For the Win - Roman
charismatisch, offen, klug und fröhlich, in General Robotwallah verwandeln, grimmig, kompromisslos und mit steinerner Miene.
»Gewalt ist immer nötig«, sagte sie. »So viel Gewalt, dass sie verschwinden und nicht wiederkommen. Man muss sie hart treffen und zurück in ihre Löcher jagen.«
Die Gesichter der dreißig Webblys am Tisch waren Spiegelbilder ihres eigenen. Sie war ihr General, und ehe sie in ihr Leben getreten war, waren sie nur Dharaviratten gewesen, die in Fabriken Plastikmüll sortiert und sich in der Schule das Buch mit vier anderen Schülern geteilt hatten. Jetzt gehörten sie zum Adel, verdienten mehr Geld als ihre Eltern, hatten Arbeit und genossen Respekt. Sie würden ihr über eine Klippe folgen, wenn nötig. Sie würden ihr in die Sonne folgen.
Yasmin aber räusperte sich. »Gewalt ja«, sagte sie, »aber nicht mehr als nötig. Und wenn möglich gar keine.«
Mala versteifte sich, und die Sehnen an ihrem Hals traten hervor. Doch Yasmin begegnete ihrem Blick mit aller Ruhe … und dann lächelte sie, ein süßes, kleines Lächeln, das von Herzen kam. »Das heißt natürlich, wenn der General dem zustimmt.«
Und Mala schmolz dahin. Die Spannung ließ von ihr ab, und sie erwiderte Yasmins Lächeln. Etwas zwischen ihnen hatte sich verändert seit jener Nacht, in der Mala Yasmin angegriffen hatte – und zwar zum Besseren. Mit einem einzigen Blick, einem einzigen Lächeln, einer einzigen Berührung konnte Yasmin Malas explosive Stimmungen entschärfen. Die Armee respektierte und schätzte das, und manchmal kamen die Kämpfer mit ihren Sorgen zu Yasmin.
»Natürlich«, sagte Mala. »Nicht mehr Gewalt als unbedingt nötig.« Sie nahm ihren Stock mit dem silbernen Schädel als Knauf, ein Geschenk ihrer Armee, und deutete mit der Grazie einer Fechterin ein paar wilde Hiebe an. Ashok wusste, dass unten im Stock ein Bleigewicht saß – er hatte sie damit Löcher in Ziegelmauern schlagen sehen – , doch während Mala den Stock schwang, zeigten ihre muskulösen Arme keinerlei Anstrengung. Eine der Frauen vom Restaurant sah sie so sorgenvoll an, dass es einem fast das Herz brechen konnte, und Ashok fragte sich, wie viele junge Menschen sie in ihrem Dorf und hier in der Stadt hatte zugrunde gehen sehen.
»Gehen wir«, sagte Mala und schob ihren Stuhl zurück. Ashok sprang neben sie, und in Dreierreihen marschierte die Armee die Straße hinab, sodass Scooter wie Motorräder, Ziegen wie Auto-Rikschas einen Bogen um sie schlagen mussten. Der Anblick solch stolzierender Gangs war für Ashok nichts Neues – häufig genug war er es gewesen, der ihnen hatte ausweichen müssen. Doch jetzt gehörte er dazu; dabei waren es noch Kinder, die Jüngsten kaum dreizehn, die Ältesten keine zwanzig, und ihre Anführerin war ein hinkendes Mädchen mit langem Hals und einem Pferdeschwanz. Trotzdem reagierten die Leute ängstlich auf sie, und Macht und Angst ließen Ashok stolz die Brust schwellen, obwohl er sich dafür schämte.
Vor Mrs. Dottas Tür bückte sich Mala und brach einen Stein aus dem brüchigen Straßenbelag, ohne sich um den allgegenwärtigen Schmutz zu kümmern. Sie holte aus wie ein Werfer beim Cricket und warf mit beeindruckender Präzision. Krachend prallte der Stein gegen das Wellblechdach des Cafés, und bevor der Lärm verklungen war, hatte sie auch schon den nächsten Stein in der Hand. Überall in der engen Straße erschienen Köpfe in den Fenstern und Türen, und Fußgänger blieben neugierig stehen.
Die Tür schlug auf, und vor ihnen stand der Junge, der Ashok heute früh bedroht hatte. Selbst aus sicherer Entfernung sah man seine geröteten, blutunterlaufenen Augen. Er reckte seine Machete wie ein Schwert, und seine Lippen waren zu einem Knurren verzogen. Als er jedoch der dreißig Soldaten gewahr wurde, verflog seine Angriffslust. Die meisten der Kinder hatten Knüppel, Eisenstangen oder ein paar Steine gesammelt und begegneten seinem Blick ohne jede Furcht.
»Was ist hier los?« Er versuchte, eine tapfere Figur zu machen, doch seine Stimme versagte ihm beinahe den Dienst. Die Machete zitterte.
»Vorsicht«, flüsterte Ashok Mala und allen in Hörweite zu. Ein verängstigter Schläger war noch weniger berechenbar als ein selbstbewusster.
»Mrs. Dotta hat uns gebeten, ihr Café wieder zu öffnen«, erklärte Mala und hob ihr Handy. »Ihr könnt jetzt gehen.«
»Der neue Besitzer hat uns gebeten, ein Auge auf sein Café zu halten«, gab der Junge zurück, und für jeden Zuhörer war klar,
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