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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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unversehens mitten in das Schlachtgetümmel geraten; lachend fingen sie an, sich gegenseitig Schnee armvollweise an den Kopf zu werfen.
    Etwa zur gleichen Zeit geriet ein besonders saftiger Schneematschball außer Kontrolle und schlug einem fleischigen Polizisten, der just McDonald’s verlassen hatte, die Mütze vom Kopf. Der Bulle grunzte und heftete einen unheilverkündenden Blick auf den achtjährigen Knirps, der für den Schuß verantwortlich zeichnete.
    »He, Bulle!«, piepste der Knirps, der in der Nacht zuvor klammheimlich in das elterliche Schlafzimmer geschlichen war, um sich im Fernsehen ›Saat der Gewalt‹ mit anzuschauen. »Wie heißte, Bulle?«
    »Doubleday«, brüllte der Bulle. »Sam Doubleday.«
    »O-hooooo!« brüllte der Winzling zurück. »O-hoooo, Doubledayl« Und pfefferte einen zweiten Matschball, der den Bullen mitten auf die Brust traf.
    Mit mörderischem Blick löste Doubleday seinen Gummiknüppel vom Gürtel und galoppierte wie eine mittlere Büffelherde auf den Knirps los. Minderjährig, aber nicht auf den Kopf gefallen, machte sich dieser augenblicklich aus dem Staub. Was nun folgte, war ein ungleiches Rennen, da sich Doubleday mit seinen beachtlichen Körpermassen auf den Wegen halten mußte, die ein Schneepflug auf dem Commons freigeräumt hatte, während sein kleiner Peiniger mit Leichtigkeit über die höchsten Schneehaufen krabbelte.
    In eben einen solchen Schneehaufen hatten sich Prediger und Jinsei, eng umschlungen, fallen lassen. Wenn’s nach ihnen gegangen wäre, hätten sie es hier mit Vergnügen bis zum nächsten Frühling ausgehalten, doch der vorüberflitzende Winzling (dem der wutschnaubende Doubleday erstaunlich nah auf dem Fuße folgte) störte ihre Zweisamkeit. Prediger hob den Kopf, um die Ursache des Spektakels zu erfahren, und erlitt durch etwas, was sich gleich darauf als optische Täuschung entpuppte, einen schweren Schock. Aus seiner Froschperspektive sah er flüchtig ein Paar schwarze Stiefel, schwarze Hosenbeine, den Saum eines schwarzen Trenchcoats...
    »Rag!« rief er, bevor er erkannte, daß der Kopf, der aus dem oberen Ende des Trenchcoats herausschaute, einer gelbsüchtigen Frau mit Kokslöffelohrgehängen gehörte. Die Frau machte nicht den geringsten Versuch, sich angesprochen zu fühlen, sondern setzte ihre Suche nach Lederaccessoires fort, ohne sich weiter um das Pärchen im Schnee zu kümmern. Jinsei hob die Hand, versuchte, Predigers Gesicht zu berühren, doch er zuckte zurück; seine Stimmung war im Eimer.
    Er hatte es natürlich schon seit längerem aufgegeben, sich schuldig zu fühlen; Schuldgefühle sind ein schwieriges Unterfangen, wenn man weiß, daß man sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Aber am Verlust seines besten Freundes kann man ein Leben lang leiden - und mag man auch noch so sehr von der eigenen Unschuld überzeugt sein. Ragnarök hatte sich die vergangenen zwei Monate in wahrhaft heroischer Vermeidung geübt, aber auch ohne ihm leibhaftig zu begegnen, wurde Prediger andauernd an ihn erinnert, und das genügte, um ihn aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen.
    »Laufen wir ein bißchen rum«, sagte Jinsei und zwang ihn aufzustehen. Am anderen Ende des Commons hatte Doubleday den Knirps endlich auf den Mast einer Ampel gejagt und brüllte ihm die wüstesten Drohungen hinauf; sie wandten sich in die entgegengesetzte Richtung. Jinsei sprach leise auf Prediger ein, doch ihre Bemühungen, ihn wieder auf angenehmere Gedanken zu bringen, wurden durch das abermalige Auftauchen einer schwarzgekleideten Gestalt zunichte gemacht. Dieser Bursche, ein Pantomime, trug zwar eine unförmige Robe und keinen Trenchcoat, aber sein Gesicht war obszön bleichweiß geschminkt, und er hatte Ragnaröks Größe.
    Der Pantomime verteilte Flugblätter; Jinsei und Prediger versuchten, ihm auszuweichen, aber er machte im selben Moment gleichfalls einen Ausfallschritt, drückte Prediger einen Zettel in die Hand und wirbelte auch schon wieder mit einem Augenzwinkern davon.
    »Was steht drauf?« fragte Jinsei. Prediger zuckte mit den Schultern und gab ihr das Flugblatt, auf dem stand:
     
    DIE NEU GEGRüNDETE BARDISCHE TRUPPE VON ITHACA
    gibt sich schon jetzt die Ehre,
    dem geneigten Publiko ein wunderbares
    Shakespearesches Ereignis anzuzeigen
    Ab März wird gegeben
    ROMEO UND JULIA »... vom Unstern verfolgtes Liebespaar«
    sowie
    JULIUS CäSAR
    Achten Sie auf weitere Informationen in den kommenden Wochen
    Jinsei sah Prediger an und lächelte.
    »›Vom

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