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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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strahlenden Morgen knapp zwei Wochen später verließ eine bohemische Abordnung, bestehend aus Löwenherz, Myoko und Z. Z. Top, die Risley Hall in diplomatischer Mission. Es war Sonntag, und die Mitglieder der Gesellschaft für Mediävale Körperverletzung tummelten sich in voller Rüstung auf dem Rasen vor Risley und prügelten mit Holzschwertern und Keulen aufeinander ein; als Löwenherz ins Freie trat, winkte er ihnen zu.
    »Schöner Tag heute«, sagte er und entbot damit zugleich dem Himmel seinen Gruß.
    »Ideal zum Sterben«, fügte der Top hinzu; keine fünf Meter von ihm entfernt erlag ein Schwertkämpfer gerade dem vereinten Angriff dreier Keulenschwinger. »Ich wette allerdings, daß Myoko ihnen allesamt den Arsch versohlen könnte.«
    »Dank dir, mein Lieber«, erwiderte die Graue Herrscherin. Sie hängte sich bei Löwenherz ein, und sie marschierten los.
    Das nächstgelegene griechische Verbindungshaus auf der Fraternity Row war natürlich Zeta Psi, direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Den Rasen der Zetas zierte eine rostige Kanone aus der Zeit des Sezessionskrieges, ein Andenken an frühere Feindseligkeiten zwischen Zeta Psi und Risley. Als die Bohemier zwei Jahre zuvor der Rho Alpha Tau den ewigen Krieg erklärten, war allerdings ein inoffizieller Friedensvertrag zwischen Zeta und Risley ausgehandelt worden.
    »Wo gehn wir heut überhaupt hin?« fragte der Top. »Hast du mit der Rattenschaft ein Hühnchen zu rupfen?«
    »Mit denen gibt’s immer ein Hühnchen zu rupfen«, sagte Löwenherz finster. »Heute haben wir aber was anderes vor. Da ist eine andere Verbindung, die uns als Ehrenmitglieder aufnehmen möchte.«
    »Ehrenmitglieder? Verdammt, Lö, Bohemia kann doch nicht griechisch werden!«
    »Das war zuerst auch meine Meinung. Aber diese Verbindung ist was Besonderes.« »Was heißt hier besonderes? Griechisch bleibt griechisch.«
    »Es ist die Tolkienia«, sagte Löwenherz.
    Z. Z. Top starrte ihn entgeistert an. »Die wollen uns als Korpsbrüder?«
    »Und Schwestern«, erwiderte Löwenherz und ergriff Myokos Hand. »Freitag abend hab ich unten im New Wave einen ihrer amtierenden Präsidenten kennengelernt - sie haben gleich drei davon. Einen Burschen namens Shen Han. Interessanter Typ; trank gerade einen Tequila Sunset.«
    »Sunrise«, verbesserte ihn Myoko.
    »Nein, Sunset. Brandy anstelle von Grenadine. Ziemlich abgefahren, fand ich. Hat mir gut gefallen.«
    »Aber warum wollen die, daß wir uns mit ihnen zusammentun?« fragte der Top.
    »Das eben werden wir herausfinden, Geschmacklosester. Dich hab ich hauptsächlich deswegen mitgenommen, weil ich mir vorstellen könnte, daß es dich irgendwie anmacht. Ist ›Der Herr der Ringe‹ noch immer dein Lieblingsbuch?«
    »Hab’s erst neulich zum zwölftenmal gelesen. Grad letzte Woche damit fertig geworden.«
    »Na prima. Das müßte ja ganz lustig werden.«
    Die Tolkienia - so benannt nach J. R. R. Tolkien, von dessen Phantasiewelt sie ihre Inspirationen bezog - war eine der berühmtesten und zugleich am wenigsten bekannten Verbindungen von Cornell. Das Tolkien-Haus lag weitab vom Schuß; Besucher wurden in der Regel nicht zugelassen. Wenn man den Bohemiern angeboten hatte, en bloc beizutreten, so mußte etwas Besonderes dahinterstecken; Löwenherz hatte die eine oder andere Vermutung, was dieses Etwas sein könnte, doch behielt er sie für sich.
    Sie gingen bis ans Ende der Thurston Avenue, verließen dann Straße und Bürgersteig und schlugen einen Pfad ein, der auf ein dicht bewaldetes Grundstück führte. Sie hatten das Gefühl, als beträten sie eine andere Welt; die Bäume waren ungewöhnlich hoch und bildeten ein undurchdringliches Laubgewölbe, das den Himmel fast völlig verdeckte. Nicht umsonst galt die Tolkienia als die einzige elbische Griechenschaft.
    Urplötzlich standen sie davor. Der Pfad führte etwa vierzig Meter tief in den Wald hinein und mündete dann völlig unvermittelt in eine Lichtung. Das Verbindungshaus tauchte vor ihnen auf wie eine gewaltige steinerne Festung aus einer anderen Zeit. Es war riesig, schien die Lichtung fast zu sprengen; hier und da reichte der Waldrand bis auf anderthalb Meter an die Mauern heran. An beiden Enden des rechteckigen Gebäudes erhob sich ein gedrungener Turm, dessen Name jeweils in einem Steinblock der Grundmauer eingemeißelt war: MINAS ANOR hieß der rechte, MINAS ITHIL der linke.
    »Irrsinn«, flüsterte der Top, der es kaum fassen konnte.
    »Aber irgendwie komisch«, meinte

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