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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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als Dritte im Bunde dem Maniok und seinem Schädling hinterher. In den Jahren bis 1993 gelang es, in allen Befallsgebieten vom Senegal bis Madagaskar ein Gleichgewicht zwischen dem Schädling und seinem Parasiten aufzubauen, das die Maniokproduktion in Afrika gerettet hat.
     
    Auch an seiner nächsten Wirkungsstätte, dem
International Centre of Insect Physiology and Ecology
( ICIPE, Internationales Zentrum für Insekten-Physiologie und Ökologie ) in Kenia, das Herren von 1994 bis 2005 zu leiten hatte, ging es um biologische Schädlingsbekämpfung.
     
    In Kenia und vielen anderen Regionen des Schwarzen Kontinentes grassieren zwei Probleme, die in den Maisfeldern der Bauern schier unüberwindlich geworden sind. Das eine ist ein Unkraut, das
Striga
heißt, das andere der uns bereits bekannte Maiszünsler, der wegen seiner Eigenschaft, sich in den Stengel der Maispflanze zu bohren, auf Englisch
stemborer
genannt wird.
    Striga trägt oberirdisch sehr hübsche rosa Blüten und verrichtet unterirdisch ein übles Geschäft. Mit seinen Wurzeln dockt das Unkraut an die Wurzeln der Maispflanzen an und tut dort, für was Parasiten da sind: Es saugt dem Mais die Nährstoffe und das Wasser weg, und während es unter Bildung seiner unschuldigen Blüten gedeiht, verkümmert der Mais. Trotz seiner enormen Verbreitung und der dadurch potenziell großen Kundschaft stellt Striga für die Hersteller chemisch-synthetischer Pestizide eine unlösbare Aufgabe dar, denn jedes Herbizid, das es abtöten würde, würde auch den Mais in Mitleidenschaft ziehen.
     
    Als wäre Striga nicht Bedrohung genug, macht gleichzeitig der Stängelbohrer seinem Namen alle Ehre und legt seine Eier in den Stängel der Maispflanze. Die werden dort zu Raupen, die ihre Wohnung inwändig aushöhlen, den Saftfluss in der Pflanze unterbrechen und sowohl dadurch als auch durch Aufsteigen in die Kolben den Ertrag vernichten. Vorausgesetzt, man trifft den richtigen Zeitpunkt, könnte man dem Falter durch Insektizide zu Leibe rücken. Aber erstens träfe man damit auch Nutzinsekten und zweitens ist es gar nicht leicht, genau dann die Spritze in Gang zu setzen, wenn das Tierchen zur Eiablage angeflogen kommt. Wer jedoch hier eine unfehlbare Methode anzubieten hat, das sind die Saatgutverkäufer von Monsanto. Ihr Bt -Mais trägt ja das Insektengift in sich und tötet so die Raupen ab, ehe sie ihr Zerstörungswerk beginnen können. Natürlich ist das Saatgut etwas teurer, damit die Patentgebühren nach St. Louis fließen können. Und das jedes Jahr, weil ja der Bauer neues Saatgut aus seiner Ernte weder abzweigen kann noch darf. Aber was ist das schon als Nachteil, wenn dagegen der Schutz gegen den Schädling steht? Jedenfalls solange dieser nicht durch Resistenzbildung den Schutz außer Kraft gesetzt hat (was allerdings längst passiert).
     
    In dieser Situation gelang es den Forschern des ICIPE und den mit ihnen zusammenarbeitenden Kollegen des britischen
Rothamsted Research Institute,
ein System der ökologischen Regulierung zu finden, das so etwas wie ein Flaggschiff der biologischen Schädlingsbekämpfung geworden ist: das
push and pull system.
Es ist schnell beschrieben: Zwischen den Reihen des Maisfeldes pflanzt der Bauer
Desmodium.
Diese Pflanze hat zwei Eigenschaften. Ihre Wurzeln scheiden eine Substanz aus, die den Strigasamen zum Keimen bringt, und eine zweite, die die Keimlinge dieses Krautes absterben lässt. Und ihre Blätter verströmen einen Stoff, der das Wohlbefinden des Stengelbohrers nachhaltig stört. Damit dem alle Lust vergeht, sich weiter im Maisfeld aufzuhalten, wird um die Parzelle herum ein Gras gepflanzt, das
Napiergras.
Das ist wiederum völlig nach dem Geschmack des Falters und lädt ihn ein, seine Eier auf ihm abzulegen. Das aber ist ein fataler Irrtum – aus Faltersicht. Denn die Raupen, die sich später entwickeln, können mit dem Gras nichts anfangen und gehen ein. Dass zu guter Letzt Desmodium, als Gründünger in den Boden eingearbeitet, die Bodenfruchtbarkeit erhöht und Erosion verhindert, während Napier ein vorzügliches Futter für die Tiere des Bauern abgibt, rundet das
push and pull system
aufs vortrefflichste ab. Genial daran ist nicht nur, dass es funktioniert – es bringt den Bauern auch nicht in die Situation, teure Spritzmittel oder Gentechniksaatgut erwerben und sich im Zweifelsfall dafür verschulden zu müssen.
     
    Dass auch dieses System nur nachhaltig sinnvoll ist, wenn es in ein schlüssiges Konzept der

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