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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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durch welche Regelmechanismen die Natur funktioniert, um dann Bedingungen zu fördern, diese Mechanismen zur Entfaltung zu bringen und um sie möglichst intelligent zu nutzen. Die bereits aufgeführten Beispiele Ökologischer Intensivierung haben gezeigt, dass diese Methode jedem aufmerksam mit der Natur umgehenden Bauern zugänglich ist. Aber auch Wissenschaftler können auf diese Weise arbeiten und verblüffende Resultate erzielen.
     
    Als wir über die Frage sprachen, welche Rolle die Gentechnik in der Züchtung spielt und welche sie in Zukunft spielen könnte, habe ich auseinandergesetzt, dass eine der beiden heute praktizierten Technologien der Einbau des Gens aus dem Bacillus thuringiensis in Pflanzen ist, so dass diese dann in der Lage sind, in allen ihren Zellen dasselbe Insektengift zu produzieren, das in der Natur durch das Bakterium gebildet wird. Mais ist die Pflanze, für die diese Technologie vor allem angewandt wird, und der Schädling, um den es dabei geht, heißt
Maiszünsler.
Das ist ein recht unscheinbarer Schmetterling, dessen Raupen sich in den Maisstengel fressen, ihn von innen aushöhlen und dadurch zum Abknicken bringen. Die unappetitlichen Tierchen kriechen aber auch in die Spindeln der Maiskolben und richten so an den Früchten der Maispflanze Schaden an. Eigentlich kann man diesem Schädling, der bis dato die einzige Gefährdung der Pflanzengesundheit beim Mais darstellte, durch einige ganz simple ackerbauliche Maßnahmen ganz gut begegnen: Am wirksamsten ist es, wenn man eine Fruchtfolge einhält, also in der Abfolge der Jahre verschiedene Pflanzen anbaut und nicht ein ums andere Jahr immer wieder Mais. Dann kann man nach der Ernte die Maisstoppeln klein häckseln und anschließend unterpflügen. Beides hält das schädliche Tierchen gut in Schach. In dem Maß, wie in unseren Breiten im Gefolge von Biogasanlagen und regional konzentrierter Massentierhaltung die Landschaften zu reinen Maiswüsten verkommen, steigt natürlich auch die Gefahr an, dass der Zünsler zu einem Problem wird.
    Problematischer als dieser Schmetterling ist ein anderes Tierchen, das in diesen Monaten vom Südosten Europas her die Maisfelder des Kontinentes bedroht. Es ist ein Käfer, und sein Name ist
Maiswurzelbohrer.
Wie der Name sagt, bohren sich seine Larven im Boden in die Wurzeln der flach wurzelnden Maispflanze, so dass diese nicht nur in ihrer Nährstoffaufnahme, sondern auch in ihrer Standfestigkeit beeinträchtigt wird. Schon ein kleiner Wind wirft dann flächenweise Mais in den Dreck – das Ergebnis ist Totalschaden. Offenbar wurde der Schädling aus Amerika nach Europa eingeschleppt. Dass er auf dem Balkan vor ein paar Jahren begann, sich im Umkreis internationaler Flughäfen auszubreiten, weist deutlich auf den Einschleppungsweg hin. Seit dieser Zeit hat er Kurs auf Mitteleuropa genommen und wird schon seit zwei Jahren, wenn auch sporadisch, im Oberrheintal, dem Rottaler Gäu und anderen Regionen mit intensivem Maisanbau gesichtet. Wo er auftaucht, greift eine von der Europäischen Union verordnete Radikalkur: Die Flächen sind umzupflügen und für ein paar Jahre aus dem Maisanbau zu nehmen. Denn auch
Diabrotica
 – so heißt der Wurzelbohrer in feinem Lateinisch – findet nur dort ideale Vermehrungsmöglichkeiten vor, wo kein Fruchtwechsel eingehalten wird.
    Fast triumphierend verweist seitdem die Gentechniklobby von Monsanto und BASF darauf hin, dass spätestens mit Auftreten des furchterregenden Käfers Schluss sein müsse mit dem Widerstand gegen Gentechnikmais, denn sonst drohe der Notstand für unsere Mastbullen und Biogasbakterien. Man wird unschwer verstehen, weshalb ich in dieser Situation elektrisiert war, als ich im Sommer 2007 in einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift eine kleine, unscheinbare Notiz las: Die Saaten-Union, ein Zusammenschluss kleiner mittelständischer Pflanzenzuchtunternehmen in Deutschland, teilte mit, sie sei dabei, eine
Diabrotica-
resistente Maissorte zu züchten. Nicht gentechnisch, sondern auf konventionellem Wege! Bald danach fand sich eine Gelegenheit, mit dem Fachmann der Saatzuchtfirma zu sprechen, der für die entsprechenden Arbeiten verantwortlich zeichnete. Ich rechnete damit, von ihm eine lange und komplizierte Geschichte über Auswahl, Kreuzung und Mutationsstimulierung im Labor zu hören. Nichts dergleichen. Alles, was die Züchter getan hatten, war, nach Ungarn zu fahren, wo das Untier bereits wütete, und auf den befallenen Feldern die Pflanzen

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