For the Win - Roman
nahm.
»Wir müssen uns verteidigen können«, sagte General Robotwallah. »Banerjee wird andere Schläger finden, die uns hier rauswerfen wollen.«
Sushant stand auf und hob eine der Macheten, die vom Kampf übrig geblieben waren. »Wir haben es zurückerobert, wir werden es auch halten!«, rief er mit gespielter Tapferkeit. Ashok wurde auf einmal schlecht.
Yasmin und der General schauten sich an und fanden eine stille Übereinkunft.
»Keine Gewalt mehr«, sagte der General im Befehlston.
Sushant sank in sich zusammen wie ein getretener Hund. »Aber was machen wir, wenn sie mit Messern und Knüppeln und Pistolen wiederkommen?«, fragte er kleinlaut.
Yasmin erhob sich und trat neben ihren General. »Wir sorgen dafür, dass es nicht dazu kommt«, erwiderte sie.
Ashok ging in sein kleines Hinterzimmer und begann zu telefonieren.
»Schwestern!«, rief Jie und warf den Kopf zurück. Als sie Platz genommen hatte, war sie noch ganz ruhig gewesen. Jetzt aber schien es, als brächen all die Trauer und die Wut aus ihr heraus, die sie in sich weggeschlossen hatte, seit Lu erschossen worden war.
» SCHWESTERN !«, rief sie abermals, die Fäuste geballt, und diesmal war es ein Heulen, so furchtbar wie das, das Lu von sich gegeben hatte, so furchtbar wie der Schrei der halbtoten Katze damals vor Wei-Dongs Haus.
Sie befanden sich wieder in dem ehemaligen Themenrestaurant mit dem Piratenschiff auf dem Dach, das früher Teil des nun abbruchreifen Intercontinental-Hotels gewesen war. Der zahnlose Alte hinter der Theke hatte mit Jie verhandelt, ohne Wei-Dong auch nur eines Blickes zu würdigen. Dann hatte er ihnen mit einem Kopfnicken den Weg zum Keller gewiesen, der früher ein Vorratsraum gewesen war und den er heute meist diskret an Pornofilmer vermietete.
Sobald die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, zog Jie einen bootfähigen USB -Stick hervor und startete den Computer damit neu. Dann steckte sie sich einen kleinen, eleganten Hörer ins Ohr und reichte Wei-Dong den zweiten. Nach ein wenig Herumprobieren bedeutete sie ihm, dass sie jetzt live waren, und stieß ihr klagendes Geheul aus.
»Schwestern! Liebe Schwestern!«, rief sie, während Tränen ihr Gesicht herabrannen. »Heute Nacht haben sie ihn getötet. Den armen Tank … meinen Tank. Sein Name, sein echter Name, war Zha Yue Lu, und ich habe ihn geliebt. Er hat nie einem anderen Menschen etwas getan, und das Einzige, das er sich hat zuschulden kommen lassen, war, bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu fordern, nur etwas Freizeit und Jobsicherheit – all das, was für unsere Bosse ganz selbstverständlich ist.
Heute Nacht haben sie uns gestürmt, die gemeinen jingcha . Sie haben immer schon für die Bosse gearbeitet, und daran wird sich auch nie etwas ändern. Sie haben die Tür aufgebrochen, und die Jungs sind gelaufen wie der Wind, aber sie haben sie alle geschnappt. Lu und ich haben versucht, durch die Hintertür zu entkommen, aber sie … « Sie hielt inne, um die Tränen hinunterzuschlucken. Ihr Schmerz schien größer als der ganze Raum zu sein. Sie schluchzte, und die Nadel des Mixers auf ihrem Schirm schlug in den roten Bereich aus. »Sie haben ihn erschossen wie einen räudigen Hund.«
Sie schluchzte wieder und konnte gar nicht mehr damit aufhören. Sie trommelte mit den Fäusten auf den Tisch, raufte sich das Haar, schrie, als würde sie mit Messern geschnitten, schrie, bis Wei-Dong sicher war, gleich werde jemand die Tür eintreten, vor lauter Angst, hier drinnen werde irgendein Mensch umgebracht.
Zögernd stand er auf, ging zu ihr hinüber und legte seine Hände auf ihre Fäuste. Sie schaute ihn an, ohne ihn wirklich zu sehen, und vergrub das Gesicht an seiner Brust. Ihre heißen Tränen benetzten sein T-Shirt. Einen Moment lang kam sie wieder zu sich. »Tut mir leid, ich bin gleich wieder da«, keuchte sie, klickte die Maus, und die Nadel des Mixers sank auf Null.
Sie hörte nicht auf zu weinen, und bald weinte auch Wei-Dong – um seinen Vater, um Lu, um jeden einzelnen Schuss, den er auf der Flucht gehört hatte. Eine halbe Ewigkeit hielten sie einander in den Armen und weinten, bis Jie sich schließlich behutsam von ihm löste und wieder dem Computer widmete.
»Schwestern«, fuhr sie fort. »Ich sitze jetzt schon seit Jahren vor diesem Mikrofon und rede mit euch über die Liebe, Familie, eure Träume und eure Arbeit. Wir alle sind hierhergekommen, weil wir der Armut entfliehen wollten und auf eine anständige Bezahlung für einen
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