.
Um was ich Euch, liebe Nachbarn und Freunde und Sie, liebe mir nicht bekannte Bäuerinnen und Bauern, bitten möchte, ist, dieses Buch nicht als Angriff auf Euch und Eure Lebensleistung zu lesen. Ich arbeite eng mit konventionellen Betrieben zusammen, weil wir gemeinsam Maschinen, eine
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