For the Win - Roman
Romantisch und außergewöhnlich. Einer höheren Gerechtigkeit wegen, von der seine Freunde nur träumen konnten.
All das kam ihm nun reichlich jämmerlich vor, und das stimmte ihn traurig. Bald wollte er nur noch an seinen Laptop zurück, um nicht mehr länger nachdenken zu müssen.
Es funktionierte, und seine Ausbeute konnte sich sehen lassen: Zunächst war da ein ganzer Haufen Bilder, die der Kapitän an die Reederei gemailt hatte. Das Frachtdeck sah aus wie ein umgestürzter Jenga-Turm. Container lagen überall verteilt, auf der Seite, auf dem Rücken, bunt durcheinandergewürfelt. Offenbar war die oberste Schicht komplett über Bord gegangen, und auch auf der Backbordseite schien einiges zu fehlen. Er sah sich das genauer an: Sein Container befand sich steuerbord, und das Gegenstück auf der anderen Seite fehlte anscheinend. Er sah auf der Frachtliste nach und verglich seine Seriennummer mit denen der verlorenen Container. Dann schluckte er. Es war reiner Zufall gewesen, dass sein Container steuerbord gelandet war. Wäre es anders gelaufen, wäre er jetzt Pflaumenmus in einer platt gedrückten Konserve auf dem Meeresgrund.
Er durchforstete die E-Mails nach Spuren des geheimnisvollen blinden Passagiers, doch es schien, als hätte der Sturm jeden Gedanken an ihn buchstäblich verweht. Anhand der Frachtliste konnte er sich den Wert der verlorenen Container ausrechnen. Zwar waren die meisten davon so gut wie leer gewesen (da Amerika nicht viel hatte, was China brauchte, außer eben leere Container, in die man neue Güter laden konnte). Trotzdem lag der Verlust in der Größenordnung von mehren hunderttausend Dollar. Er zuckte zusammen. Da würde sich die Versicherung aber freuen!
Jetzt wurde es Zeit für seine eigenen E-Mails. Er hatte es herausgezögert, weil das noch riskanter war, falls der Admin des Schiffs seinen eigenen Datenverkehr mitloggte. Zwar würde es nicht wie eine Mail an Schwester Nor und seine Gilde und die MT s daheim in Amerika aussehen, sondern bloß wie riesige Mengen von Datenmüll, der von einer internen Adresse ausging, die keinem bekannten Netzwerkgerät auf dem Schiff zuzuordnen war. Auch das Ziel der Daten war nicht bestimmbar – er leitete seinen Traffic durch das Tor-Netzwerk, das ihn wie eine Erbse in einer Rumba-Rassel durch Knotenpunkte in der ganzen Welt warf. Außerdem verließ er sich auf die laxe Sicherheit an Bord. Und darauf, dass die Crew wahrscheinlich selbst nach jedem Landurlaub neue Handys oder Spielkonsolen mit dem Netzwerk verband. Dennoch war es möglich, dass der blinde Passagier sie vorsichtiger gemacht hatte.
Er rang eine Weile mit sich, die Finger über dem Laptop, wusste aber schon, wie der Kampf ausgehen würde. Er konnte ebenso wenig auf Internet und den Kontakt zu seinen Freunden verzichten, wie er es weiter tatenlos in dieser Sardinenbüchse ausgehalten hätte.
Also tat er es: Er schrieb seine E-Mails und verfolgte den Datenverkehr. So weit, so gut. Dann: ein Poltern und ein Krachen und eine Reihe ohrenbetäubender Schläge von oben. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Donnernd setzten sich die metallischen Geräusche von Container zu Container fort. Was war nur los? Er versuchte, den Ursprung der Geräusche mithilfe der Bilder, die er gesehen hatte, zu lokalisieren. Da begriff er: Die Crew hatte den Gabelstapler und den Kran im Einsatz und schichtete die Container um, damit sie sicherer lagen.
Er zog seine Antenne ein, flüchtete in sein Versteck, verriegelte die Luke, schloss alle losen Sachen weg und warf sich aufs Bett. Dann klammerte er sich so gut er konnte fest, während sein Container zum zweiten Mal in 24 Stunden umhergeworfen wurde.
»Und wo bist du im Endeffekt gelandet?«, fragte Ping und reichte Wei-Dong eine weitere Portion Reis mit Hühnchen im Lotusblatt. Ping hatte ja zum Pizza Hut gewollt, doch Wei-Dong hatte so gekränkt reagiert und so energisch auf etwas »Richtigem« zu essen bestanden, dass er den Gweilo zu einem Imbiss im kantonesischen Viertel gebracht hatte. Wei-Dong hatte es sofort gefallen, und als er selbstbewusst bestellte, waren sowohl Ping als auch der Kellner beeindruckt gewesen, wie gut er sich mit südchinesischer Küche auskannte.
Wei-Dong kaute und verzog das Gesicht. »Ganz oben auf dem verdammten Stapel, drei Container hoch!«, erwiderte er. »Und ringsum andere Container. Es war reines Glück, dass die Tür diesmal freiblieb. Aber ich konnte mit denen hier ja nicht runterklettern.« Er wies auf die beiden
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