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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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es würde einer kommen.«
    Und als er darauf lauschte, hörte er ihn auch, ein fernes di-dah, di-dah . In die enge Gasse von Mrs. Dottas Café würde der Wagen aber nicht passen. Wortlos rannte Yasmin Richtung Hauptverkehrsstraße, um ihn herbeizuwinken.
    Ashok nahm immer mehr Geräusche wahr: Nachbarn, die die Köpfe aus den Fenstern und Türen streckten und aufgeregt Meinungen und Gerüchte austauschten. Sie buhten Malas Armee aus, ließen Flüche auf die Halbstarken mit ihren Macheten niedergehen, plapperten wie bunte Tropenvögel und beklagten das Verschwinden Mrs. Dottas, die mitten in der Nacht unter Tränen hatte fliehen müssen.
    Ashok hatte Blut an den Händen, den Armen, der Brust, im Gesicht. Er hatte getrocknetes Blut auf den Lippen und einen Geschmack wie nach Kupfer im Mund. Sein Hemd und seine Hose waren völlig durchnässt. Er streckte sich und ließ ratlos den Blick über die Menge schweifen. Überall Gaffer, Soldaten, Verwundete.
    Mala flüsterte Sushant gerade irgendetwas eindringlich ins Ohr. Daraufhin nickte er, schritt die Reihen ab und drängte die Soldaten, ins Innere des Cafés zu gehen. Es wartete noch eine Menge Arbeit auf die Webblys. Bald würde die Polizei vor Ort sein, und derjenige, der zu diesem Zeitpunkt im Inneren saß, würde das moralische Recht – das Recht des Verteidigers – auf seiner Seite haben. Die Jungen mit den Macheten, ob verletzt oder nicht, würden diesen Bonus in den Augen der Polizei nicht haben.
    Beiläufig fragte sich Ashok, ob man ihn verhaften würde, und falls ja, ob er sich würde herauslavieren können. Vielleicht würde sein Vater es schaffen, ihn herauszuboxen? Immerhin war er Arzt und ein angesehener Mann …
    Schließlich trafen zwei Sanitäter mit schweren Taschen und zusammengeklappten Bahren ein, Einheimische vom Lokmanya-Tilak-Krankenhaus, das einen guten Ruf hatte. Rasch beschrieb Ashok ihnen die Verletzungen, und sie teilten sich auf, um sich sofort die ernsten Fälle anzusehen. Er blieb in der Nähe des kleinen Jungen, für den er sich irgendwie mehr verantwortlich fühlte als für die eigenen Verletzten. Der Sanitäter legte dem Jungen eine Halskrause an, um seinen Kopf zu stabilisieren, und achtete darauf, dass sie seine Atmung nicht behinderte. Dann klappte er die Bahre auf, arretierte sie und sah Ashok an.
    »Du weißt, wie das geht?«
    Statt einer Antwort stellte sich Ashok an den mageren Hüften des Jungen auf und legte eine Hand auf jede, damit sie ihn gleichzeitig auf die Bahre heben und dabei gerade halten konnten. Falls der Junge Verletzungen an der Wirbelsäule hatte, würden sie sich so zumindest nicht verschlimmern. Einen Moment lang hielt Ashok fast das ganze Gewicht des Jungen in Händen; er kam ihm so leicht vor, als wäre er innen hohl. Da erst merkte Ashok, dass er leise weinte. Die Tränen, die ihm das Gesicht hinab rannen, vermischten sich mit dem Blut auf seinen Wangen, und das, was in seinen Mund drang, schmeckte jetzt doppelt salzig.
    Mala fasste ihn wortlos am Arm. Wegen der feucht-schwülen Morgenhitze war ihr Körper sehr warm. Bald würde die Luftfeuchtigkeit sich sammeln, als Regen auf die Erde niedergehen und das Blut ringsum in die Gossen spülen.
    »Er war ein tapferer Junge«, sagte Mala.
    Ashok fiel keine passende Antwort ein.
    »Er dachte wohl, wir würden aus lauter Angst für immer verschwinden, wenn er einen von uns mit dieser Klinge erwischt.«
    »Du kannst ihn also verstehen?«, fragte Ashok. Yasmin trat an Malas Seite und griff nach ihrer Hand.
    Mala gab keine Antwort.
    »Jeder denkt, dass er den Kampf gewinnen kann, wenn er nur den ersten Schlag führt«, warf Yasmin ein. Malas Arm versteifte sich. »Manchmal gewinnt man aber, indem man gar nicht kämpft.«
    »Wir sollten dich General Gandhiji nennen«, sagte Mala.
    »Das wäre mir eine Ehre, aber ich würde Gandhi nicht gerecht werden. Er war ein großer Mann.«
    »Gandhi gab zu, seine Frau geschlagen zu haben«, bemerkte Ashok. »Er war ein großer Mann, aber kein Heiliger.« Er schluckte. »Keiner redet von all der Gewalt, die er in sich wegschloss. Ich finde, das ehrt ihn noch mehr. Denn es heißt, dass seine Gewaltlosigkeit nicht bloß etwas war, mit dem er geboren wurde. Er musste sie sich erkämpfen. Er rang mit sich selbst, jeden einzelnen Tag.« Er schaute auf Malas Kopf herab und war einen Moment überrascht, dass sie kleiner war als er. In seiner Vorstellung war sie meist überlebensgroß.
    Mala schaute zu ihm auf, und ihre dunklen Augen unter

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