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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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zurück. »Die ganze Falun-Gong-Werbung, die aufrührerischen Reden gegen die Partei – das würden die doch keine Woche durchhalten, geschweige denn Jahre.«
    Sie nickte. »Das sehe ich auch so. Lu, stimmst du zu?«
    Lu nickte verdrießlich.
    »Freu dich mal!«, sagte sie. »Du und dein Freund, ihr habt jetzt ein bisschen Zeit füreinander!«
    Lu und Matthew fuhren mit der U-Bahn zu einem neuen Café in der Nähe des Window-of-the-World -Parks – des Themenparks, wo früher oder später alle landeten. Matthew erinnerte sich, wie er einmal mit seinem Vater hier gewesen war. Sie hatten historische Rüstungen angelegt und mit Pfeil und Bogen geschossen, während ein Kantonese in Indianerkleidung ihnen Tipps gab. Es hatte Spaß gemacht, allerdings nicht so viel Spaß wie die virtuellen Spiele, die Matthew damals schon lange spielte.
    Vor einem großen, heruntergekommenen Hotelkomplex stiegen sie aus. Das Café war früher das zum Hotel gehörende Restaurant gewesen. Es hatte ein riesiges Piratenschiff auf dem Dach und war innen voller Rauch. Die Tische waren zu den üblichen Reihen zusammengestellt, und alle paar Meter stand ein PC darauf. Etwa die Hälfte der Tische war besetzt, und an einem Ende saßen fünfzig oder sechzig Spieler, die eindeutig Goldfarmer waren. Sie arbeiteten unter dem wachen Blick eines älteren Kerls mit fiesem Gesicht und einer Zigarette im Mundwinkel. Es war unvorstellbar heiß im Inneren, gut zwanzig Grad wärmer als draußen, und so feucht und dunkel wie in einer Höhle. Matthew fühlte sich sofort wie zu Hause.
    Lu steckte dem alten Mann hinter der Theke unverzüglich ein paar Scheine zu. Es war ein finster dreinblickender, zahnloser Großvater mit einem Buckel, und an einer Hand fehlten ihm zwei Finger. Mit einem Blick auf Matthew bestellte Lu noch ein paar Teigtaschen. Der alte Mann nahm eine Styroporpackung aus der Tiefkühltruhe, stach die Packung oben ein und stellte sie in die Mikrowelle. »Geht nur«, sagte er. »Ich bring sie euch.«
    Matthew und Lu setzten sich an zwei PC s, die etwas abseits standen, neben einem mit Zeitungen zugeklebten Panoramafenster. Durch einen Riss in den Zeitungen spähte Matthew auf die Ruine eines Pools hinaus, die zum Piratenlook des Restaurants passte. Die Wasserrutschen und Springbrunnen waren mittlerweile grün und schäbig. »Nettes Hotel«, bemerkte er.
    Derweil hangelte Lu sich über eine Reihe von Proxys zu Jiandis Webseite und suchte nach einem funktionierenden Mirror für ihren Stream. »Ich denke, wir haben etwa eine Dreiviertelstunde, ehe jemand bemerkt, dass wir mit diesem PC etwas anstellen, das wir nicht sollten. Ich hoffe, das reicht, dir dein Misstrauen zu nehmen.«
    Matthew merkte, wie wütend Lu war, und schluckte den eigenen Ärger hinunter – darin hatte er dank der Zeit im Lager viel Übung. »Ich will doch bloß auf Nummer sicher gehen, Lu. Das ist kein Spiel.« Er musste über sich selbst grinsen. »Okay, es ist schon ein Spiel. Aber auch das wirkliche Leben. Das hier hat Konsequenzen.« Er zupfte an seinem Shirt, das ihm lose von den dünnen Rippen hing. »Würde dir auch nicht schaden, etwas vorsichtiger zu sein.«
    Lu kniff die Lippen zusammen und gab keine Antwort. Bald darauf brachte der Alte ihnen das Essen, das sie schweigend verzehrten. Die Teigtaschen waren schlecht und mit irgendetwas gefüllt, das wie geschreddertes Papier schmeckte, doch immer noch besser als die Hühnchenfüße im Lager.
    Matthew betrachtete seinen Freund. Für einen Tank war er immer schon sehr nachdenklich und rücksichtsvoll gewesen, aber auch tapfer. Ursprünglich war er nicht in Matthews Gilde gewesen, doch als Boss Wing Matthew das Kommando über die neue Eliteeinheit gegeben hatte, waren Lu und andere bereitwillig gefolgt, denn sie hatten Matthews strategisches Geschick erkannt. Und als Matthew ihnen zum ersten Mal von den Webblys erzählt hatte, war Lu genauso aufgeregt wie alle gewesen. All das schien vor sehr langer Zeit passiert zu sein, in einem anderen Leben – ehe ihn der Schlagstock eines Polizisten getroffen hatte, ehe er verhaftet und zu dem geworden war, der er nun war. Jetzt aber war er zurück. Lu hatte sich seinerseits monatelang völlig auf sich gestellt durchschlagen müssen und …
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte er und ließ die Stäbchen sinken. »Ich weiß zwar immer noch nicht, ob ich deiner Freundin trauen kann, aber ich hätte es etwas geschickter verpacken können. Es war ein langer Tag. Vor

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