Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
Augenblick später durchschritt sie den Lichtkreis einer Laterne, und ihr Haar war länger. Länger und dunkler - es bedeckte ihre Ohren, reichte fast bis an die Schultern. Und das war nicht die einzige Veränderung an ihr, wenngleich momentan die auffälligste.
    An die dreißig Schritte durch die Schatten, und eine andere Straßenlaterne fing sie ein. Ihr Haar, schwarz wie der Neumond, bedeckte jetzt ihren halben Rücken. Ihre Haut nahm Farbe an, und ihre Augen gingen vom Silber in ein dunkles Braun über.
    Mehr Schritte, mehr Veränderungen. Kalliopes ganze Gestalt begann sich zu verwandeln, sie wurde kleiner, zierlicher; ihre Haut färbte sich, bis sie einen satten Olivton angenommen hatte; ihre Brüste wurden kleiner, kompakter, ohne dabei ihre makellosen Proportionen einzubüßen; ihre Nase wurde breiter.
    Die vollständige Metamorphose nahm vielleicht fünf Minuten in Anspruch. Als sie beendet war, blieb Kalliope unter der nächsten Straßenlampe stehen und betrachtete ihr Spiegelbild in einem Schaufenster. Es war lange her, seit sie eine Asiatin gewesen war; der Anblick gefiel ihr.
    »Bin schon unterwegs, George«, sagte Kalliope und vollführte eine anmutige Pirouette im Licht der Straßenlampe. »Bin schon unterwegs.«
     
    Ein Abstecher in die Hölle
     
    I
     
    Für Luther und Blackjack war New York inzwischen nichts weiter als eine ferne Erinnerung. Sie waren jetzt schon einige Tage unterwegs, immer der Nase des Mischlings und dem Geruch des Himmels nach - im Zickzack zwar, doch in ungefähr nordwestlicher Richtung. An diesem Morgen hatten sie eine Stadt erreicht, deren Namen sie nie erfuhren. Sie waren durch ein Wohngebiet gelaufen - Reihen netter, ordentlicher Häuser, ein jegliches mit gepflegtem Vorgarten und Garage - und näherten sich nun dem Zentrum. Blackjack war nach dem Spaziergang durch das friedliche Viertel, wo sie erfreulicherweise von streichelnden Kindern und gartenschlauchsprühenden Greisen verschont geblieben waren, ungewöhnlich ruhig, doch Luther fühlte sich plötzlich angespannt. Seine Besorgnis vollführte einen Quantensprung, als er zwei Querstraßen weiter einen weißen Lieferwagen über eine Kreuzung fahren sah.
    »Ich spüre, daß Raaq hier ist«, begann Luther. »Vielleicht sollten wir -«
    »Oh, verdammt!«
    »Was denn?« fragte Luther in der Annahme, Blackjack habe ebenfalls Gefahr gewittert oder etwas gesehen.
    »Hitze«, antwortete Blackjack. »Hab ich grad gerochen. Da ist eine heiße Mieze in der Nähe. Wenn ich Glück habe, ist es eine Straßenmieze.« Er warf Luther einen hoffnungsvollen Blick zu. »Das ist irgendwie verlockend, weißt du. Hättest du was dagegen, wenn ich mich mal eben verabsentiere und...«
    »Es ist gefährlich hier, Blackjack«, erwiderte Luther. »Spürst du es denn nicht? Raaq... Raaq ist irgendwo ganz in der Nähe.«
    »Raaq«, wiederholte der Manxkater unbeeindruckt. »Hör mal zu, Luther, Raaq belästigt doch nur Hunde, oder? Ich meine, er ist dein Teufel, nicht meiner. Also brauch ich mir doch wohl keine Sorgen zu machen. Und wenn er wirklich aufkreuzen sollte, dann verpasse ich ihm, während er sich auf dich konzentriert, eine solche Breitseite, daß er erst mal aus dem Verkehr gezogen ist.« Eine ziemlich schludrig geschmiedete Gedankenkette, aber Blackjack hatte es eilig: Er wollte jetzt bumsen und keine Zeit mit unsinnigen Diskussionen verplempern.
    Luther wandte den Blick enttäuscht ab. »Okay, Blackjack«, sagte er. »Wenn du dir einreden willst, ich sei mal wieder abergläubisch - bitte schön. Ich werde hier so lang wie möglich auf dich warten. Aber wenn wirklich was passiert -«
    »Bitte, Luther, bitte, versuch nicht, mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Ich begleite dich doch auf dieser Reise, oder? Und ich versprech dir, daß ich dich nicht im Stich lasse, bis du deinen Himmel gefunden hast - aber in diesem Augenblick hätte ich gern ein kleines bißchen Paradies auf Erden. Das ist doch wohl nicht zuviel verlangt, oder?« Er fing an, sich rückwärts in Richtung Hitzeduft zu entfernen, und schaute Luther dabei unverwandt mit großen, flehenden Augen an. »Ich bin in Nullkommanichts wieder da. Kater brauchen ohnehin nicht lange, und wenn die Zeit drängt, kann ich wirklich schnell sein. Bin gleich wieder da.«
    »Na, dann geh«, sagte Luther knapp. »Aber du machst einen Fehler, Blackjack. Das ist ein böser Ort hier.«
    »Wir werden früh genug wieder weg sein«, rief ihm der Kater zu, während er in einer Gasse

Weitere Kostenlose Bücher