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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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befriedigt; er konnte keinerlei Anzeichen von Unehrlichkeit in seiner Miene entdecken.
    »Sag mir eins«, fragte Lucius, der sich schon eine Weile nicht mehr am Gespräch beteiligt hatte, »ist einer deiner Gefolgsfrauen etwas passiert? Etwas, wobei die Rho Alpha Tau die Hand im Spiel hatte?«
    »Ja«, sagte der bohemische König leise. »Einer sehr guten Freundin ist etwas passiert.«
    Er sah zur Gummimaid hinüber und ließ sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen.
    »Würdet ihr mir einen Gefallen tun ?« fragte er die Präsidenten. »Könntet ihr das Ding da rausschmeißen, bevor wir unsere erste große gemeinsame Fete .feiern? Das versaut die ganze Atmosphäre.«
    »Dein Wunsch ist mir Befehl«, versprach Shen Han.
    »Werdet ihr euch also mit uns zusammentun?« fragte Noldorin.
    Löwenherz nickte. Nach einem Augenblick brachte er ein Lächeln zustande. »Na, wo ist denn euer Butler? Wir könnten es ja genausogut gleich hinter uns bringen und auf unsere gemeinsame Zukunft anstoßen.«
    Als hätte er nur aufs Stichwort gewartet, erschien Zwerg Ori mit den Getränken: Midori für Löwenherz und Myoko, Bier mit Zitrone für Z. Z. Top und Tequila Sunsets für die drei Präsidenten. Die Gläser wurden weitergereicht, wortreiche und wohlgesetzte Trinksprüche an den Mann gebracht, und die Freundschaft zwischen den Bohemiern und den Tolkienianern nahm ihren Anfang. Dennoch hörte Löwenherz währenddessen keinen Augenblick auf, an seine Erzfeinde zu denken — an die Ratten der Rho Alpha Tau. Trotz der verunglimpfenden Scherze, zu denen das Kürzel den zahlreichen Gegnern der Rho Alpha Tau von jeher Anlaß gegeben hatte, war der Name dieser Korporation nicht so gedankenlos gewählt, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Man muß sich nur vergegenwärtigen, daß der griechische Großbuchstabe Rho wie ein lateinisches P geschrieben wird und die Abkürzung des Namens als pat gelesen werden kann. Nach dieser Vorbemerkung wird es also niemanden weiter überraschen, daß einer der Gründer der Verbindung ein gewisser Patrick Baron war, ein nicht allzu bescheidener Angelsachse, dessen Vater es in der Kohlenindustrie zu einigem Wohlstand gebracht hatte. Der reiche und ultrakonservative Baron wurde der erste Präsident und setzte während seiner Amtszeit die Maßstäbe, die auf Jahrzehnte hinaus den Führungsstil in der Verbindung bestimmen sollten.
    Die Rho Alpha Tau wurde in den letzten Tagen der McCarthy-Ära ins Leben gerufen; die Kommunistenhatz war bei den damaligen Korpsbrüdern eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Doch erst in den sechziger Jahren, der Zeit der Bürgerrechtsbewegung, erschienen die ersten wirklich dunklen Flecke auf der weißen Weste der Rho Alpha Tau. Das Schimpfwort kam in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Umlauf, nachdem mehrere Zwischenfälle und namentlich die infame Martin-Luther-King-Party die Verbindung mehr und mehr ins Gerede gebracht hatten. Besagte Party (eine äußerst exklusive Angelegenheit, zu der nur mündliche Einladungen ausgegeben wurden) fand wenige Tage nach Kings Ermordung statt. An die Gäste war die unverbindliche Empfehlung ergangen, Ketten, Radkappen und andere geeignete Requisiten zum Fest mitzubringen; den Höhepunkt des Abends bildete ein Kostümwettbewerb, bei dem Vizepräsident Ted Pulaski als Variete-Neger mit blutbeflecktem Hemd erschien. Wie sich bald herausstellte, fand dies eine ganze Reihe Korpsbrüder doch zu geschmacklos; im Lauf der folgenden Woche legten sieben von ihnen ihre Mitgliedschaft nieder. Dennoch fand sich keiner der sieben bereit, als Zeuge gegen die Verbindung aufzutreten, und wenngleich die Sache mit der Party bald bekannt wurde, konnte nie etwas nachgewiesen werden.
    Im Frühling des darauffolgenden Jahres machte Cornell bundesweit Schlagzeilen, als eine Gruppe militanter schwarzer Studenten anläßlich eines Eltern-Wochenendes die Willard Straight Hall besetzte. Die »Straight-Besetzung von ‘69« wurde bald Legende, wenngleich sie - wenigstens anfänglich - keinen ernsteren Zwischenfall darstellte als die zahlreichen vergleichbaren Aktionen dieses unruhigen Jahrzehnts. Die Schwarzen zogen Samstag früh um halb sechs in die Straight ein und setzten die auswärtigen Besucher, die man für das Wochenende dort untergebracht hatte, vor die Tür. Die historische Wende trat um 9 Uhr 30 ein, als ein Kommando von fünfundzwanzig Rho-Alpha-Taulern unter der Führung des neuen RAT-Präsidenten Ted Pulaski durch ein Seitenfenster eindrang

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