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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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unter ihm lag, zu stören. Sehen würde er die Steine bei all dem Schnee natürlich nicht, doch wenn sie noch da waren, würde er es fühlen - würde er das Entsetzen und den heftigen Wunsch zu fliehen verspüren, die sie in ihm hervorrufen würden. Und wenn Hobart beim Überfliegen der alten Begräbnisstätte keine andere Angst empfinden sollte als die, die er mitbrachte... nun, in dem Fall wäre es mit bloßer Angst ohnehin nicht mehr getan.
     
    II
     
    Der Gleiter ging fast widerwillig mit der Nase runter, nachdem er den Maschendrahtzaun, der den oberen Teil des Ackers umschloß, überflogen hatte. Während bis dahin vereinzelte Straßenlaternen wie kleine Sterne die Route des Kobolds mit schwächlichem Leuchten markiert hatten, verschwor sich nun die Dunkelheit mit dem Schneetreiben, um selbst auffälligste Landschaftsmerkmale unsichtbar zu machen. Hobart war während des Fluges gezwungen, sich von seinem Instinkt leiten zu lassen - einem Instinkt, der allerdings von seinem Gedächtnis unterstützt wurde.
    Das Gedächtnis erwies sich als ein äußerst zuverlässiger, aber auch unerbittlicher Verbündeter. Obgleich Frost und Finsternis alles bedeckten, schien die verborgene Erde zu ihm emporzuschreien und von einer anderen schrecklichen Nacht zu erzählen,
    in der Regen in einer wahren Sintflut niedergegangen war und den Vormarsch einer Armee von Kobolden, die sich nicht durch die Luft, sondern zu Fuß vorwärtsbewegten, behindert hatte. Hier sind Rosencrantz und drei andere in einen Schlammbach gerutscht und ertrunken, wisperte das Gedächtnis, das der heulende Wind nicht zu übertönen vermochte. Die große unsichtbare Form vor dir ist der Baum, hinter dem die Truppen von Rasferret dem Engerling lauerten. Direkt an seinem Fuß liegt der Grabstein, neben dem Miranda und Ariel Rücken an Rücken gegen einen unbarmherzigen Feind fochten und niedergemetzelt
    wurde.
    Er dachte an die Geschichte, die er auf der Halloweenparty erzählt hatte, die Todesgeschichte, die Laertes unbedingt hatte hören wollen: Hekate führte den größeren zweier Trupps zum Angriff auf den Knochenacker. Eine zweite, kleinere Gruppe unter Führung des Ältesten, Julius, sollte sich anschleichen und versuchen, Rasferret zu töten... von diesem zweiten Trupp aber kam nur einer mit dem Leben davon. Ich...
    Es gab auch noch eine andere Geschichte, ein uraltes Volksmärchen der Kobolde, das von einem gewissen Robin Goodfellow (auch Droll genannt) handelte, einem Schlawiner und Schürzenjäger, der glatt das Alter ego von Zephyrs ungetreuem Liebhaber hätte sein können. Robin Goodfellow kam eigentlich in mehreren Märchen vor, doch das mit Abstand beliebteste handelte von seinem Kampf mit dem großen Wildebeest von Rangoon. Das Wildebeest, ein stets ausgehungertes Ungeheuer mit schrecklich scharfen Zähnen, wurde durch einen machtvollen Zauber geschützt, der es unverwundbar machte. Trotzdem gelang es Robin, das Untier zu besiegen, indem er es durch eine List dazu brachte, den Kopf in einen stabilen irdenen Krug zu stecken, aus dem es sich nicht mehr befreien konnte; nunmehr unfähig zu beißen, stellte es zwar keine Bedrohung mehr dar, doch starb es auch nicht. Keine Geschichte trug Hobart so oft vor wie die von Robin Goodfellow und dem Wildebeest. Sie schien es ihm wirklich angetan zu haben.
    Dann hast du ihn also getötet?
    Natürlich haben wir ihn getötet, Laertes.
    Erneut wisperte die Erinnerung, als er sich der Begräbnisstätte näherte, wisperte vom Tod eines teuren Freundes durch eine Waffe, die auf einmal in seinen Händen lebendig geworden war: Hobart, deine Armbrust!
    War es eine Träne oder bloß eine Schneeflocke, die da brannte? Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und ließ dabei eines der Steuerungsseile los. Der Wind gestattete dem Gleiter ein zweitesmal, die Nase unerwartet nach unten zu stecken, und dieser Umstand rettete Hobart das Leben.
    Durch Hobarts Eindringen in den Knochenacker aufgescheucht, schoß der frostgefiederte Bote, die scharfen Fänge mordlustig gespreizt, wie eine fliegende Sense vorüber... doch mit diesem Ausweichmanöver in allerletzter Sekunde hatte er nicht gerechnet. Lediglich die Spitze einer einzelnen Kralle schlitzte die Marienseidenbespannung der Tragfläche auf, was keine unmittelbar verheerenden Folgen hatte; größeren Schaden richtete allerdings ein eisiger Flügelschlag an, der den Rahmen verbog und den Gleiter trudelnd in die Tiefe jagte.
    Als er kreiselnd abstürzte, wußte

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